Süddeutsche Zeitung

CSU:Vor der Wahl sucht die Union Harmonie im Kloster

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Von Robert Roßmann, Berlin

Gerda Hasselfeldt hat in ihrem politischen Leben einiges erlebt. Als Nachrückerin für Franz Josef Strauß kam sie in den Bundestag. Unter Helmut Kohl wurde sie Ministerin, Angela Merkel war damals noch DDR-Bürgerin. Seit 2011 ist Hasselfeldt Chefin der CSU-Landesgruppe, bei der letzten Bundestagswahl war sie - als erste Frau - Spitzenkandidatin der CSU.

In all den Jahren dürfte sie kaum ein Ereignis so getroffen haben wie die Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Banz im September 2015. Grund war die Flüchtlingspolitik. Wegen ihres loyalen Umgangs mit der Kanzlerin bürsteten die CSU-Abgeordneten Hasselfeldt in einer Weise ab, die sogar für eine Partei mit rauen Umgangsformen erstaunlich war. Von einer "brutalen Abreibung" sprachen Teilnehmer damals. Jetzt kehrt Hasselfeldt zum ersten Mal an den Ort der Abreibung zurück. An diesem Montag beginnt in Kloster Banz die Klausurtagung der CSU-Landesgruppe, und Hasselfeldt ist diesmal nicht Gast, sondern Gastgeberin. Auch sonst wird alles anders sein als vor zwei Jahren.

"Ja, ich habe auch Zeiten hinter mir, die nicht jeden Tag erfreulich waren", sagt Hasselfeldt, wenn man sie heute zu Banz 2015 befragt. Mehr will sie dazu nicht mehr sagen. Das muss sie auch nicht, denn sie braucht sich nicht als Verliererin des Streits von damals fühlen. Im September 2015 war Merkel wegen ihrer Willkommenspolitik noch der Gottseibeiuns der CSU. An diesem Montag kommt auch die Kanzlerin nach Banz. Und wenn alles läuft wie erwartet, dürfte Merkel dabei mit Lob überschüttet werden. Die CSU geht heute mit der Kanzlerin wieder so um, wie es Hasselfeldt schon immer getan hat.

Die CSU-Landesgruppenchefin nimmt das mit Genugtuung zur Kenntnis. Für sie soll die Klausur das versöhnliche Ende einer langen Karriere werden. Seit ihrer Wahl in den Bundestag vor 30 Jahren hat Hasselfeldt an allen Klausuren der Landesgruppe teilgenommen, diese wird ihre letzte sein. Im September scheidet sie auf eigenen Wunsch aus dem Bundestag aus.

"In Banz werden wir mit Angela Merkel den Startschuss für den Wahlkampf geben", sagt Hasselfeldt. Dabei werde "es keine kontroverse Diskussion geben". Die Bürger wüssten "Geschlossenheit zwischen CSU und CDU sehr zu schätzen". Die Leute hätten "Vertrauen in die Kanzlerin und in Horst Seehofer - zwischen den beiden ist kein Graben mehr erkennbar", findet zumindest Hasselfeldt. Richtig ist, dass Merkel und Seehofer inzwischen wieder Einigkeit zelebrieren. Bei der Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms vor einer Woche behauptete Seehofer sogar, er habe während der Debatten über den Inhalt immer "blindes Vertrauen" in Merkel gehabt. Er habe sich "wirklich, ohne Ironie" auf jeden Termin in Berlin mit der CDU-Chefin gefreut. Merkel sprach vom "völligen Vertrauen", das man ineinander habe.

In Banz werden die beiden jetzt wieder aufeinandertreffen. Es ist Wahlkampf - sie werden die Gelegenheit deshalb nutzen, um erneut ein Bild der Einigkeit zu zeichnen. CDU und CSU sind sich bei der Obergrenze für Flüchtlinge, der Mütterrente und der Frage, ob es bundesweite Plebiszite geben sollte, zwar so uneins wie früher. "Die Fragen, die noch unterschiedlich diskutiert werden, sind ja bekannt", sagt Hasselfeldt jedoch. Da müsse man sich in Banz doch nicht unnötig streiten.

Wahr ist aber nicht nur, dass Seehofer und seine CSU derzeit mehr schnurren als brüllen. Wahr ist auch, dass Merkel ihre Flüchtlingspolitik geändert hat. Statt der Willkommenskultur betont die Kanzlerin inzwischen eher die steigende Zahl an Abschiebungen. Das liegt auch an Seehofers Widerstand gegen ihren ursprünglichen Kurs. "Insofern war der Druck der CSU hilfreich", gesteht auch Hasselfeldt ein. Es stimme, dass die CSU - und hier auch ihre Landesgruppe - "gerade in der Flüchtlingspolitik viele Entscheidungen durchsetzen konnte". Dabei habe die Landesgruppe in Berlin aber "immer die Überzeugung vertreten, dass Angela Merkel und die CSU gemeinsam am erfolgreichsten sind".

Hasselfeldt plädiert für einen Rote-Socken-Wahlkampf: Man müsse vor Rot-Rot-Grün warnen

In der jüngsten Umfrage für die Bundestagswahl steht die CSU in Bayern bei 49 Prozent. Das sei "eine schöne Grundlage, wenn wir das noch ein bisschen steigern könnten, hätte ich aber natürlich nichts dagegen", sagt Hasselfeldt. Wegen der guten Werte "übermütig zu werden, wäre aber fahrlässig". Geht es nach der Landesgruppenchefin, sollen von der Klausur im Kloster Banz deshalb vor allem folgende Botschaften ausgehen: "CDU und CSU gehen geschlossen in den Wahlkampf", und die Union wolle "Wohlstand und Sicherheit für alle". Bei der Obergrenze für Flüchtlinge werde die CSU nach der Wahl schon eine Lösung mit der CDU finden.

Offen über den Noch-Koalitionspartner SPD schimpfen will Hasselfeldt nicht. Die Notwendigkeit besteht auch nicht, die Attacken erledigen schon ihre Parteifreunde. Einen Rote-Socken-Wahlkampf befürwortet sie allerdings. "Ich bin überzeugt davon, dass die SPD, wenn es denn rechnerisch reicht, ein rot-rot-grünes Bündnis eingehen wird", sagt Hasselfeldt. Das habe "ja auch die Abstimmung über die Ehe für alle gezeigt". Deshalb müsse die CSU "den Wählern ganz deutlich vor Augen führen, dass diese Gefahr besteht".

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SZ vom 10.07.2017
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