CSU und Europawahl:Hohlmeier und die Hinterzimmerpolitik

Die Partei kommt nicht zur Ruhe: Die geplante Kandidatur der Strauß-Tochter für das Europaparlament sorgt in der CSU für mächtig Ärger.

O. Przybilla und J. Bielicki

Gerade noch wirkte es so, als habe Karl-Theodor zu Guttenberg die fränkische Seele besänftigen können. Der CSU-Generalsekretär hatte sich in Basiskonferenzen den Frust der fränkischen CSU angehört und viel Zustimmung dafür geerntet. Am meisten Beifall hatte er für die Ankündigung geerntet, mit der "CSU-Hinterzimmerpolitik" müsse es künftig ein Ende haben.

CSU und Europawahl: Monika Hohlmeier will ins Europaparlament - und sorgt damit für neuen Ärger in der CSU.

Monika Hohlmeier will ins Europaparlament - und sorgt damit für neuen Ärger in der CSU.

(Foto: Foto: ddp)

Seit aber die Oberbayerin Monika Hohlmeier ausgerechnet von Oberfranken aus eine Karriere als EU-Abgeordnete in Brüssel starten will, drohen die mühsam vernarbten Wunden in Franken abermals aufzubrechen. CSU-Landtagsabgeordnete aus Oberfranken berichten von einem erneuten "Sturm der Entrüstung an der Basis". Auch Parteiaustritte seien bereits angekündigt worden.

Teilnehmer schildern, Hohlmeier habe im altbayerischen Trachtenkostüm ihre Bewerbungsrede in Franken gehalten. Ein CSU-Vorstandsmitglied berichtete von einer "Schockstarre bei den Teilnehmern", nachdem Guttenberg Hohlmeier "überfallartig" präsentiert habe - obwohl vier CSU-Politiker aus Franken ebenfalls ihre Kandidatur erklärt hatten.

Einzig der Landtagsabgeordnete Alexander König soll in der Sitzung offen gegen die Kandidatur Hohlmeiers gewettert haben. Die CSU sei auf dem besten Weg, sich "von den Herzen der Menschen immer weiter weg" zu bewegen, erklärte er. In der oberfränkischen CSU heißt es, im Vorstand habe sich kaum einer zu opponieren getraut, weil die Personalie Hohlmeier offenkundig "auf Anweisung von Horst Seehofer" durchgedrückt werden sollte.

Guttenberg habe als Generalsekretär Seehofers Willen exekutiert - als oberfränkischer CSU-Chef hätte er das eigentlich verhindern müssen.

Für Verunsicherung sorgt der Antritt Hohlmeiers auch bei den CSU-Europaabgeordneten. Der bisherige Spitzenkandidat Markus Ferber betont, er werde um den Listenplatz eins kämpfen. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Seehofer eine Niederlage der CSU bei der Europawahl fürchtet und daher einen möglichst bekannten Spitzenkandidaten bevorzugt.

Nach einem Gespräch mit Seehofer hält selbst Ferber es für möglich, dass der Parteichef die Strauß-Tochter zu einer Spitzenkandidatur überreden will. "Er könnte sein, dass Horst Seehofer zu Monika Hohlmeier sagt: Du solltest Interesse an Platz eins zeigen".

Ferber will sich nicht irritieren lassen: Er werde im Januar "auf jeden Fall" um den Spitzenplatz kämpfen. Seehofer spricht sich derweil mit keinem Wort für eine Spitzenkandidatur Ferbers aus. In die Sitzung der CSU-Bezirkschefs in der kommenden Woche - in der die Listenreihung besprochen werden soll - gehe er "völlig ergebnisoffen". Es sei "die Aufgabe eines Parteichefs, kreativ zu sein", rechtfertigt Seehofer den Hohlmeier-Coup.

Gerangel dürfte es zumindest um die Reihung der Kandidaten geben. Derzeit entsendet die CSU neun Abgeordnete ins Parlament. Selbst Optimisten in der CSU rechnen bei der Europawahl mit höchstens sieben Sitzen. Aus den Reihen der bisherigen Abgeordneten überwiegt die Skepsis gegenüber Hohlmeier. Sie sei "nicht eingearbeitet" und vertrete bislang "ausschließlich die Landespolitik".

Eine Spitzenkandidatur Hohlmeiers könne keiner ernsthaft wollen: "Wir sind so selbstbewusst zu sagen, dass wir nicht auf irgendeinen Import gewartet haben", sagt ein Parlamentarier. Auch in München sorgt die Wiederkehr der ehemaligen Bezirkschefin für Aufruhr. "Die Nachricht drückt natürlich auf die Stimmung", grollt ein Parteivorständler und warnt vor den Folgen für die Motivation an der Parteibasis: "Viele sagen: Soll doch die Landesleitung ihren Europa-Wahlkampf alleine machen."

Hohlmeier gibt sich vorerst bescheiden. Um Oberfranken vertreten zu können, fordert sie einen "sicheren Platz" auf der Liste. Hohlmeier will demnächst ihren Erstwohnsitz nach Oberfranken verlagern - möglichst in eine Region mit "guter Anbindung an einen Flughafen". Sie betont die fränkischen Wurzeln ihres Vaters. Franz Josef Strauß habe in seiner Amtszeit "jede größere Firma Oberfrankens mindestens einmal besucht".

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