CSU:Seehofers riskantes Spiel

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CSU-Chef Seehofer hat bereits angekündigt, kompromisslos in mögliche Koalitionsverhandlungen zu gehen. Damit hat er sich weit aus dem Fenster gelehnt.

Kassian Stroh

Dass seine CSU von der kommenden Woche an an Koalitionsverhandlungen beteiligt sein wird, daran zweifelt Horst Seehofer nicht. Was da auf ihn zukommt, weiß er auch. Seit zwei Jahrzehnten ist er an allen Regierungsbildungen im Bund beteiligt gewesen, die beiden rot-grünen ausgenommen. Als erfahrener Verhandler dürfte Seehofer den sogenannten Ankereffekt aus der Verhandlungstheorie kennen.

Vereinfacht gesprochen besagt der: Wer als erster Forderungen oder Ziele benennt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende das Verhandlungsergebnis möglichst nahe an seinen Vorstellungen liegen wird. Wer also mehr Gehalt haben will, sollte im Gespräch mit dem Chef gleich zu Beginn eine hohe Summe nennen.

Seehofer hat das, noch bevor in Berlin überhaupt die Verhandlungspartner feststehen, zigfach getan: Änderungen am Kündigungsschutz oder der Steuerbefreiung von Schicht- und Nachtzuschlägen werde es nicht geben, an den bestehenden Mindestlöhnen auch nicht. Dafür aber Senkungen der Einkommensteuer in den Jahren 2011 und 2012, ebenso wie der Mehrwertsteuer für die Gastronomie, und null Steuererhöhungen an anderer Stelle.

Doch Seehofer scheint den Ankereffekt falsch verstanden haben, denn Forderungen heißt nicht: Bedingungen. Und in besagten Punkten will Seehofer kompromisslos in die Koalitionsverhandlungen gehen. Alles andere werde er nicht unterschreiben, sagt er. "Das garantiere ich."

Da viele Experten seine Steuerpläne utopisch nennen und da Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sie sich definitiv nicht zu eigen macht, hat sich Seehofer weit aus dem Fenster gelehnt. Und er hat ihr - nur mal gesetzt den Fall, Merkel wollte den renitenten Schwesterparteien-Chef in München loswerden - sogar den Hebel geliefert, den sie dann nur noch ansetzen müsste.

Stünde nur einer der vielen Punkte, die Seehofer ausgeschlossen hat, in einer Koalitionsvereinbarung, er müsste sie - so toll er den Rest vielleicht fände - ablehnen. Oder aber die CSU bräuchte einen neuen Vorsitzenden - was Seehofer nicht will, in sein riskantes Kalkül aber offenbar miteinbezieht. Käme es so weit, müsste sich Seehofer indes keine Gedanken mehr machen über sein Versprechen, er werde nicht ins Bundeskabinett wechseln. Garantiert.

© SZ vom 24.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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