CSU:Seehofer will Kabinett "so oder so" umbilden

CSU-Vorstandssitzung

Horst Seehofer macht Vorschläge und Markus Söder lobt sie nachdrücklich. Trotzdem herrscht nach wie vor keine Einigkeit in der CSU.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hält auch nach dem CSU-Bundestagswahlfiasko an seinen Plänen für eine Kabinettsumbildung fest.
  • Seehofer will eine Umbildung auch für den Fall, dass Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nicht ins Bundeskabinett wechseln sollte.
  • Innerparteiliche Personaldebatten will er auf die Zeit nach den Sondierungsgesprächen in Berlin vertagen - und dafür womöglich auch den CSU-Parteitag verschieben.

Von Wolfgang Wittl

Eine gewisse Schlagfertigkeit muss man Horst Seehofer lassen. Es gebe ja Kabinettsmitglieder, "die offensichtlich auf Ihre Ablösung hinarbeiten", sagt ein Reporter vor der CSU-Vorstandssitzung am Montag. Ob er die nicht entlassen müsse, wolle er seine Position nicht weiter schwächen? Gegenfrage des Ministerpräsidenten: "Welche Ablösung: ihre oder meine?"

Der Unterschied zwischen Groß- und Kleinschreibung ist in diesem Fall nicht unerheblich. Aber dass Kabinettsmitglieder mit Vorsatz ihre eigene Ablösung betreiben, kann man wohl ausschließen. Auch hinter verschlossenen Türen ging es am Montag vor allem um ein Thema: die personelle Aufstellung der CSU. Seehofer warb nach Teilnehmerangaben erneut um Geduld. Es ginge jetzt um acht Wochen, niemand müsse befürchten, dass etwas auf die lange Bank geschoben werde. Solange müsse die Partei wegen der Verhandlungen in Berlin Geschlossenheit zeigen. Danach wolle er "die kurz-, mittel- und langfristigen personellen Fragen klären".

Ein paar Vorstandsmitglieder glaubten, daraus Seehofers Bereitschaft herauszuhören, nach den Debatten der vergangenen Wochen jetzt selbst über seine Zukunft nachzudenken. Andere vernahmen nichts dergleichen. Erst recht, als sich der Parteichef am Ende der Sitzung deutlich an seine Kritiker wandte.

Er könne die Worte "geordneter Übergang" bald schon nicht mehr hören, soll Seehofer gesagt haben. Und der Münchner CSU, aus der zuletzt besonders heftig Rücktrittsforderungen laut geworden waren, warf er ein grobes Foul vor wegen ihrer Kritik an der Einigung mit der CDU zur Flüchtlingspolitik. Freunde Seehofers sprachen gar von einem "perfiden Spiel". Erst werde der allseits gelobte Kompromiss von den einzelnen Münchnern diskreditiert. Im Vorstand, wenn das Renommee bereits angekratzt sei, werde dann plötzlich gelobt. Markus Söder, den sich nicht nur die ihm ergebene Münchner CSU als Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 vorstellen kann, sondern auch einige andere Parteigänger, hieß die von Seehofer verhandelte Einigung mit der CDU jedenfalls ausdrücklich gut.

Auch der von Seehofer vorgeschlagene Fahrplan - erst die Gespräche in Berlin zu führen, dann die Personalfragen zu klären - wurde von Söder im Vorstand akzeptiert. Man müsse über geordnete Verhältnisse reden, er sei für jede Lösung zu haben, aber am Schluss werde es wohl alle brauchen - so soll es der Finanzminister gesagt haben. Gleich mehrere Vorstandsmitglieder sollen für "Kompromissbereitschaft" und ein "Miteinander" von Seehofer und Söder plädiert haben, darunter auch die früheren Parteivorsitzenden Edmund Stoiber und Erwin Huber. Sie sehen offenbar die Gefahr, dass die Situation am CSU-Parteitag eskalieren könnte.

Ob der Parteitag mit Neuwahlen wirklich am 17./18. November stattfinden wird, bleibt offen. Denkbar ist auch eine Verschiebung auf 16./17. Dezember, um dann vielleicht gleich über eine Jamaika-Koalition abstimmen zu lassen. Die Entscheidung darüber könnte nächste Woche fallen. Klar ist: Die Gespräche über die künftige Aufstellung müssten vorher geführt werden. "Da redet ein Parteivorsitzender mit allen, die Verantwortung tragen und die es angeht", sagte Seehofer.

So manche in der Landtagsfraktion finden: Die Spitzenkandidatur als Ministerpräsident ginge Söder etwas an, der CSU-Vorsitz Seehofer. Für Söder hätte dies den Charme: Er müsste im Landtagswahlkampf keine Rücksicht auf ein Berliner Bündnis nehmen, könnte allein für bayerische Interessen streiten. Auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wird vereinzelt als möglicher Parteichef genannt, sollte Seehofer seine Ämter abgeben wollen.

Danach sieht es nicht aus. Die höchste CSU-Führungsebene steht weiter zu ihrem Chef, auch Mitglieder an der Basis halten zu ihm. Es könne nicht sein, Seehofer erst als CSU-Mann mit dem größten Einfluss zu Sondierungen, ihn danach aber sofort in die Rente zu schicken. Er könne für die Zeit der Verhandlungen nur um Ruhe bitten, sagte Seehofer im Vorstand. Dobrindt erinnerte die Kritiker an ihre Verantwortung: "Das hat auch etwas mit Respekt gegenüber denen zu tun, die da im Sinne des Freistaats und der Bürger verhandeln."

Seehofer wollte zu Personalien nichts sagen - nicht einmal, ob es bereits zu einem Gespräch mit dem Münchner Bezirksvorsitzenden Ludwig Spaenle gekommen sei (dem Vernehmen nach nicht). Er habe ja dafür Verständnis, wenn sich an der Basis Frust entlade. Führende Funktionäre seien jedoch aufgefordert, in diesen schwierigen Zeiten im Sinne der Partei die Ruhe zu bewahren. Dass Joachim Herrmann auch ohne Bundestagsmandat den Anspruch erhebt, als Innenminister nach Berlin zu wechseln, sei mit ihm abgesprochen, sagte Seehofer. Die Entscheidung falle am Ende der Koalitionsgespräche. Das Kabinett in Bayern wolle er unabhängig davon umbilden - "so oder so".

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