CSU-Politiker über Aigners Wechsel:Reif für die Ilse

"Eine tolle Frau": Bei der CSU-Klausur in Kloster Banz ist Aigners Rückkehr in die Landespolitik das Thema schlechthin. Was wird jetzt aus dem vermeintlichen Seehofer-Kronprinzen Söder? Und was ist, wenn die Wahl trotz Aigner verloren geht?

Frank Müller, Bad Staffelstein

Kloster Banz ist ein Stück Bayern, wie Horst Seehofer es mag: Ein Bau voller Kraft, auf einer wunderschönen Anhöhe, die Blicke kann man von hier überallhin schweifen lassen, wenngleich nicht bis nach München. Es ist ein schöner Spätsommernachmittag, als Seehofer aus der Landeshauptstadt in dem oberfränkischen Städtchen eintrifft.

Die Nachrichtenlage vom Wochenende gefällt dem CSU-Chef noch immer: "Ich hab' mich selten auf eine Klausur so gefreut wie auf diese", sagt Seehofer, nachdem er aus dem Auto ausgestiegen ist. Dann entschwindet er hinter die verschlossenen Klausurtüren zu den Landtagsabgeordneten, die im Kloster bis zum Donnerstag tagen.

Manche von ihnen sind immer noch ganz ungläubig, was den zu erwartenden prominenten Neuzugang aus Berlin betrifft. Die Nachricht vom Wechsel von Bundesagrarministerin Ilse Aigner aus Berlin nach München in die Münchner Landtagsfraktion löst bei Kanzlerin Angela Merkel in Berlin Bedauern aus - und elektrisiert die künftigen Kollegen in Bayern. Zwar hat Fraktionschef Georg Schmid gerade noch die Parole ausgegeben: "Personaldiskussionen sind nicht Ziel der Klausurtagung." Er freue sich "ganz außerordentlich" über Aigners Schritt, sagt Schmid. Gleichzeitig warnt er davor, "jetzt ein Jahr über irgendwelche Personalfragen und irgendwelche Eventualitäten zu reden".

Doch die Abgeordneten, die allmählich im Klosterbau eintröpfeln, wollen durchaus reden übers Personelle samt allen Eventualitäten, die ihnen selbst erst übers Wochenende aufgegangen sind. Als Neuordnung der Machtverteilung wurde Seehofers und Aigners gemeinsamer Schritt fast überall akzeptiert, auch als Vorfestlegung auf eine mögliche Seehofer-Nachfolge Aigners, die womöglich so klar ist, dass sie noch nicht einmal ausgesprochen werden musste.

"Ich finde, die Ilse ist eine tolle Frau", so bringt der Augsburger Abgeordnete Max Strehle im Klosterhof die Stimmung auf den Punkt. Er sagt auch, was andere wohl nur denken: "Ich bin überzeugt davon, dass sich da einiges ändern wird", lächelt er, "natürlich wird da einiges in Bewegung kommen." Das sei auch sinnvoll, findet Strehle: "Wettbewerb ist immer gut."

Eine neue Qualität von Konkurrenz

Dass es seit Aigners Ankündigung eine neue Qualität von Konkurrenz in Partei und Fraktion gibt, das liegt auf der Hand. Über die offensichtlichste Veränderung wurde schon unmittelbar nach Aigners Ankündigung spekuliert: dass sich die 47-Jährige nun bei der Seehofer-Nachfolge in den Ämtern als Ministerpräsident und als Parteichef deutlich vor das bisherige Kronprinzenpaar Markus Söder und Christine Haderthauer geschoben haben dürfte. Aber es gibt auch andere Spekulationen: Welches Ministeramt wäre für die neue Nummer zwei standesgemäß, und was ist eigentlich, wenn die Wahl trotz Aigner verloren geht?

Beginn einer Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion

Barockes Ambiente: Der CSU-Fraktionsvorstand tagte am Montag im Kloster Banz bei Bad Staffelstein. 

(Foto: Timm Schamberger/dapd)

Georg Schmid mag schon schwanen, dass sein Posten des CSU-Fraktionschefs dann die einzige Manövriermasse sein könnte, aber er sagt es nicht und spricht lieber darüber, "dass wir eine extrem beliebte und angesehene Kollegin wieder in unseren Reihen haben". Schmid kennt Aigner noch aus ihrer Zeit im Maximilianeum von 1994 bis 1998.

Und noch etwas kommt mit etwas Zeitverzögerung manchem in den Blick. Aigner ist Chefin des CSU-Bezirks Oberbayern und von Seehofer ausdrücklich angeheuert worden mit der Mission, das CSU-Stammland zu stärken. In Oberbayern war die für die CSU desaströse Landtagswahl von 2008 mit einem Erdrutsch von minus 22 Prozentpunkten in erster Linie verloren worden.

Doch eine Stärkung Oberbayerns ist im strengen CSU-Denken in Regierungsbezirken nicht für jeden Franken, Oberpfälzer und Schwaben das Kernanliegen. So wirkt es ein wenig schmallippig, wie Fraktionsgeschäftsführer Alexander König aus Hof Aigners Kür kommentiert: "Das ist eine Verstärkung für die Oberbayern", sagt er - und fügt erst dann hinzu: "und auch für die Fraktion insgesamt."

Seehofer selbst dürfte all das nicht ungelegen kommen. Unruhe und Bewegung ist für den CSU-Chef ein Wert an sich. Nun versucht er, die Stärkung der bayerischen Schiene durch die Aigner-Personalie zu erklären, ohne sich gleichzeitig die naheliegende Kehrseite in seine Motive hineininterpretieren zu lassen. Auch die fast gleichzeitig mit der Landtagswahl ebenfalls im September 2013 stattfindende Bundestagswahl sei ihm weiter wichtig, genauso wie die Kommunal- und Europawahlen im Frühjahr drauf, versichert Seehofer. "Sie wissen ja noch gar nicht, wen wir alles zur Bundestagswahl präsentieren."

Die Aussage weckt umgehend neue Spekulationen, die Seehofer gleichzeitig anheizt und wieder einfängt: "Immer einen Schritt nach dem anderen." Dieser Doppelstrategie bleibt Seehofer auch bei der Frage treu, ob es Versprechen an Aigner gegeben habe. "Keinerlei Zusagen" habe er gemacht. Weil Aigner solche gar nicht braucht? "Wenn jemand auf einer Liste kandidiert, dann kandidiert er aus eigener Verantwortung und nicht aufgrund von Zusagen", sagt Seehofer. "Bei mir bedeutet Verantwortung noch was."

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