CSU-Parteitag in München:Seehofer meldet sich aus Quarantäne zurück

Kritik an Seehofer, war da was? Auf ihrem Parteitag übt sich die CSU in Harmonie. Doch ganz ohne Seitenhieb auf die FDP geht es dann doch nicht.

Birgit Kruse

Auf die große Show verzichtet Horst Seehofer. Plötzlich ist er da. Steht im Saal zwischen den Delegierten, flüstert Sätze in Mikrofone, wirkt zufrieden und selbstbewusst.

CSU-Parteitag in München: Zufrieden und selbstbewusst: CSU-Chef Horst Seehofer.

Zufrieden und selbstbewusst: CSU-Chef Horst Seehofer.

(Foto: Foto: AP)

Das Singen von Lobeshymnen überlässt der Parteichef an diesem Tag anderen. Die stehen zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Sitzungssaal und sind sich einig: Die Stimmung in der CSU ist wieder so gut wie schon lange nicht mehr. Der Parteichef ist gestärkt. Auf die Frage, ob die Kritik an Seehofer jetzt verstummen würde, antwortet Sozialministerin Christine Haderthauer: "Welche Kritik?" Das sagt alles.

Mit 100 Prozent stimmen die 200 Delegierten dann auch dem Koalitionsvertrag zu. Denn hier in München ist man sich einig: Die 130 Seiten tragen die Handschrift der CSU.

Doch der Applaus fällt dann überraschend brav aus, als Horst Seehofer mit einer halben Stunde Verzögerung ans Rednerpult tritt. Dafür wirkt der 60-Jährige selbst umso zufriedener, als er von der "Quarantäne in Berlin" spricht und davon, wie froh er ist, nun endlich wieder in die "politische Familie zurückzukehren".

Lobende Worte von Huber

Die Familie nimmt ihn auch gerne mit offenen Armen auf. Selbst Erwin Huber, der Seehofer nach dem desaströsen Bundestagswahlergebnis scharf kritisiert hatte, findet nach der Vorstandssitzung lobende Worte - auch wenn es ihm nicht ganz leicht fällt. Der Koalitionsvertrag sei "ein Erfolg für die CSU", sagt er. Dann macht er eine Pause, die einen kleinen Moment zu lange dauert, und fügt hinzu: "Und ein gutes Verhandlungsergebnis für Horst Seehofer." Mit Geschlossenheits-Bekundungen kennt sich die CSU aus.

Als einen "Sieg für Deutschland, ein Sieg für Bayern", bezeichnet Seehofer den Koalitionsvertrag und betont, dass er die Positionen der CSU "Punkt für Punkt in diesem Koalitionsvertrag durchgesetzt" habe. "Wir haben Wort gehalten", lobt er sich selbst.

Vor allem auf die Pläne zur Steuersenkung ist Seehofer stolz, dröselt in seiner Rede nahezu jedes Detail der Vereinbarung auf. Die Botschaft soll auch beim letzten Delegierten ankommen: Nicht nur, dass die CSU damit ihr zentrales Anliegen durchgesetzt hat. Die schwarz-gelbe Koalition habe auch Steuersenkungen beschlossen, "wie wir sie nie vorher in Deutschland gekannt haben".

In den knapp 70 Minuten, in denen Seehofer bei den Delegierten um die Zustimmung zum Koalitionsvertrag wirbt, lässt er so gut wie keinen Verhandlungspunkt aus. Er lobt das Betreuungsgeld und betont, dass man die Bauern nicht alleinlasse. Verteidigt den Kompromiss zur Gesundheitsreform und lobt die CSU als "Partei des Eigentums", da das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger erhöht und die Erbschaftsteuer reformiert wird.

Doch ein Verhandlungserfolg bereitet Seehofer auch jetzt noch besondere Freude. In der letzten Verhandlungsnacht habe es 13 Vorschläge der FDP etwa zum Kündigungsschutz und zur Mitbestimmung gegeben, die einen "tiefen Eingriff" in das Arbeits- und Sozialrecht bedeutet hätten. Die CSU habe jedoch 13 Mal mit "Nein" geantwortet. "Das ist christlich-soziale Politik" und nicht zuletzt der Startschuss für eine neue bürgerliche Regierung in Deutschland.

Pro-Guttenberg statt Gegen-Guido

Und für eine Regierung, in der drei CSU-Minister sitzen werden. "Da war ich sehr erfindungsreich", sagt Seehofer stolz. Denn mehr als zwei Ressorts seien für die CSU eigentlich nicht drin gewesen. Vor allem über das Verteidigungsministerium für Karl-Theodor zu Guttenberg freut sich Seehofer. "Manche, die für die Außenpolitik zuständig sind, werden sich nicht jeden Tag freuen", kündigt er schon mal in Richtung des designierten Außenministern Guido Westerwelle an.

Guttenberg selbst gibt sich bescheidener. "Ich bleibe erst mal der Pro-Guttenberg, bevor ich ein Gegen-Guido werde." Außerdem muss er sich künftig mit den Kritikern aus den eigenen Reihen auseinandersetzen. Er werde gegen die Skepsis gegen den deutschen Afghanistan-Einsatz "pragmatisch" vorgehen und mit parteiinternen Kritikern "sehr intensiv sprechen".

Die Glaubwürdigkeitsdebatte, die in den letzten Wochen in der CSU geführt wurde, ist nun erst einmal verstummt. "Ich brauche von niemanden Nachhilfe in Fragen der Glaubwurdigkeit", ruft er den Delegierten selbstbewusst zu.

Doch jetzt gilt es für Seehofer erst einmal, die neue "Messlatte", die mit dem Koalitionsvertrag aufgelegt wurde, zu überspringen. Diese 130 Seiten seien nun "der einzige Maßstab, der auch für uns gelten sollte". Also auch für Seehofer selbst.

Denn der erwartet vom Parteichef nun, dass er den kleinsten Koalitionspartner in Berlin ganz groß rausbringt. Immerhin hätte es ohne die 45 CSU-Bundestagsabgeordneten nicht für eine schwarz-gelbe Koalition gereicht, betont ein Vorstandsmitglied. Damit sei das "Gewicht in der Entscheidungsstruktur" klar definiert.

Da kann das CSU-Wahlergebnis noch so enttäuschend gewesen sein: Im Nachhinein sieht alles wie ein Sieg aus.

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