Prognosen:Eine Mischung aus Regen und Schneesturm

Illu

SZ-Grafik: Sarah Unterhitzenberger

In diesem Sommer gibt sich das Wetter launenhaft wie selten, mit Hitzetagen und heftigen Gewittern. Ganz normal, findet der Wetterdienst.

Von Günther Knoll

Bis zu 30 Grad soll es an diesem Donnerstag heiß werden in München - oder doch nur 25? Wir reden also übers Wetter. Das ist ja seit je als Gesprächsstoff gut, wenn man sich sonst wenig zu sagen hat. Heutzutage holen die meisten dazu ihre iPhones und Androidgeräte hervor, um dann die verschiedenen Wetterberichte und -Apps aufzurufen. Und schon entspinnt sich die schönste Diskussion, weil die Prognosen zum Teil höchst unterschiedlich ausfallen.

Wie kann das sein in Zeiten der neuesten Messtechnik, der Hochleistungsrechner und der schnellsten Datenübertragung? Wettervorhersagen seien inzwischen "als Spielwiese freigegeben", sagt Guido Wolz. Der promovierte Meteorologe ist wissenschaftlicher Fachleiter in der Regionalzentrale München des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Er erklärt die Unterschiede in den Vorhersagen damit, dass die meisten Anbieter zwar von der gleichen Basis an Daten ausgingen, dass es dann aber darauf ankomme, welches Modell angewendet werde, um damit eine Prognose zu fertigen. Wolz vergleicht das mit "der Wirtschaft im Bereich Börse": Wenn man sich da schlau machen wolle, "handelt man sich auch Tausende von Tipps und Informationen ein". "Das eine Computermodell" gebe es einfach nicht.

Bei langen Vorhersagen per Modell geht "der Wahrheitsgehalt gegen Null"

Der DWD-Meteorologe ist ehrlich genug zuzugeben, "dass selbst auf unserer Wetter-App etwas anderes rauskommen kann als bei unserem offiziellen Wetterbericht". Deshalb sei "Eingreifen" gefragt mit Expertenwissen und Auswertungen. Das sei zwar sehr arbeitsintensiv, doch führe zu "sehr guten Ergebnissen".

Bei Apps, die nur per Modell das Wetter länger als drei Tage vorhersagen, gehe "der Wahrheitsgehalt gegen Null". Man müsse sich nur die Schneeberichte im Winter anschauen, da seien für Wintersportorte schon 30 Zentimeter angesagt, "wo in Wirklichkeit noch nicht einmal drei liegen. Aber das Ganze muss wohl sehr lukrativ sein". Auch der DWD betreibt einen kostenpflichtigen Servicedienst zur Wetterberatung, "doch da hat man einen hochqualifizierten Meteorologen am Telefon", wie Wolz sagt.

Das Wetter beeinflussen kann man sowieso nicht, so Christoph Radde, Restaurantleiter im Münchner Hirschgarten. "Wir verlassen uns immer auf die Tendenz", sagt er zum Umgang mit den Prognosen, "doch das stimmt auch nicht immer". Es könne sein, dass für München Regen angesagt sei, "im Hirschgarten aber bleibt es trocken".

Deshalb versucht man laut Radde in dem großen Biergarten, möglichst wetterunabhängig zu sein. Dafür gebe es zum Beispiel große Markisen, die auch Regen abhalten könnten. Außerdem plane man frühzeitig "Sonnenschichten" ein, um bei schönem Wetter genügend Bedienungspersonal zu haben.

"Mischung zwischen Schneesturm und Regen"

Das war in diesem Sommer leider eher selten der Fall, typischer für dieses Jahr sind Wetterkapriolen wie Starkregen und Hagel. Am 23. Juli beispielsweise ging in der Nacht ein schweres Unwetter über dem Landkreis Starnberg nieder, viele Keller und Straßen wurden überschwemmt, 180 Feuerwehrleute waren pausenlos im Einsatz.

Für den Südosten von München hatte das Katastrophenwarnsystem Katwarn schon kurz vor 18 Uhr Alarm gegeben, 15 Minuten später brauste ein Sturm durch den Landkreis Ebersberg mit Hagel und Starkregen. Im Bereich Frauenneuharting und Steinhöring traf es 20 Gehöfte und Häuser, ein Bach verwandelte sich in eine Schlammlawine und überflutete die Gebäude, der Sturm deckte Dächer ab und riss Bäume um.

Zwei Tage später, am 25. Juli, befand sich dann die Gemeinde Herrsching Bürgermeister Christian Schiller zufolge nach einem Starkregen "am Rand eines Katastrophenfalls". 85 Liter auf den Quadratmeter regnete es dort am Morgen in kurzer Zeit, die Feuerwehr musste mehr als 100 Einsätze leisten. In Breitbrunn dagegen, nur ein paar Kilometer weiter, blieb es trocken. Einen Tag darauf traf es Puchheim und Gröbenzell, wo der Gröbenbach fast über die Ufer trat, und darauf dann Dachau. Eine Anwohnerin dort beschrieb das Gewitter "als Mischung zwischen Schneesturm und Regen".

Monsunartiges Wetter typisch für mitteleuropäischen Sommer

Von Unwettern verschont blieb dagegen bisher die Hallertau - "bis auf einen kleinen Hagelstrich", wie Ludwig Hörmannsperger, der Geschäftsführer des Hopfenrings, sagt. Die Hopfenbauern könnten eine gute Ernte erwarten, denn: "Feuchte Jahre sind Hopfenjahre."

Inzwischen informierten sich die meisten Landwirte über das Wetter per Internet oder App, das früher übliche "Wetterfax" vom Bauernverband mit Daten des DWD hätten nur noch wenige abonniert. Die Informationen müssten aktuell sein. Denn wenn es feucht sei, sei die Gefahr des Pilzbefalls groß, entsprechend müsse dann mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet werden. "Und da muss das Wetter mitspielen", erklärt Hörmannsperger.

Monsunal - so bescheibt Meteorologe Wolz das Wetter dieses Sommers. Er meint damit die ständigen Wechsel von Hoch- und Tiefdruckgebieten und die damit verbundenen starken Regenfälle bei gleichzeitig konstanter Südwestströmung sowie gleichbleibend warmen Temperaturen auch in der Nacht. Dann benutzt er noch ein den Bayern geläufiges Wort zur genaueren Beschreibung: "dampfig". Und sieht darin keinen Extremfall, denn eigentlich sei solches Wetter für den mitteleuropäischen Sommer typisch.

Dieses monsunartige Wetter kann in kürzester Zeit zu kleinen Katastrophen führen. Dem will der DWD mit einem verbesserten Frühwarnsystem begegnen. Seit Juli gibt er Unwetterwarnungen heraus, die bis auf den Gemeindebereich präzisiert werden können und nicht mehr wie bisher für einen ganzen Landkreis gelten.

Für die Einsatzkräfte im Katastrophenschutz wie Feuerwehren und Technisches Hilfswerk gibt es spezielle Warnungen des DWD per SMS. In den nächsten Tagen wird es laut Wolz dazu nicht kommen. Zwar soll es am Freitag meist regnen, am Wochenende aber trocken und mäßig warm sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: