CSU: Zukunft ohne Beckstein:Vier im Kandidatenstadl

Chaos bei der CSU: Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Beckstein wird die Entscheidung um seine Nachfolge vertagt. Goppel, Herrmann und Schmid haben eine Woche, um sich zu einigen - sonst macht es der designierte Parteichef Seehofer.

Birgit Kruse, live im Landtag

Drei Tage nach dem Wahldebakel der CSU ist Ministerpräsident Günther Beckstein gefallen. Eigentlich sollte es eine Aussprache in der Landtagsfraktion geben, jeder sollte zu Wort kommen. Doch daraus ist nichts geworden. Recht schnell gab Beckstein seinen Rücktritt bekannt. Zu offensichtlich war sein Scheitern bei der Landtagswahl, zu schwach war der Rückhalt bei den Parlamentariern geworden.

CSU: Zukunft ohne Beckstein: Folgte im Herbst 2007 Edmund Stoiber nach: Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU)

Folgte im Herbst 2007 Edmund Stoiber nach: Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU)

(Foto: Foto: AFP)

Günther Beckstein wirkt gefasst, als er um 12.40 Uhr im Landtag vor die Presse tritt. Die Falten sind nicht mehr ganz so tief, das Gesicht nicht mehr ganz so blass wie noch Anfang der Woche. Da stand er noch gemeinsam mit seinem Tandempartner Erwin Huber vor der Presse und betonte, dass er nicht an seinem Stuhl klebe. Jetzt stellt er sich alleine den Kameras, Fotografen und Journalisten. Selbst sein Pressesprecher tritt ein paar Schritte zurück, als der Franke das Wort ergreift:

"Rückhalt nicht in der genügenden Weise"

Er habe feststellen müssen, dass in der Partei die Unterstützung "insgesamt nicht groß genug ist, um als Ministerpräsident die vor uns liegenden schwierigen Aufgaben erfolgreich zu schaffen", sagt er etwas leise, aber mit fester Stimme. Doch die Aufgaben der kommenden Monate könne man nur übernehmen, "wenn man den Rückhalt hat". "Den habe ich nicht in der genügenden Weise." Deshalb werde er in der kommenden Legislaturperiode "als Ministerpräsident nicht mehr antreten."

Ganz aus der Politik werde er sich jedoch nicht zurückziehen - ebenso wenig wie Erwin Huber, der etwa 24 Stunden vor ihm seinen Rücktritt als CSU-Chef erklärt hatte. Beckstein sei jetzt daran gelegen, seinen "Beitrag zur Geschlossenheit der Partei" zu leisten. Eine Aufgabe, die weder für ihn noch für die gesamte CSU leicht zu meistern sein wird. Vor allem, nachdem immer noch nicht klar ist: Wer soll Becksteins Nachfolger werden?

Hinter verschlossenen Türen wird weiter getagt. Die Not in der Fraktion scheint groß zu sein. Kaum einer traut sich vor die Türe. Auch nicht Horst Seehofer. Für den Weg auf die Toilette nimmt er gar die Feuertreppe hinter dem Gebäude. Doch selbst dieses Manöver bleibt nicht unbemerkt. Eine Traube aus TV-Kameras und Journalisten ist ihm bereits auf den Fersen - bis vors Klo. Als er wieder herauskommt, versucht auch er, die Fragen totzuschweigen und wegzulächeln. Doch dann sagt er drei entscheidende Sätze: "Es gibt kein Vakuum. Wir sind voll handlungsfähig. Damit das klar ist." Sagt's und verschwindet wieder über die Feuertreppe nach oben - in den Konferenzsaal.

Vier im Kandidatenstadl

Auch nach Ende der sechsstündigen Marathonsitzung hat die Hängepartie kein Ende - die CSU-Fraktion leitet die dritte Runde ein. Denn die Entscheidung, wer Günther Beckstein im Amt des Ministerpräsidenten nachfolgen soll, wird verschoben. Auf kommenden Mittwoch.

Vier Kandidaten stehen derzeit als mögliche Regierungschefs bereit. Innenminister Joachim Herrmann, Wissenschaftsminister Thomas Goppel, CSU-Fraktionschef Georg Schmid und der designierte CSU-Chef Horst Seehofer.

Der Deal: jetzt haben Herrmann, Goppel und Schmid eine Woche Zeit, sich auf einen Kandidaten zu einigen. Sollte ihnen das nicht gelingen, werde Horst Seehofer für das Amt zur Verfügung stehen, berichtet ein CSU-Vorstandsmitglied. Das bedeute Kampfabstimmung - denn dann könnten alle vier antreten.

Europaminister Markus Söder, der Anfangs ebenfalls noch als möglicher Nachfolger gehandelt worden war, hat von selbst aufgegeben - weil es "für mich persönlich zu früh wäre", sagt er nach Sitzungsende. Jetzt müsse die Partei "alle Kräfte bündeln". Er selbst werde seinen Beitrag dazu leisten - "egal an welcher Stelle das sein wird."

Die Lösung, auf die sich die Fraktion nun geeinigt hat, stammt offenbar von Seehofer selbst. Es sei sein Wunsch gewesen, dass die Nachfolgefrage ausführlich diskutiert werde. Eine Entscheidung, die auch bei dem ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber auf Zustimmung stößt. "Die Basis der Partei muss eingebunden werden", sagt Stoiber zu sueddeutsche.de.

Von einer möglichen Hängepartie für die Partei will er nichts wissen. Vielmehr betont er die Bedeutung der Entscheidung. Bei der Wahl des nächsten Ministerpräsidenten entscheide die Fraktion "nicht nur über die Landespolitik". Es gehe auch um die Bundes- und Europapolitik.

Ebenso wenig will er davon wissen, dass er in den letzten Tagen als Strippenzieher im Hintergrund den Druck auf Huber und Beckstein erhöht habe, damit sein Favorit Seehofer zum Zuge kommt. "Ich habe keine Strippen gezogen."

Ob eine Woche reichen wird, um die Frage nach einer Beckstein-Nachfolge zu klären, bleibt fraglich. Auch wenn Fraktionsvize Karl Freller zuversichtlich ist: "Ich schließe nicht aus, dass sie sich einigen." Andere sind da etwas skeptischer.

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