CSU und die Erbschaftsteuer:Kampfansage an Berlin

Während die bayerische FDP über den Koalitionsvertrag abstimmt, kündigt der frisch gewählte CSU-Chef ein erstes Kräftemessen mit CDU und SPD an. Seehofer will sich gegen die Erbschaftsteuerreform stellen.

Am Tag nach der Wahl des bisherigen Bundesagrarministers Horst Seehofer zum neuen CSU-Parteichef rückt der Koalitionsstreit über die Reform der Erbschaftsteuer in den Mittelpunkt. Seehofer künftigte an, hartnäckig für die Wiedereinführung der alten Erbschaftsteuer zu kämpfen. Die SPD hingegen erwartet eine Zustimmung der CSU zur umstrittenen Reform.

CSU und die Erbschaftsteuer: Pocht auf die Wiedereinführung der alten Erbschaftsteuer: Der neu gewählte CSU-Parteichef Seehofer.

Pocht auf die Wiedereinführung der alten Erbschaftsteuer: Der neu gewählte CSU-Parteichef Seehofer.

(Foto: Foto: ddp)

Seehofer hatte am Samstag beim CSU-Parteitag auf die Wiedereinführung der alten Erbschaftsteuer gepocht. "Da sind wir Überzeugungstäter", sagte er. Die Wähler würden scharf beobachten, wie die Union mit dem Eigentum der Menschen umgehe und ob sie eine "überzogene Kompromissbereitschaft mit der SPD" an den Tag lege.

Er wolle nicht in einem Land leben, wo Hinterbliebene eine Hypothek aufnehmen oder ihr Eigentum verkaufen müssten, "damit der Staat in seiner Steuer befriedigt wird", sagte Seehofer. Das selbst genutzte Wohneigentum sowie die Betriebsübergabe, bei der Arbeitsplätze und Geschäft weitergeführt würden, müssten im Erbfall steuerfrei bleiben. Er forderte erneut eine Öffnungsklausel im Gesetz, damit die Länder eigene Freibeträge festsetzen können.

Steinbrück rechnet mit Billigung der CSU

Die SPD erwartet hingegen eine Zustimmung der CSU zur umstrittenen Reform der Erbschaftsteuer. SPD-Vize und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte der Bild am Sonntag: "Horst Seehofer hat als Landwirtschaftsminister im Bundeskabinett der Reform der Erbschaftsteuer zugestimmt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass er auch als bayerischer Ministerpräsident im Bundesrat zustimmen wird. Denn anderenfalls fehlen ihm 800 Millionen Euro im bayerischen Haushalt."

Die Erbschaftsteuerreform soll auch bei einem Treffen zwischen dem designierten bayerische Ministerpräsident und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag thematisiert werden.

Möglicherweise gibt Seehofer auch den Namen seines Nachfolgers im Amt des Verbraucherschutzministers bekannt. Im Gespräch sind der Parlamentarische Geschäftsführer in diesem Ministerium, Gerd Müller (CSU), und der CSU-Bundestagsabgeordnete Karl-Theodor zu Guttenberg. Seehofer wird an diesem Montag von Bundespräsident Horst Köhler die Entlassungsurkunde als Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister erhalten. Danach soll er vom Landtag in München zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollen Union und SPD an diesem Donnerstag einen neuen Anlauf zur endgültigen Regelung der Erbschaftsteuer unternehmen.

FDP stimmt über Koalitionsvertrag ab

Auch die bayerische FDP pocht als zukünftiger Koalitionspartner auf eine Korrektur der umstrittenen Erbschaftsteuerreform. "Da geht das nicht so, wie sich das Frau Merkel mit Herrn Struck und Herrn Steinbrück vielleicht denkt", sagte die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf einem Sonderparteitag am Sonntag in Ingolstadt. "Gegen uns wird es eben nicht eine aus Berlin diktierte Politik geben."

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wer von den Liberalen Minister wird.

Kampfansage an Berlin

Auf dem Sonderparteitag wollen die Liberalen über die geplante schwarz-gelbe Koalition im Freistaat entscheiden. Die CSU hatte dem Koalitionsvertrag bereits am Samstag auf einem Sonderparteitag in München fast einstimmig zugestimmt.

CSU und die Erbschaftsteuer: Soll das Amt des Wirtschaftsministers übernehmen: Martin Zeil (FDP)

Soll das Amt des Wirtschaftsministers übernehmen: Martin Zeil (FDP)

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Die Führungsgremien der bayerischen FDP hatten sich am Samstagabend darauf verständigt, wie sie die Kabinettsposten der Liberalen besetzen wollen. Bayerischer Wirtschaftsminister soll demzufolge FDP-Fraktionschef Martin Zeil werden. Als Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist Wolfgang Heubisch vorgesehen.

Die Landtagsabgeordnete Katja Hessel soll Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium werden. Zeil betonte am Rande des FDP-Parteitags, der Koalitionsvertrag bedeute einen "Neuanfang" für Bayern. FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte, das Papier habe die "Handschrift" der Liberalen.

FDP hat "Tür weit aufgemacht"

Zeil räumte ein, die FDP habe in den Koalitionsverhandlungen mit der CSU "nicht alles durchgesetzt und auch nicht alles durchsetzen können". Die FDP habe "die Tür weit aufgemacht" für ein modernes, auf Chancengleichheit ausgerichtetes Bildungssystem. Zugleich kündigte der designierte Wirtschaftsminister eine mittelstandsfreundlichere Politik an.

Scharfe Kritik gab es jedoch von der bayerischen SPD: Der Landesvorsitzende Ludwig Stiegler schrieb am Sonntag in einer Presseerklärung: "Die Leitlinien des schwarz-gelben Koalitionsvertrages zeigen, dass das schwarz-gelbe Bündnis nicht auf der Höhe der Zeit ist."

Der SPD-Politiker kritisierte vor allem, dass die künftigen Regierungsparteien die soziale Sicherheit vernachlässigten. Wer das in Zeiten des Wandels tue, gefährde aber auch die im Koalitionsvertrag so betonten Werte wie Kultur und Tradition. "Wer in Zeiten der Krise den ausgeglichenen Haushalt zum Maß aller Dinge macht, wird alle anderen Ziele verfehlen", schrieb Stiegler weiter.

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