CSU: Streit um Seehofer:"Ich kenne niemanden, der ihn unterstützt"

Was auch immer den Bundesagrarminister Seehofer in den letzten Wochen zu seinen Äußerungen getrieben hat - im Vorstand der CSU wird es einsam um ihn.

Birgit Kruse

Horst Seehofer kommt nicht aus den Schlagzeilen. Erst das Interview im Stern. Darin hatte er gesagt, Informationen über das Privatleben von Parteikollegen zu haben. "Ich weiß viel. Ich habe viel Material", so das verhängnisvolle Zitat.

Und nur wenige Tage später schoss er den nächsten Bock. In der Bunten bekräftige er seinen Kampfeswillen um den Parteivorsitz und berief sich auf die Unterstützung von Edmund Stoiber.

Auch wenn diese Aussage sowohl von Stoiber als auch von Seehofer umgehend dementiert wurden - geschadet haben die Wortmeldungen Seehofer trotzdem. "Ich kenne niemanden, der ihn noch unterstützt", glaubt ein CSU-Vorstandsmitglied.

Es wird einsam um Seehofer, den populären Politiker aus Ingolstadt. Von Problemen weiß auch Heinrich Oberreuter, Direktor der Akademie für politische Bildung in Tutzing. "Die Situation ist für ihn schwer geworden", sagt der CSU-Experte zu sueddeutsche.de.

Seehofer hätte als Spitzenpolitiker wissen müssen, dass seine Äußerungen als Drohung verstanden werden. Damit habe er seinen Kritikern von sich aus eine Bühne geboten, die diese derzeit gar nicht aktiv gesucht hätten, so der Passauer Politikwissenschaftler weiter.

"Die Personalkrisen gehen an der Partei vorbei"

Während Seehofer nun einen ordentlichen Kratzer im Image hat, muss sich die Partei selbst weniger Sorgen machen. "Der CSU schadet das in Bayern nicht", versichert Oberreuter. So könne beispielsweise die Opposition im Freistaat nicht profitieren. "Die Personalkrisen gehen an der Partei vorbei".

Vielmehr befördere, so Oberreuter, die derzeitige Debatte die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung. Die Folge: immer weniger Wähler.

Den Rücktrittsforderungen aus den Reihen der CSU misst der Experte wenig Bedeutung zu. Dabei handle es sich seiner Meinung nach um Äußerungen Einzelner. "Es gibt keine Strömung innerhalb der Partei", sagte er. Der Passauer Politikprofessor sprach sich stattdessen für mehr Gelassenheit aus.

Leichter gesagt als getan. Denn an der Basis und in der Bevölkerung kommen die Aussagen von Seehofer ebenfalls nicht gut an. Das weiß der CSU-Landtagsabgeordnete Hermann Imhof zu berichten. Täglich führt der Nürnberger Politiker zahlreiche Telefonate mit Ortsverbänden und Bürgern.

Vor allem stellten sich die Menschen die Frage, wie berechenbar ein künftiger Parteivorsitzender Seehofer denn überhaupt noch wäre, so Imhof. "Es löst zunächst großes Befremden aus", erklärt der Abgeordnete, der sich in Fragen der Sozialpolitik meist hinter den Minister gestellt hat.

Auch Imhof ist der Meinung, Seehofers Chancen auf den Parteivorsitz hätten sich "beträchtlich reduziert". Als einer, der in der "obersten Liga der Politik" spiele, müsse er sich der Wirkung seiner Aussagen bewusst sein. All das habe "Zorn, Entrüsten und Befremdung" ausgelöst.

"Ein Ehrenmann"

Ludwig Spaenle, Vorsitzender des Hochschulausschusses im Landtag , warf dem Bundesminister nach dessen Enthüllungsandeutungen sogar Realitätsverlust vor. "Wir werden uns gegen solche Methoden mit aller Macht zu Wehr setzen", sagte der CSU-Politiker. "Ich kenne niemanden in der CSU, der sich so eine unverholene Drohung bieten lässt."

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos signalisierte dagegen vorsichtige Unterstützung für den CSU-Vize. Er halte Seehofer "für einen Ehrenmann", sagte Glos im Nachrichtensender N24. Der Verbraucherschutzminister sei für ihn nach wie vor dafür geeignet, CSU-Vorsitzender zu werden. Er glaube bis zum Beweis des Gegenteils nicht, dass Seehofer mit Drohungen arbeiten wolle. Falls der Stern -Bericht richtig sei, sei das aber "nicht richtig".

Erwin Huber (CSU), Seehofers Konkurrent um das Amt des Parteivorsitzenden, schweigt weiterhin beharrlich. "Er wird nichts sagen", erklärt seine Sprecherin. Muss er auch nicht. Denn wenn sich die Stimmung gegenüber Seehofer in der CSU nicht ändert, könnten seine Chancen auf dem Parteitag Ende September schon bald gegen null gehen.

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