CSU:Seehofer: "Ich werde meinen Job immer zu 120 Prozent erledigen"

Auftakt Herbstklausur CSU-Landtagsfraktion

Über Weihnachten will Seehofer über die Zukunft nachdenken.

(Foto: dpa)
  • Beim Tag der offenen Tür in der Staatskanzlei hatte Horst Seehofer einen Schwächeanfall.
  • Nur zwei Tage später demonstriert der bayerische Ministerpräsident bei einem Termin sein Wohlbefinden.
  • In der CSU herrschen in Bezug auf Seehofers Gesundheitszustand Mitleid, Sorge und Unverständnis.

Von Wolfgang Wittl

Sanfte klassische Musik, nur wenige Dutzend Festgäste und vor allem: viel frische Luft im weitläufigen Antiquarium der Münchner Residenz. Horst Seehofer muss sich am Montag bei der Verleihung des Bayerischen Maximiliansordens nicht einmal anstrengen, um sein Wohlbefinden zu demonstrieren. Nur zwei Tage nach seinem kurzen Unwohlsein beim Tag der offenen Tür in der Staatskanzlei tritt der Ministerpräsident auf wie immer, er macht seine üblichen Späßchen, nun vielleicht sogar erst recht, auch wenn ihn das Thema erkennbar nervt.

Seehofer und seine Gesundheit - es gibt kaum etwas, worüber der CSU-Chef weniger gerne spricht. Aber nach dem Vorfall vom Samstag ist es ihm wichtig, ein paar Dinge klarzustellen. 14 Termine habe er von Mittwoch bis Freitag in Berlin absolviert, zählt Seehofer auf. Dazu kam eine leichte Erkältung, trotzdem sprach er am Samstag im Landtag und in der Staatskanzlei vier Stunden mit Bürgern.

Aber warum dieses Programm, zumal bekannt ist, dass Seehofers Kreislauf schwankt, wenn er in Räumen mit stickiger Luft längere Zeit stehen muss? "Ich werde meinen Job immer zu 120 Prozent erledigen. Das ist das Entscheidende", sagt der Ministerpräsident mit Blick auf die vergangenen Tage: "Finden Sie mal einen anderen Regierungschef in ganz Deutschland, der das macht."

Nur keine Schwäche zeigen, dieses Motto gilt in der Politik mehr als in anderen Berufen - und in der CSU mehr als in jeder anderen Partei. Jede Geste wird interpretiert, jede Abweichung von der Norm kommentiert. Deshalb kann es Seehofer, 67, nicht gefallen, dass die Intervalle, in denen hinter seinem Rücken getuschelt wird, kürzer werden. Im Januar versetzte er seine Partei in Aufregung, als er bei der Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth ebenfalls kurz wankte und seine Rede im Sitzen fortsetzen musste.

Warum der Chef sich nicht mehr schone, fragten Abgeordnete. Doch als er im September bei der Herbstklausur in Kloster Banz gar nicht erst aufsteht, sondern vom Stuhl aus spricht, finden die meisten dies bemerkenswerter als den Inhalt seiner Worte. Ein Zeichen von Schwäche, wird geraunt. Und als Seehofer sich Tage später bei einer Regierungserklärung mit brüchiger Stimme mehr als sonst an das Rednerpult klammert, schwirren in der CSU-Fraktion sofort aufgeregte SMS umher: Gesehen? Was haltet ihr davon?

"Lassen Sie die Tassen im Schrank"

Mitleid, Sorge, Unverständnis - diese Gefühle herrschen in der Partei nach Bildern wie am Samstag, und nicht alle sind aufrichtig gemeint oder von Seehofer gewollt. Der Chef ziehe zu viel an sich, müsse mehr im Team delegieren, sagen die einen. Andere fragen sich, ob Seehofers Bereitschaft, nächstes Jahr den Parteivorsitz abzugeben, wirklich vor allem strategischen Überlegungen geschuldet ist. Die Präsenz in Berlin koste unglaublich viel Kraft.

Manche in seinem Umfeld verzweifeln fast, weil Seehofer - ganz bayerischer Sturkopf - nicht mehr auf sich achte: Wassergläser müssen wieder voll abgeräumt werden, zu Terminen komme er lieber zu früh als auch nur eine Minute zu spät. Dabei würde eine kurze Pause womöglich eine Menge Ärger ersparen, siehe Samstag. Insgesamt sei sein Gesundheitszustand aber gut, behaupten Vertraute. Der letzte ernstzunehmende Vorfall war offenbar jener im Sommer vergangenen Jahres, als Seehofer bei den Bayreuther Festspielen eine Nacht in der Klinik verbringen musste.

Über Weihnachten will Seehofer über die Zukunft nachdenken, wohl nicht nur die der Partei. Auch seine Familie wird dann ein Wort mitzureden haben. Ob er auf sie hört? Am Montag sagte er auf die Frage, ob es immer 120 Prozent sein müssten: "Bei Wahrnehmung von Verantwortung sind 100 Prozent zu wenig." Und: "Lassen Sie die Tassen im Schrank", als er auf das noch größere Pensum in den zwei kommenden Wahljahren angesprochen wurde. Dann machte er sich auf den Weg.

Zum nächsten Termin.

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