CSU:Warum Seehofer vor Selbstbewusstsein strotzt

Plenarsitzung im Landtag

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer

(Foto: dpa)

Horst Seehofer muss Niederlagen einstecken. Aber Partei und Wahlvolk sind auf seiner Seite - und der Kanzlerin hält er den Platz rechts der Mitte warm.

Analyse von Daniela Kuhr und Wolfgang Wittl

Mit Verlaub: Ist dieser Mann noch ganz bei Trost? Gerade fliegt ihm das nächste große Projekt um die Ohren. Doch Horst Seehofer sitzt lässig zurückgelehnt auf einer Terrasse am Tegernsee. Auf die Frage, die da kommt, hat er sich schon den ganzen Morgen gefreut. "Wie", will ein Journalist wissen, "ist es denn überhaupt noch um die Durchschlagskraft Ihrer Partei auf Bundesebene bestellt?" Seehofer blickt ihn an, wartet ab, man spürt förmlich, wie er den Moment genießt, bevor er in aller Ruhe antwortet: "Bestens."

Soeben hat das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld - und damit ein Lieblingsprojekt der CSU - für verfassungswidrig erklärt. Es ist schon der zweite schwere Rückschlag nach dem vorläufigen Scheitern der Pkw-Maut, den die Partei innerhalb kurzer Zeit verkraften musste. Und selbst bei den Stromtrassen hatte Seehofer zwar einiges, aber längst nicht alles erreicht, was er versprochen hatte.

Bestens?

Die Zahl der Menschen, die bei diesem CSU-Chef nicht mehr mitkommt, war schon immer beachtlich. In den vergangenen Tagen aber dürfte sie noch einmal in die Höhe geschossen sein. Mit dem Betreuungsgeld und der Maut sind die beiden wichtigsten Projekte der CSU dieser und der letzten Legislatur gescheitert.

CSU

Credits: SZ-Grafik; Quelle: Forschungsgruppe Wahlen

Doch wo immer Seehofer auftritt, strahlt er eine beneidenswerte Gelassenheit aus. Sieht er denn nicht, wie hämisch die Medien schreiben, dass aus dem "Super-Horst" ein "Bayern-Zwerg" geworden sei? Hebt er jetzt völlig ab? Oder wie sonst ist es zu erklären, dass jemand, der gerade eine Niederlage nach der anderen erleidet, noch dermaßen selbstbewusst und zufrieden durch die Lande zieht?

Die Antwort ist ganz einfach: Es ist das Selbstbewusstsein und die Zufriedenheit eines Mannes, der sich seiner Sache absolut sicher ist. Seehofer weiß die Kanzlerin hinter sich. Er weiß seine Partei hinter sich. Und vor allem: Er weiß Bayerns Bevölkerung hinter sich. Mehr braucht er nicht.

Das Verhältnis zur Kanzlerin hat sich in den vergangenen Monaten grundlegend gewandelt. Waren die beiden früher in erster Linie genervt voneinander, so haben sie mittlerweile erkannt, wie nützlich der jeweils andere für die eigenen Ziele ist. Seehofer weiß, dass Angela Merkels Popularität auch der CSU bei Wahlen helfen wird. Deshalb beispielsweise steht er stramm an ihrer Seite und herrscht jeden an, der ihre Griechenland-Politik kritisiert.

Umgekehrt weiß Merkel: Wenn sie 2017 wieder Kanzlerin werden will, braucht sie eine starke CSU. Stark aber ist die Partei nur, wenn sie Erfolge vorzuweisen hat. Daher ist die Kanzlerin Bayern zuletzt immer wieder entgegengekommen: bei der Abschaffung des Soli etwa, bei der Erbschaftsteuer und natürlich auch bei den Stromtrassen. Zwar bekommt Bayern nun doch zwei Leitungen, aber immerhin sollen sie vorrangig unter der Erde verlegt werden - statt auf 70 Meter hohen Masten quer durchs Land.

Auch bei seinen Asylvorschlägen gab es von der Kanzlerin keinen Widerspruch. Vermutlich kommt ihr eine CSU sogar gelegen, die rechts jene Wähler einsammelt, denen die Union unter Merkels Führung in den vergangenen Jahren zu sehr nach links gerückt ist. Auch beim Betreuungsgeld rechnet Seehofer daher fest damit, dass der Bund die frei gewordenen Mittel den Ländern zur Verfügung stellt - und Bayern die betroffenen Familien also nicht auf eigene Kosten weiter unterstützen muss.

Dass Seehofer auch in seiner Partei starken Rückhalt hat und, wenn auch nicht immer geliebt, so doch noch für unersetzlich gehalten wird, zeigte sich am Mittwoch im Landtag: Nach seiner Rede zum Thema Asyl stand die gesamte CSU-Fraktion auf und jubelte ihm zu. Man habe gesehen, dass zwischen ihm und sämtlichen potenziellen Nachfolgern "Welten" lägen - was bei manchem sogar den Wunsch aufkommen ließ, Seehofer möge über 2018 hinaus weitermachen. Und der Ministerpräsident ist schlau genug, eigene Vorkehrungen zur Sicherung seiner Macht zu treffen. Gezielt lobt und fördert er zurzeit Widersacher seines nach vorne drängenden Finanzministers Markus Söder.

Seehofers wichtigster Koalitionspartner aber bleibt die Bevölkerung, wie er sagt. Man kann das für einen leeren Spruch halten. Tatsächlich aber erkennt er Stimmungen wie nur wenige in der Politik. Wo Edmund Stoiber am Ende einsam und über alle Befindlichkeiten der Menschen hinweg seine Ziele durchdrückte, hört Seehofer zu: so lange, bis sogar Kritiker sich ihren Ärger von der Seele geredet haben. Daher hat er früh erkannt, dass das Thema Asyl zu einem Problem wird, nicht nur für Städte und Gemeinden, sondern auch für die Bürger. Selbst rote und sogar grüne Ministerpräsidenten beurteilen das mittlerweile ähnlich. Für Seehofer ist das nichts anderes als ein weiterer Beweis dafür, wie es um die Durchschlagskraft der CSU bestellt ist: bestens.

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