CSU-Politikerin Ilse Aigner:Bayerns entzauberte Prinzessin

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"Sie muss jetzt richtig hart arbeiten": So schätzen Vertraute die Situation von Ilse Aigner ein. (Foto: dpa)

Ministerpräsident Seehofer hat sie extra aus Berlin geholt, sie galt als Hoffnungsträgerin der CSU. Doch nun hat Ilse Aigner Anlaufschwierigkeiten. Aus dem Fraktionsvorsitz ist nichts geworden. Ihr Superministerium ist gar nicht so super. Manche fragen sich: Wo bleibt ihr Ehrgeiz?

Von Mike Szymanski

Es ist nicht lange her, da stand Ilse Aigner auf dem Rollfeld des Münchner Flughafens. Die Triebwerke der Jets machten ungeheuren Lärm, und die 48-Jährige war froh, bayerischen Boden unter ihren Füßen zu haben. Es war ihre Rückkehr: Für CSU-Chef Horst Seehofer hatte die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin ihre Karriere in Berlin beendet und war in die Landespolitik gewechselt. Keine andere Personalie hat im Wahlkampf so elektrisiert. Aigner kommt. Ist sie die Frau, die Seehofer einmal beerbt? Ist sie die Zukunft der CSU?

Gut einen Monat liegt die Landtagswahl im Freistaat nun zurück, bei der die CSU die absolute Mehrheit der Mandate zurückerobert hat. Seehofer ist seither stark wie nie. Und der Zauber um Ilse Aigner? Der ist verflogen.

Die beliebte CSU-Politikerin ist in der harten Realität der bayerischen Landespolitik angekommen. Alle hatten sich gefragt, was hat Seehofer ihr versprochen, damit sie von Berlin nach München wechselt? Er sagte immer: nichts. Und jetzt zeigt sich: Sie bekommt wirklich nichts geschenkt. Eine Aigner-Vertraute schildert die Situation so: "Sie muss jetzt richtig hart arbeiten."

Politische Karriere von Ilse Aigner
:"Ich beiß' mich da durch"

Sie war Ministerin im Kabinett von Angela Merkel, nun ist Ilse Aigner Superministerin in Seehofers neuem Kabinett. Die 48-jährige Elektrotechnikerin ist zurück in Bayern - und wird schon als künftige Ministerpräsidentin gehandelt.

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Aigner hat unübersehbar Anlauf- und Orientierungsschwierigkeiten. Ein CSU-Politiker aus ihrer Heimat Oberbayern fragt sich: Wo bleibt ihr politischer Ehrgeiz? Aigner hätte Fraktionschefin der CSU werden können, wenn sie dafür gekämpft hätte - auch gegen Seehofer. Aber sie fügte sich seinem Willen, der Fraktion keinen Machtkampf zuzumuten. Wenn sie kandidiert hätte, hätte auch ihr Rivale Markus Söder den Finger gehoben. Also gab sich Aigner damit zufrieden, ins Kabinett zu wechseln.

Seehofer versprach ihr, das Wirtschaftsressort zum Superministerium aufzuwerten. Aber es ist nicht wirklich super geworden: Die Verkehrsabteilung, die Milliardenbeträge aus Berlin durchleitet, hat Seehofer Innenminister Joachim Herrmann zugeschlagen. Die Landesentwicklung und die Verantwortung für den Breitbandausbau muss Aigner an Söder abtreten, der an sein Finanzministerium zusätzlich noch das Schild "Heimatminister" montieren darf. Vom "amputierten" Wirtschaftsministerium ist die Rede.

Dass sich Aigner dafür auch Medienministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin nennen darf, sei nur ein schwacher Trost. Dafür darf sich Aigner jetzt um die ganz großen Probleme kümmern wie die Energiewende - wenn Seehofer sie denn mal ließe. Nach der Vorstandssitzung der CSU beerdigte er mal eben die Pläne für die umstrittenen Pumpspeicherkraftwerke. Er werde den Bürgern nichts aufzwingen, was sie nicht wollten.

In der Fraktion hat Aigner am Dienstag herbe Niederlagen hinnehmen müssen. Sie war maßgeblich am Schlachtplan beteiligt, den früheren Parteichef Erwin Huber vom Vorsitz des Wirtschaftsausschusses fernzuhalten. Jedenfalls wird kolportiert, dass sie am Wochenende bereits ein Personaltableau für die Ausschüsse präsentierte, in dem Huber nicht mehr vorkam. Seehofer hätte es begrüßt, den parteiinternen Quälgeist auszurangieren, der sich als einer der wenigen noch Widerworte erlaubt. Aber der Plan scheiterte. Huber entschied den Machtkampf für sich.

Auch ihren Kandidaten für den Haushaltsausschuss, den klugen, aber im persönlichen Umgang nicht immer ganz einfachen Ernst Weidenbusch, brachte Aigner nicht durch. Klaus Stöttner, ihr Mann für einen der Beisitzer-Posten, scheiterte ebenfalls. "Das ist nicht gut für sie gelaufen", sagt einer aus der Parteispitze. Jetzt leitet Peter Winter aus Unterfranken das einflussreiche Gremium. Die eigenen Leute schütteln den Kopf. Und Aigner macht den Eindruck, dass sie gar nicht weiß, welche Baustelle sie zuerst angehen soll. Seehofer hat sie verpflichtet, in Berlin bei der Bildung einer großen Koalition mitzuverhandeln. Sie ist ständig unterwegs und kaum zu erreichen.

Auf dem Spielbrett der Macht

Von ihrer Kronprinzessinnen-Rolle ist gerade nicht viel übrig geblieben. Auf Seehofers Spielbrett der Macht ist sie nur noch eine von mehreren Figuren. Finanzminister Söder hat - klar - schon erste Akzente gesetzt: Den Breitbandausbau betrachtet er als Staatsaufgabe und noch in diesem Jahr will er in Nürnberg den Zweitsitz seines Heimatministeriums eröffnen. Christine Haderthauer blüht in ihrer neuen Rolle als Staatskanzleichefin auf.

Seehofer hat quasi "Große-Klappe-haben" in die Jobbeschreibung aufgenommen. Innenminister Joachim Herrmann kann sich jetzt auch Super-Minister nennen. Ludwig Spaenle sogar Super-Super-Minister, seitdem er für Schulen und Hochschulen verantwortlich ist. Aigner hat im Moment noch nicht einmal einen Sprecher. Die Ministerin selbst will dennoch nicht von einem Fehlstart sprechen. Sie sagt, es sei eine Dreifachbelastung. Auch die Pleiten beim Personal möge man "nicht überdramatisieren".

© SZ vom 24.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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