CSU:Russlandreise mit Vorbedingungen der Opposition

Seehofer besucht Russland

Der russische Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit Horst Seehofer.

(Foto: dpa)
  • Ministerpräsident Horst Seehofer reist mit seinem Vorgänger Edmund Stoiber und einer 60-köpfigen Delegation aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Landwirtschaft nach Moskau.
  • Auch die Opposition ist mit an Bord - und hat Forderungen an Seehofer formuliert.
  • So erwarten SPD und Grüne, dass er die Annexion der Krim, Russlands militärische Aktionen in Syrien und die Situation der Menschenrechte anspricht.

Von Lisa Schnell

In Russland werde die Opposition zielgerichtet vernichtet, ja physisch zugrunde gerichtet. Das habe er selbst erlebt, sagt Alfred Reingoldowitsch Koch. Vor vier Jahren musste der russische Kreml-Kritiker ausreisen, weil er in Russland politisch verfolgt wurde, wie er sagt. "Darüber zu schweigen, das geht nicht", sagt er und verlangt von Ministerpräsident Horst Seehofer, bei seinem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin diesen Donnerstag deutliche Worte zu finden.

Zweimal war Seehofer schon in Moskau zu Gast, die Kritik von russischen Oppositionellen habe dabei keine Rolle gespielt, sagt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, der Koch am Montag zu einem Pressetermin in den Landtag eingeladen hatte.

SPD und Grüne fordern, Seehofer solle sich in Moskau nicht nur für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bayern und Russland stark machen, sondern auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, Russlands militärische Aktionen in Syrien und die Situation der Menschenrechte ansprechen.

Dieses Mal reist Seehofer nicht nur mit seinem Vorgänger und Putin-Freund Edmund Stoiber, sondern mit einer 60-köpfigen Delegation aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Landwirtschaft nach Moskau, darunter auch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Kultusminister Ludwig Spaenle und Agrarminister Helmut Brunner, sowie mehr als 20 Journalisten. Auch die Opposition sitzt mit an Bord und formuliert zwei Tage vor der Reise ihre Vorstellungen.

Natürlich müsse man miteinander reden, heißt es von Grünen und SPD, aber nicht so, wie Seehofer es bei seinem letzten Besuch Anfang 2016 getan habe. "Nobel" sei es von Putin, dass er sich nicht in die deutsche Flüchtlingspolitik einmische, sagte Seehofer damals. In einer Zeit, wo jeden Tag in Aleppo 12 000 russische Streubomben niederregneten, sei das "ausgesprochen bedenklich" gewesen, sagt Rinderspacher. Genauso wie Seehofers Verharmlosung des Krim-Kriegs als "Schießereien".

Russische Sanktionen sind "bedauerlich"

Falsch wäre es auch, wie 2016 das einseitige Ende der Wirtschaftssanktionen zu propagieren, welche die EU gegen Russland wegen der Annexion der Krim verhängt hat, sagt Rinderspacher. Bayern leide unter den Gegensanktionen von Russland nicht in dem Maße, wie es Seehofer gerne darstelle. Der Rückgang des bayerischen Exports betrug 2015 zwar 33 Prozent, das Wirtschaftsministerium führt ihn aber auch auf die schlechte wirtschaftliche Lage in Russland zurück. Natürlich seien die russischen Sanktionen etwa für Milch, Käse oder Fleisch "bedauerlich", insgesamt konnte Bayern aber auch 2016 so viel exportieren wie noch nie, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium.

Wichtiger als die Frage, wie man mit Russland gut ins Geschäft komme, sei deshalb ein konsequenter Einsatz gegen das Blutvergießen in der Ostukraine, sagt Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, die ebenfalls mit nach Moskau fährt. Seehofer müsse sich zu den Sanktionen bekennen. Die Grünen haben Seehofer in einem Brief um ein Treffen mit der Zivilgesellschaft gebeten. "Wir lassen unsere Werte nicht beim Überqueren der Grenze zurück", sagt Schulze. Im Zweifelsfall wolle sie sich auf eigene Faust mit Vertretern der Zivilgesellschaft treffen. Ihre Vorgängerin Margarete Bause hatte Seehofer bei einer China-Reise durch einen spontanen Besuch des regimekritischen Künstlers Ai Weiwei verärgert.

Seehofer versteht die Aufregung nicht

"Wir gehen davon aus, dass die Vertreter der Delegation am geplanten Reiseprogramm teilnehmen", heißt es aus der Staatskanzlei. Ein Treffen Seehofers mit der Zivilgesellschaft sei auch geplant. Seehofer versteht die Aufregung nicht. Er sage es immer, wenn er etwas für völkerrechtswidrig halte. Die Sanktionen sollten "im Laufe der Zeit" überflüssig gemacht werden. Ende Januar hatte er noch "dieses Jahr" gesagt.

Die Freien Wähler erwarten, dass Seehofer in Moskau "ureigene bayerische Interessen" wahrnimmt. "Wer derart viele Vorbedingungen stellt wie SPD und Grüne, kann sich die Reise gleich sparen", sagt der FW-Abgeordnete Peter Bauer. Kreml-Kritiker Koch indes hofft, dass Seehofer auch kritische Worte findet. Die Chancen, dass sie bei Putin fruchten, schätzt er gering ein.

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