CSU vor Kreuth:Einzelkämpfer und Wegducker

Die Stimmung in der CSU ist schlecht. Die Basis motzt, verlangt Führung. Bei der Fraktionsklausur in Kreuth könnte es zum großen Krach kommen.

K. Auer und K. Stroh

Am Dienstagabend war Adventsfeier der CSU in Kirchdorf am Inn. Eberhard Langner ging natürlich von Tisch zu Tisch, zum Ratschen, "wie man das als Ortsvorsitzender so macht". Im Großen und Ganzen, berichtet er, sei die Stimmung gut gewesen. Aber: "Die Stimmung war gedämpft, was die Lage der Partei betrifft."

CSU vor Kreuth: Das Verhältnis zwischen Fraktionschef Georg Schmid und Parteichef Horst Seehofer ist angespannt.

Das Verhältnis zwischen Fraktionschef Georg Schmid und Parteichef Horst Seehofer ist angespannt.

(Foto: Foto: dpa)

In Berlin steht der CSU-Verteidigungsminister im Kreuzfeuer, in München muss die Staatsregierung das milliardenschwere Debakel der Landesbank in Österreich erklären - ein Überbleibsel des Größenwahns aus der Ära Stoiber, wie es Langner nennt. "Was kommt noch alles auf uns zu?", diese Frage treibe seine Parteifreunde in Kirchdorf um, erzählt der Ortsvorsitzende. "Die CSU wird auf diese Art und Weise demontiert."

Vor allem eines versteht Langner nicht: Warum die heutige Führung der CSU, allen voran der Parteichef Horst Seehofer, so zurückhaltend, ja feige auftrete im Umgang mit den Parteifreunden, die seinerzeit die ganze Malaise zu verantworten hatten. Zum "klaren Schnitt" rät er hier. Dass weitere Köpfe rollen müssten, nein, das habe er bei der Feier nicht vernommen. "Es war eine Adventsfeier", sagt er, "in diesem warmen Ton haben wir das gehalten." Aber auch ihm stelle sich langsam die Frage: "Wie lange werden wir den großen Vorsitzenden halten können?"

Es gärt etwas in der CSU, nicht nur in Kirchdorf. Von der schwersten Krise der Partei spricht der Ehrenvorsitzende Theo Waigel. Von der schlimmsten Zeit seit 1954 redet ein Kabinettsmitglied. Damals wurde Wilhelm Hoegner von der SPD Ministerpräsident.

In der CSU-Landtagsfraktion steigt die Unruhe. Es ist eine diffuse Missstimmung unter den Abgeordneten, die sich zum einen an der Frage festmacht, wie die Partei mit ihrer politischen Vergangenheit umzugehen gedenkt. Da gibt es Abgeordnete wie Max Strehle, Hermann Imhof und Otto Zeitler, die den früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und seinen Finanzminister Kurt Faltlhauser als die Verantwortlichen für die Landesbank-Krise und die daraus resultierende CSU-Krise benennen und eine Demutsgeste einfordern. Aber da sind auch andere, die eine Distanzierung von den Altvorderen für falsch halten, immerhin seien es dieselben Leute, die die CSU stark gemacht hätten.

Zum anderen treibt die Abgeordneten das ungute Gefühl um, dass es in der momentanen Konstellation nicht weitergehen kann. Eine "Ansammlung von Einzelkämpfern" sei die Fraktion geworden, klagt ein Abgeordneter und fordert mehr Teamgeist ein. Die Führungsspitze sei "ein Haufen von Wegduckern", sagt ein anderer und beklagt fehlende Autoritäten. Es fehlt einer, der die Fraktion in dieser Zeit zusammenhält. Es fehlt Führung, heißt es - und doch hat keiner eine Lösung parat. Die Abgeordneten diskutieren schon ein halbes Dutzend Namen, wer als Fraktionschef in Frage käme - und doch ruft noch kaum einer dazu auf, den aktuellen sofort zu stürzen.

Der heißt Georg Schmid. Die Schwäche der Fraktion vor dem Ministerpräsidenten lasten zwar die meisten ihm an, auch weil das Verhältnis zwischen Schmid und Seehofer angespannt ist. Eben deswegen sehen andere das Problem eher beim Regierungschef, der die Abgeordneten zu wenig einbinde. Von oben werde immer nur Solidarität eingefordert und appelliert, dass man in diesen Zeiten zusammenhalten müsse. "Aber wofür?", fragt ein Altgedienter. Unzufrieden sind sie alle, die schlechte Stimmung eint die Abgeordneten. "Ich würde mir wünschen, dass die Fraktion auch mitgenommen wird und nicht nur mitgenommen ausschaut", sagt der Lichtenfelser Christian Meißner. Die Schlagkraft der Truppe fehle; dazu zurückfinden sei die wichtigste Aufgabe.

Wie das geht, dazu gibt es kein Patentrezept. Wenn an diesem Donnerstag der Landtag in die Weihnachtspause geht und die Abgeordneten in ihre Stimmkreise nach Hause fahren, werden sie mit dem Unmut der Basis konfrontiert werden. Sie ahnen das. Was dann passiert, weiß keiner. Sie werden viel telefonieren über die Feiertage, zusammentreffen werden sie alle erst wieder Mitte Januar in Kreuth, zu ihrer Winterklausur. Und die hat noch immer das Zeug gehabt, eine ungeahnte Eigendynamik zu entwickeln. Dann aber dürfte es am Ende nicht nur Schmid treffen, der nun auch in die Schusslinie geraten ist, weil er als einstiger Kontrolleur der BayernLB den Kauf der Hypo Group Alpe Adria gebilligt hat. Dann könnte es im gesamten Fraktionsvorstand krachen, heißt es. Am Dienstag traute sich weder der Fraktionschef noch einer seiner Stellvertreter, in der Debatte um die HGAA das Wort zu ergreifen. Er sei sauer, sagt ein Abgeordneter. Das sei doch keine Führung.

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