CSU-Parteitag:Seehofer zeigt sich kampflustig

Mit mehr als 90 Prozent der Stimmen ist Horst Seehofer neuer CSU-Chef. In einer leidenschaftlichen Rede beschwor Seehofer die Stärke seiner Partei - die Schwesterpartei CDU will er hart angehen.

Vier Wochen nach dem Wahldesaster der CSU hat ein Sonderparteitag Horst Seehofer zum Nachfolger von Erwin Huber gewählt. Der bisherige Bundesagrarminister erhielt 786 Ja-Stimmen. 84 Delegierte votierten mit Nein, 14 Stimmen waren ungültig. Das entspricht nach Angaben des Tagungspräsidiums einer Zustimmung von 90,34 Prozent.

Horst Seehofer, dpa

Horst Seehofer will der Wählerschaft in Bayern zeigen, wo "die Herzen brennen" - nämlich seiner Ansicht nach bei der CSU.

(Foto: Foto: dpa)

Auch einem schwarz-gelben Regierungsbündnis in Bayern steht seitens der CSU nichts mehr entgegen. Die Delegierten stimmten dem Koalitionsvertrag mit der FDP fast einstimmig zu. Es gab nach Angaben des Parteitagspräsidiums nur "vereinzelte Gegenstimmen" und eine Enthaltung.

Nach dem Umbruch in Bayern will der frisch gewählte CSU-Chef Horst Seehofer die Gräben in seiner Partei überwinden und ihr Profil in Berlin schärfen. "Wir sind ein Kraftpaket als CSU", das dürfe man bei aller nötigen Wahlanalyse und Selbstkritik nicht vergessen, sagte er in seiner Rede vor der Wahl zum Parteivorsitzenden.

Gegenüber der "großen Schwester" CDU kündigte er einen "klaren und harten Kurs" an: "Mein Arbeitsplatz ist künftig München, aber meine Kampfkraft wird sich auch auf Berlin erstrecken", sagte der bisherige Bundesagrarminister. Wie seine Vorgänger pochte er auf Änderungen bei der Erbschaftssteuer und der Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale.

Seehofer sagte, die CSU werde ihre Stärke bei der Erbschaftsteuerreform wieder demonstrieren. Die Partei hat eine Einigung in der großen Koalition mit ihren Änderungsforderungen verhindert. "Es geht entscheidend darum, dass wir die Kernwählerschaft nicht enttäuschen, weil wir eine überzogene Kompromissbereitschaft gegenüber der SPD an den Tag legen."

"Bewegte Zeiten"

Seehofer kündigte eine gründliche Analyse der Kommunal- und der Landtagswahl an, bei der die CSU jeweils massiv Stimmen eingebüßt hatte. Es müsse allen klar sein, dass Politik ein Dienst am Menschen sei. Seehofer sieht für die CSU weiterhin ein Potenzial zwischen 50 und 60 Prozent der Wählerstimmen.

Viele CSU-Anhänger seien bei der Landtagswahl vor vier Wochen lediglich ausgewichen in ein anderes bürgerliches Lager, "sie sind nicht übergelaufen", analysierte Seehofer das Wahldesaster der CSU. Diese Wechselwähler müssten zurückgewonnen werden. Die Wähler müssten merken, "bei denen brennen die Herzen".

Der CSU-Parteichef sieht sich selbst vor seinem "schwierigsten politischen Jahr". Im Frühsommer 2009 findet die Europawahl statt, im Herbst die Bundestagswahl. "Da steht man von der ersten Minute an unter Erfolgsdruck."

Unterstützung von Huber und Beckstein

Der noch bis Montag amtierende Ministerpräsident Günther Beckstein versprach Seehofer Unterstützung, auch wenn er künftig keine Ämter mehr bekleiden werde. "Ich wünsche uns allen, dass Du, lieber Horst, die CSU schnell wieder zu alter Stärke führst." Der in Bayern beliebte Beckstein wurde von den Delegierten mit minutenlangem Beifall gefeiert; dem 64-Jährigen standen Tränen in den Augen.

Dagegen erntete Seehofers Vorgänger Huber nur für den Aufruf zur Geschlossenheit kräftigen Applaus. Er räumte eigene Fehler ein, nutzte aber seine letzte große Rede als Parteichef auch zur indirekten Abrechnung mit Edmund Stoiber, der jahrelang Regierungs- und Parteichef gewesen war.

Die Ursachen für die Wahlschlappe reichten "über viele Jahre zurück". Die Partei habe sich in der Vergangenheit "zu sehr der Selbstbeschäftigung hingegeben", kritisierte Huber. "Es ist der Eindruck entstanden, dass taktische und strategische Spielchen wichtiger sind als der Dienst am Menschen."

Buhrufe für Stoiber

Viele in der Partei machen Stoibers oft brachialen Reformkurs für das Wahldebakel mitverantwortlich. Beim Parteitag hallten dem Ehrenvorsitzenden Pfiffe und Buhrufe entgegen.

Von der Schwesterpartei kamen nach dem Wahlsieg Glückwünsche. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla gratulierte Seehofer. Mit dem 90,3-Prozent-Erfolg habe Seehofer "einen beeindruckenden Rückhalt in seiner Partei erfahren".

Auch der Vorsitzende des künftigen Koalitionspartners FDP, Guido Westerwelle, beglückwünschte Seehofer. "Mit Ihnen übernimmt ein erfahrener Politiker das Steuer der CSU", schrieb Westerwelle nach Mitteilung der Partei in Berlin.

Grünen-Chefin Claudia Roth äußerte sich kritisch angesichts des neuen CSU-Vorsitzenden. "Horst Seehofer, der Berliner Minister ohne klaren Kurs, segelt in Richtung Bayern", erklärte sie. Er stehe "nicht für Neuanfang, sondern für die Fortsetzung der alten, verfehlten CSU-Politik mit neuer Wendigkeit."

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