Süddeutsche Zeitung

CSU und die Baden-Württemberg-Gefahr:Alles in bester Ordnung

Sollte die CDU die Mehrheit in Baden-Württemberg verlieren, könnte das auch die CSU erschüttern. Doch nicht alle erkennen die Gefahr.

Annette Ramelsberger

Als die CSU auf ihrem kleinen Parteitag im Februar den Ministerpräsidenten des Nachbarlandes Baden-Württemberg einlud, da wollte sie ein starkes Zeichen setzen: Hier ist die Kraft des Südens. Hier schreiten CDU und CSU Seit' an Seit' und zeigen, dass der "Süden mit seinen unionsregierten Ländern die Herzkammer der Bundesrepublik Deutschland ist" - mit solchen Worten pries die CSU die Kampfgemeinschaft mit den Schwaben. Und die Ministerpräsidenten Stefan Mappus und Horst Seehofer konnten sich nicht genug rühmen, wie wohlhabend, wie stark, wie wichtig, wie erfolgreich, wie schön ihre beiden Länder seien. Schöner als alle anderen im Land.

Nur könnte es nun geschehen, dass trotz der Schützenhilfe aus München und von der Schwesterpartei CSU die CDU nach der Landtagswahl am Sonntag nicht mehr die Regierung stellt. Dass die CDU nach über fünf Dekaden an der Spitze des Landes in die Opposition gehen muss. Und so wie die CSU der CDU im Wahlkampf schwesterlich den Rücken stärkte, so wird auch ein Desaster in Baden-Württemberg nicht an den Landesgrenzen halt machen.

Zu ähnlich sind sich die beiden Länder. Zu selbstgewiss agieren die Regierungsparteien. Wie der Protest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 die schwarz-gelbe Regierung in Stuttgart kalt erwischte, so könnte auch in Bayern aus dem Nichts heraus Bürgerprotest entstehen, der die Regierung in Frage stellt.

Der Protest gegen Olympische Spiele hat dafür nicht die Kraft, auch der Kampf um den Erhalt von Bundeswehrstandorten wird nicht flächendeckend zünden. Aber die Angst vor der Atomkraft kann nicht nur Mappus stürzen, sondern auch die CSU in Bedrängnis bringen. Das haben die Bauchpolitiker Horst Seehofer und Markus Söder schnell erkannt und sich an die Spitze der Atomskeptiker gesetzt.

Auch wenn ihnen die innere Umkehr nur wenige abnehmen. Sie haben ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat ihnen die Überzeugungsarbeit nicht gerade leichter gemacht.

In dieser Situation stellt sich der Vorsitzende der Landtagsfraktion der CSU, Georg Schmid, hin, und zieht eine Halbzeitbilanz seiner Partei. Darin kommt mit keinem einzigen Wort der Untersuchungsausschuss in Sachen Bayerische Landesbank vor, der das Versagen der CSU-Verwaltungsräte, auch Schmids eigenes, deutlich machte und die Legislaturperiode bis jetzt bestimmte.

An Rücktritt habe er nie gedacht, sagt er auf eine Frage, es gebe doch keine zivil- oder strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn. Auch in Sachen Atomkraft hält Schmid seine Fraktion für auf dem richtigen Weg. "Ich sehe kein Glaubwürdigkeitsproblem", sagt er zur abrupten Abkehr der CSU von alten Atommeilern wie Isar 1, die sie gerade noch inbrünstig verteidigt hatte. Die Äußerung Brüderles, angesichts der Landtagswahl neige die Politik bei der Atomkraft zu irrationalen Entscheidungen, nannte er eine "mehr als unkluge Äußerung". Man dürfe noch nicht mal so denken wie Brüderle geredet habe.

Ansonsten ist für Georg Schmid die Welt der CSU in Ordnung: die Zusammenarbeit mit dem Regierungschef "exzellent", die mit dem Koalitionspartner FDP nach Anfangschwierigkeiten "kollegial", die CSU-Fraktion "selbstbewusst". Dumm nur, dass die Fraktion im Landtag in den eigenen Reihen als führungslos, eingeschlafen und politisch einfallslos erlebt wird. Und der Fraktionschef als einer, der sich die Welt schön redet. Schmid hält schon den Zukunftsdialog, zu dem er regelmäßig einlädt, für Zukunftspolitik. Aber auch in Baden-Württemberg dachte man, alles sei in bester Ordnung - bis die Bürger den Hofgarten besetzten.

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SZ vom 26.03.2011/tob
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