In der CSU geht es ungefähr so drunter und drüber wie in der Villa Kunterbunt, in der Pippi Langstrumpf mit dem Pferd durchs Wohnzimmer reitet und im Kronleuchter die Affen schaukeln, während der Vater in Taka-Tuka-Land unterwegs ist. Selbst erfahrene politische Kaffeesatzleser tun sich in diesen Tagen schwer, in dem Durcheinander so etwas wie Reste von Struktur und Planung zu erkennen. Fest steht allenfalls, dass sich Parteichef Horst Seehofer am Donnerstagabend im Vorstand zur Führungsdebatte äußern will. Es wird der Beginn der Abrechnung mit Finanzminister Markus Söder sein, auf die einige in der Partei schon seit Wochen warten.
Während Seehofer in Berlin über eine neue Regierung verhandelte, ließ Söder daheim in Bayern seine Demontage-Trupps frei gewähren. Einen der peinlichsten Höhepunkte markierte die Landesversammlung der Jungen Union Anfang November in Erlangen, auf der er neben Delegierten posierte, die "MP Söder!"-Plakate in die Höhe hielten. Solche Inszenierungen kennt man sonst eher aus Staaten, die auch von nur einer Partei regiert werden, aber sehr weit im Osten liegen.
Söder selbst, und das ist das Perfide, hat sich bisher noch kein einziges Mal hingestellt und offen gesagt: Ich will nächster Ministerpräsident von Bayern werden. Er setzt lieber auf Zermürbung des gegnerischen Lagers und darauf, dass andere für ihn die schmutzigen Jobs erledigen.
Am Wochenende war das unter anderem der oberbayerische Landtagsabgeordnete Florian Herrmann, der in beispielloser Weise über seine CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner herfiel. Die bayerische Wirtschaftsministerin hatte es gewagt, sich selbst als mögliche Seehofer-Nachfolgerin in Stellung zu bringen und zudem eine Urwahl des CSU-Spitzenkandidaten vorgeschlagen.
Herrmann kanzelte sie mit den Worten ab: "Das ist parteischädigend, weil nicht irgendwelche Möchtegerns Ministerpräsident werden können, sondern nur jemand, der das Zeug dazu hat." Ausgerechnet der chronisch überforderte Kultusminister Ludwig Spaenle sprang Herrmann bei und bezeichnete Aigners Vorstoß als "Lehrbeispiel für politisches Leichtmatrosentum". Man muss kein Seehofer-Freund sein, um festzustellen, dass die Taktik des Machtpolitikers Söder die Partei tief gespalten hat. Anstand und Respekt, ohnehin rare Güter in der Politik, sind dabei verloren gegangen. Söders Herrenriege brüskierte ganz bewusst die mächtigste Frau in der Partei.
Ob Söder aber seine Ziele auf diese Weise erreicht, ist ungewiss. Denn Seehofer weiß zwar selbst, dass er mindestens eines seiner beiden Ämter abgeben muss. Er ist aber stark genug, um bei seiner Nachfolge ein Wort mitzureden. Und es gibt immer noch liberale Kräfte in der CSU, die einen Polarisierer wie Söder als Ministerpräsidenten verhindern wollen. Doch egal, wer am Ende gewinnt: Der Schaden für die CSU ist schon jetzt so groß, dass er bis zur Landtagswahl 2018 nicht mehr repariert werden kann - schon gar nicht von einem Spitzenkandidaten Söder.