CSU-Wahlkampf:Nur nicht schwarz sehen

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"Black is beautiful": In den letzten Stunden vor der Wahl schickt die CSU Künstler auf Stimmenfang - Erwin Huber sogar einen Namensvetter. Die Partei gibt sich weltoffen.

Kathrin Haimerl

In einem niederbayerischen Dorf aufzuwachsen ist nicht leicht. Besonders schwer ist es, wenn man als Schwarzer in einem solchen Dorf aufwächst. "Du kannst einen Niederbayern aus seinem Bauernkaff herauskriegen. Aber du kannst das Bauernkaff nicht aus Niederbayern herauskriegen", schreibt der Schauspieler Charles M. Huber ("Der Alte") in seiner Biographie.

Der Wahlkampf der Hubers: Erwin Huber stößt mit Charles M. Huber an. Die dritte Maß ganz rechts gehört übrigens Django Asül, den die "Bild" einfach weggeschnitten hat. (Foto: screenshot: bild.de)

Überliefert in seinem Heimatdorf sind Anekdoten über den "Huawa-Tscharlie", der als Kind in den fünfziger und sechziger Jahren auf seinem Radl durchs Dorf gefahren ist. Für die Dorfbewohner war das damals eine Sensation, eine ältere Frau meinte gar: "So an dreckigen Buam hab i no ned gsehn." Wobei hier anzumerken ist, dass das nicht bösartig gemeint war, sondern vielmehr das Staunen der Dorfbewohner über den ungewohnten Anblick wiedergibt. Man muss der Fairness halber auch sagen, dass das niederbayerische Dorf in Hubers Biographie unterm Strich besser wegkommt, als etwa die Großstadt München.

Nun gibt es noch einen anderen Schwarzen, der nicht unweit von Huber in einem anderen niederbayerischen Dorf aufgewachsen ist, der mit Nachnamen auch Huber heißt und den es später auch in die Münchner Großstadt verschlagen hat. Es ist der Huber-Erwin, zehn Jahre älter als der Huber-Charles. Während Erwin Huber in seiner Kindheit wohl weniger zu kämpfen hatte als Charles M. Huber, strampelt er zurzeit umso stärker: Die absolute Mehrheit der CSU ist in Gefahr.

Jetzt bekommt er Unterstützung von prominenter Seite und aus der Heimat: Huber hilft Huber, schreibt die Bild. Und dazu ein Foto, auf dem beide Hubers mit einer Maß Bier anstoßen. Der Schauspieler unterstützt den CSU-Chef bei seinem politischen Kreuzzug.

"Innerhalb der CSU fühle ich mich als echter Niederbayer und nicht als Showbayer mit Alibi-Charakter gut aufgehoben", sagt Charles M. Huber zu sueddeutsche.de: "Black is beautiful." Huber ist seit über zehn Jahren CSU-Mitglied, fühlt sich in der Partei wohl und wäre gerne Afrika-Beauftragter für den Freistaat Bayern.

Nicht immer war die CSU so künstlerfreundlich eingestellt: "Ratten und Schmeißfliegen" hatte einst Franz Josef Strauß Künstler und Intellektuelle beschimpft, die es wagten, konservative Politiker öffentlich und lautstark zu kritisieren. Zu seinen Zeiten scharten die sich lieber um die SPD und den Reformkanzler Willy Brandt.

Für Integration mit klarer bayerischer Leitkultur

Doch bereits 1982 schien sich diese Einstellung der CSU zu ändern - zumindest gegenüber Roberto Blanco. Von ihm war Franz Josef Strauß so begeistert, dass er ihm die Ehrenmitgliedschaft in der CSU antrug. Der wiederum revanchierte sich auf einem CSU-Parteitag mit der unschlagbaren Plattitüde: "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten."

Charles M. Huber, den die Bild-Zeitung als "den schwärzesten Schwarzen" bezeichnet, ist übrigens nicht der einzige Künstler, der in den letzten Stunden vor der Wahl auf Stimmenfang für die Partei geht: Auch der Musikproduzent Leslie Mandoki macht vollmundig Werbung für die CSU. "Ich stehe der Partei nahe, (...) die Mitbürger mit Migrationshintergrund einfühlsam und tolerant, aber unter einer klaren bayerischen Leitkultur integriert", wirbt er auf einer Anzeige.

Der Musikproduzent Mandoki wiederum ist in Budapest geboren, 1975 floh er als Mitglied der studentischen Oppositionsszene aus Ungarn. Zur deutschen Leitkultur hat er insofern beigetragen, als er als Mitglied von Dschinghis Khan mit brachial-folkloristischen Hits wie "Moskau" das Russlandbild der Deutschen nachhaltig prägte. Zumindest jener Deutschen, die in ihren außenpolitischen Ansichten durch Dieter-Thomas Hecks ZDF-Hitparade beeinflussbar waren.

Immerhin durfte Mandoki Deutschland auch offiziell vertreten: 1979 holte er zusammen mit Dschinghis Kahn, die die CSU wohl als Multi-Kulti-Truppe bezeichnen würde, den vierten Platz beim Grand Prix.

Leitkultur? Da war doch was. 2004 entwickelte sich die Integrationsdebatte zu einem erbitterten Streit zwischen Rot-Grün und der Union. Edmund Stoiber forderte auf dem CSU-Parteitag in München eine Rückbesinnung auf christliche Werte und mehr Patriotismus. Das ging sogar so weit, Sozialleistungen an "Integrationserfolgen" zu binden. Wer sich ungenügend in die Gesellschaft integriert, der müsse mit Leistungskürzungen rechnen.

Nun gibt sich die CSU weltoffen. Das Foto in der Bild-Zeitung, das die beiden Hubers zusammen zeigt, stammt übrigens von einem Treffen zwischen Erwin Huber, Charles M. Huber und Django Asül, der wiederum auch Niederbayer ist - mit türkischem Migrationshintergrund. "Ich mag Menschen, die mit Humor und Ironie auch über sich selbst lachen können, so wie Charles M. Huber und Django Asül", schreibt der CSU-Chef auf seiner Webseite zu dem Treffen.

Dass da noch ein Dritter mit dabei ist, darauf deutet in der Bild lediglich die dritte Maß Bier rechts hin. Django Asül wurde einfach weggeschnitten. Vielleicht liegt's daran, dass er am 28. September nicht einmal die Chance hat, den Erwin Huber mit seiner Stimme zu unterstützen. Als türkischer Staatsbürger darf der Niederbayer nicht wählen.

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