CSU:Seehofer nimmt Kurs auf Merkel

Spitzentreffen CDU und CSU

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz.

(Foto: dpa)
  • Nach viel Zankerei will sich CSU-Chef Seehofer nun doch loyal gegenüber Bundeskanzlerin Merkel zeigen.
  • Am 23. Mai stattet die Kanzlerin den Bayern einen Besuch im Bierzelt von Trudering ab.
  • Bereits am 24. April will Horst Seehofer seine Partei wissen lassen, ob er erneut als CSU-Chef und Ministerpräsident antreten wird.

Von Wolfgang Wittl

Es war ein netter Abend damals im Truderinger Bierzelt. Vielleicht nicht so mitreißend, wie mancher gehofft hatte. Aber wer Angela Merkel kennt, hatte das wohl auch nicht erwartet. 43 Minuten sprach die CDU-Chefin, danach gab es Applaus und ein riesiges Lebkuchenherz mit zuckersüßer Aufschrift: "München grüßt unsere Kanzlerin." Man schrieb das Jahr 2013, und die von der Verwandtenaffäre gebeutelte CSU war ehrlich froh, dass Merkel sie im Bundes- und Landtagswahlkampf an ihrer Beliebtheit teilhaben ließ.

Am 23. Mai will die Kanzlerin wieder im Bierzelt vorbeischauen, wieder in Trudering. Für die CSU wird es ein erster Stimmungstest sein, wie Merkel nach Monaten des Flüchtlingsdauerstreits im Bayern des Jahres 2017 ankommt. Und sie wird dann auch Klarheit haben, wie es um ihre eigene personelle Zukunft bestellt sein wird.

Bereits am 24. April werde Horst Seehofer seine Partei wissen lassen, ob er erneut als CSU-Chef und Ministerpräsident antreten wird, verlautet nun aus dem CSU-Führungszirkel. Erst werde er sich den Vorsitzenden der Bezirke und Arbeitskreise erklären, dann im Parteivorstand. Ursprünglich war spätestens vom 6. Mai die Rede gewesen, wenn die CSU ihre Bundestagsliste verabschiedet. Nun also früher.

Dass Seehofer ein weiteres Mal als Ministerpräsident kandidiert, daran herrschen in der CSU kaum noch Zweifel. Vertraute raten ihm, dann auch gleich den Parteivorsitz zu behalten. Seehofer selbst hat sich noch nicht dazu geäußert. Doch die Aussicht, dass er sich - wie schon vor der Landtagswahl 2013 - demnächst einem umfassenden Gesundheitscheck unterziehen will, deutet nicht darauf hin, dass er mit seiner politischen Karriere bereits abgeschlossen hat. Ein weiteres Indiz: Der CSU-Parteitag ist nach derzeitigem Stand für Mitte November dieses Jahres in Nürnberg angesetzt. Ein vorgezogener Sonderparteitag, auf dem statt Seehofer der Listenführer für Berlin zum neuen CSU-Vorsitzenden hätte gekürt werden können, dürfte sich damit erledigt haben.

An seinem Führungsanspruch lässt Seehofer ohnehin keinen Zweifel. Im Streit um zukunftsweisende Landesthemen wie einer Wahlrechtsreform, einem dritten Nationalpark oder dem neunjährigen Gymnasium hat er der eigenen Landtagsfraktion zuletzt brachial verdeutlicht, wer das Sagen hat und warum. Und auch in der Unterstützung für Angela Merkel setzt sich seine Linie durch. Die wütenden Proteste von CSU-Mitgliedern gegen eine Kanzlerkandidatur Merkels ebben langsam ab. Vor die Wahl gestellt, ob sie eine rot-rot-grüne Regierung unter dem SPD-Bewerber Martin Schulz oder lieber eine weitere Amtszeit Merkels bevorzugen, fällt die Entscheidung dann doch nicht so schwer.

"Nicht krachledern, sondern intelligent"

Wie stark Seehofer sich derzeit fühlt, war nach dem Sieg der CDU im Saarland zu beobachten, den er auch als Bestätigung für seinen eigenen Kurs wertete. "Wir werden die Wahlen nur mit ihr gewinnen", also mit Merkel, sagte Seehofer. Und ohne den Namen seines internen Rivalen Markus Söder zu nennen, war klar, an wen er die folgenden Sätze richtete: "Nur schmunzeln" könne er über manche Strategien, "die parallel dazu öffentlich geäußert werden". Etwa dass es sich nicht um einen "Strohfeuer-Schulz" handele, oder "dass wir viel zu müde sind in den Gesichtern und in den Beinen".

Es sei "amateurhaft", über Strategien zu debattieren, spottete Seehofer noch: "Wir müssen den heißen Wahlkampf im Sommer führen, nicht jetzt." Alles, was zum politischen Mitbewerber zu sagen sei, werde man beantworten wie nötig: "Nicht krachledern, sondern intelligent."

Das klang etwas anders als Söders Einlassung vor der Saarland-Wahl. Es sei schon "jetzt an der Zeit, der SPD etwas entgegenzusetzen", hatte der Finanzminister dem Handelsblatt gesagt. Zu hoffen, dass der Schulz-Effekt "ein Strohfeuer" sei, werde nicht ausreichen. "Wir werden diesen Wahlkampf nicht im Stil einer Bilanzpressekonferenz gewinnen, es braucht auch Emotionen." Merkels Emotionen.

In Sachfragen hatten Seehofer und Söder zuletzt ein konstruktives Verhältnis gepflegt, manchmal bekam der Minister vom Chef im Kabinett sogar ein Lob, was nicht oft vorkommt. Doch im Umgang mit Merkel bricht der grundsätzliche Konflikt wieder auf. Seehofer fordert von seiner Partei unbedingte Loyalität, obwohl er die Kanzlerin selbst lange Zeit attackierte. Doch er weiß, dass die Wahlen nur geschlossen zu gewinnen sind.

Söder aber wird in der CSU die größte Distanz zu Merkel nachgesagt - angeblich auch deshalb, weil er davon am meisten profitieren könnte. Sollte die Bundestagswahl verloren gehen, steigen seine Chancen, Seehofer abzulösen. Söder reagiert auf derlei Gerüchte auf seine Art: Etwa 200 Termine will er im Bundestagswahlkampf wahrnehmen, wohl mehr als jeder andere in der CSU. Soll bloß keiner auf die Idee kommen, ihm aus Eigennutz mangelnden Einsatz vorzuwerfen.

Die Unterstützung in der CSU für Merkel nimmt also weiter zu, aus welchen Motiven auch immer. Der Ehrenvorsitzende Theo Waigel hat angekündigt, eine Wählerinitiative pro Merkel zu gründen. Landtagspräsidentin Barbara Stamm sagt, sie halte es für gut, richtig und notwendig, dass Merkel bald in München auftrete. Die Geschlossenheit der CDU im Saarland müsse nun die gesamte Union zeigen, auch die CSU, fordert Stamm. Merkels Besuch in Trudering wird Hinweise liefern, ob das gelingt.

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