Das ist eine Karriere, wie sie die CSU liebt. Auch wenn es sich in diesem Fall nicht um einen Politiker handelt, sondern um ein Video. Es dauert nur 30 Sekunden, ist überschrieben mit dem Titel "Ein Blick hinter die Fassade der Grünen" und hat es bei Youtube innerhalb von 48 Stunden auf die Liste der beliebtesten Videos geschafft. Fast 75.000 Aufrufe hat der Spot bereits erzielt. Zu sehen ist ein kleines grünes Strichmännchen in einem Wald. Das Männchen ist mit einer Steinschleuder bewaffnet und zieht eine hässliche Fratze.
Damit verfolgt die Partei eine ganz besondere Mission. "Es ist absolut notwendig, dass wir als Union die pseudobürgerliche Fassade der Grünen gründlich demaskieren", verkündet Generalsekretär Alexander Dobrindt und fügt hinzu: "Deutschland hat die Wahl zwischen christlich-liberal und grün-rot-stasirot."
Doch das Video scheint nur auf den ersten Blick ein Erfolg zu sein. Auf Youtube selbst ist die Kommentarfunktion zwar unterdrückt. Auf der Homepage der Partei jedoch nicht. Und hier melden sich nicht nur zahlreiche Anhänger der CSU zu Wort, sondern inzwischen auch Funktionsträger, wie etwa Peter Strauch. Er ist Ortsvorsitzender der CSU Dachau. Und Strauch ist sauer.
"So eine Kampagne kann doch nicht Euer ernst sein", fragt er. Als Ortsvorsitzender komme er vor der Presse in Erklärungsnot und müsse sich "für so eine Kampagne bei den politischen Gegnern fast schon entschuldigen". Dann sein Appell: "Bitte stoppt die Kampagne!"
Doch dieser Wunsch wird ihm nicht erfüllt werden. Dobrindt selbst findet alles wunderbar. Das Video und erst recht die Aufregung darüber. Der Spot sei das erfolgreichste Politvideo der vergangenen Monate. "Dazu gehört ein Stück gezielte Provokation", sagt er. Wenn sich damit eine politische Debatte entfachen lasse, sei das doch gut. Immerhin könne er im Internet Leute erreichen, die er niemals auf einer CSU-Veranstaltung treffen würde.
Eine Debatte entspinnt sich zwar im Forum der CSU, da hat Dobrindt recht. Doch sicherlich nicht in dem Sinne, wie er sich das vorgestellt hat. Denn der Tenor lautet: Peinlich und niveaulos. In diesem Fall sei die Partei zu weit gegangen. Nutzer "widdi" fragt, ob sie "von allen guten Geistern verlassen" seien. Momentan schafften es die demokratischen Parteien von sich aus, die Bürger zu vergraulen. "Wie soll die CSU weiterbestehen?", fragt er und fügt mit einem Seufzer hinzu: "Auf OV-Ebene ( Ortsvorsitzender; Anm. d. Red.) muss man sich ja nur noch verteidigen, was München und Berlin da veranstalten."
Denn nicht nur in Bayern hat man die Grünen als neuen politischen Gegner ausgemacht. Auch die Schwesterpartei CDU fährt eine Kampagne gegen die Ökopartei. Auf www.cdu.de kann sich der Nutzer durch eine grüne Deutschlandkarte mit grimmig dreinguckenden Männchen klicken. Die CDU will vorführen, wogegen die "Dagegen-Partei" so alles ist.
Die Nutzer auf www.csu.de machen sich indes schon Sorgen um das Image ihrer Partei. "Darauf fallen die Wähler nicht rein!", warnt Nutzer "obba-andi". Und "George2" rät dem Verantwortlichen für die Kampagne gar, "sich tunlichst aus der Politik zu verabschieden". Man könne sich nicht wirklich vorstellen, "von jemanden vertreten zu werden, der sich solch grenzdebilen Unsinn zu eigen macht".
Und immer wieder stellen die Nutzer Vergleiche mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an. "Mit ihm als Generalsekretär hätte es solch eine Peinlichkeit nicht gegeben", schreibt etwas "spezl". Stattdessen höre man von ihm "klare parteipolitische Themen", ergänzt "wobize" und fordert: "Guttenberg for Ministerpresident!"
Ist die CSU also doch zu weit gegangen?
Parteichef Horst Seehofer hat darauf eine klare Antwort: Nein. Er kann die Aufregung gar nicht verstehen und winkt ab. Wenn er da sehe, was über ihn alles verbreitet werde. Eine Entschuldigung, wie sie Parteifreunde schon fordern, hält er nicht für nötig. "Man sollte die Maßstäbe, die man anderen zumutet, auch selbst anwenden", meint Seehofer an die Adresse der Grünen.
Gesehen hat er das Video indes noch nicht. "Ich schau mir das jetzt auch mal an", sagt er.