CSU Parteitag:Watschn für Seehofer - nur 87,2 Prozent für den CSU-Chef

  • Nach seinem offenen Disput mit Kanzlerin Merkel in der Flüchtlingspolitik distanziert sich CSU-Chef Seehofer von Trennungsabsichten von der CDU.
  • Trotzdem bleibt Seehofer bei seiner Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge.
  • Seinen Streit mit Finanzminister Söder beschwichtigt er zumindest vorübergehend.
  • Bei seiner Wiederwahl hilft dem Parteichef das nur bedingt. Er erhält nur 87,2 Prozent der Stimmen. Zumindest äußerlich bleibt er unbeeindruckt.

Von Ingrid Fuchs

"Wir betreiben keine Willkommenskultur, sondern eine Kultur der Vernunft" -das Thema, das am Freitagabend zu einem Eklat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt hat, beherrscht auch am Samstag die Rede von Horst Seehofer auf dem CSU-Parteitag in München. Nach einem ausgiebigen Lob für die eigene Partei und einem zufriedenem Blick auf alles, was man in den vergangenen 70 Jahren so geschafft habe, wendet sich der CSU-Chef dem Thema Sicherheit zu - und leitet dann fließend über zur Flüchtlingspolitik.

"Der Staat muss den Bürgern geben, was ihnen die Terroristen nehmen wollen, nämlich die Sicherheit." So beginnt Seehofer seine Forderungen, die etwa eine Fortsetzung der Grenzkontrollen, eine Stärkung des Bundesnachrichtendienstes und mehr Stellen für Polizei und Verfassungsschutz umfassen. Angesichts der Terrorgefahr müsse die Europäische Union enger zusammenrücken. "Es geht nicht um einen Kampf der Kulturen, liebe Freunde, es geht um einen Kampf gegen die Barbarei."

Deshalb will Seehofer auch die Zusammenarbeit mit Russland intensivieren und sich im neuen Jahr mit Präsident Wladimir Putin in Moskau treffen, eingefädelt hat das offenbar der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber. Es gehöre zur Wahrheit, "dass wir ohne und gegen Russland die Konflikte unserer Zeit nicht lösen können", sagt der Ministerpräsident. Die Freundschaft zu den USA stelle dies aber nicht infrage.

Trennungsspekulationen nur "ein Gespenst"

Dann kommt der CSU-Chef zurück auf das Thema Flüchtlinge und erneuert seine Forderung nach einer Obergrenze. Die derzeitigen großen Aufgaben werde man auf Dauer nur bewältigen, "wenn wir auch mit der Kultur der Vernunft eine Begrenzung der Zuwanderung erreichen". "Da müssen wir als CSU ein Bollwerk sein."

Merkel hatte einer Obergrenze in ihrem Gastauftritt auf dem Parteitag am Freitagabend eine klare Absage erteilt. Seehofer widersprach ihr anschließend auf offener Bühne und düpierte die CDU-Chefin. Einer Trennung von der Schwesterpartei erteilt Seehofer nun aber eine klare Absage, die Nachteile wären viel größer als die Vorteile - er halte von dem "Gespenst" - der Trennung - gar nichts. Statt sich loszulösen müsse die CSU in die CDU "hineinwirken", ruft Seehofer in den Saal - und erntet kräftigen Applaus.

Noch stärker ist der Applaus an einer anderen Stelle von Seehofer Rede: an einer eigentlich nebensächlichen Stelle dankt er Markus Söder für seinen Job als Finanzminister - und kann erstmal gar nicht weiterreden, so sehr klatschen die Delegierten. "Ich mache Fehler, Markus Söder macht Fehler. Ich geb' sie zu - machmal. Markus Söder gibt sie zu - neuerdings", fügt Seehofer hinzu und verspricht, dass es zwar nicht die letzte Auseinandersetzung gewesen sei, die Einheit der CSU aber dadurch nicht gefährdet sei.

Nur 87,2 Prozent für Parteichef Seehofer

Im Anschluss an die Rede muss sich der 66-jährige Seehofer zur Wahl stellen, es geht um weitere zwei Jahre als CSU-Vorsitzender, einen weiteren Kandidaten gibt es nicht. Während er bei der Wahl vor zwei Jahren noch satte 95,3 Prozent erhalten hat, bekommt Seehofer diesmal nur 87,2 Prozent der Stimmen - sein schlechtestes Ergebnis seit 2008. Der kleine Annäherungsversuch an Söder während seiner Rede hat den Delegierten als Friedensangebot offenbar nicht ausgereicht.

Seehofer zeigt sich von dem Dämpfer zumindest äußerlich unbeeindruckt. Bei geheimen Wahlen solle man keine Erklärungen versuchen, sagt der wiedergewählte CSU-Chef. Wenn man aber die Ergebnisse sämtlicher neu- oder wiedergewählter Stellvertreter ansehe, könne man feststellen, dass parallel fast immer 100 Delegierte anders gestimmt hätten. "Es ist manchmal so, dass auf Parteitagen etwas organisiert wird." Konkreter wird Seehofer dabei nicht, betont aber, dass sich an seiner Politik - weder am Stil noch an der inhaltlichen Ausrichtung - etwas ändern werde. Wichtig sei ihm, die Bevölkerung zu überzeugen.

Der Finanzminister reagiert mit Bedauern auf das miese Ergebnis für Seehofer. Er habe in der Partei um Geschlossenheit geworben, sagt Söder nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses. "Ich finde das schade." Seehofer habe eine sehr gute Rede gehalten, sie sei sehr versöhnlich und menschlich gewesen.

Wer Seehofers neue Stellvertreter sind

Nach dem Parteivorsitzenden werden auch seine Stellvertreter neu gewählt - wobei Seehofer künftig fünf statt vier haben wird, so viele wie auch CDU und SPD: Am besten schneidet Europapolitiker Manfred Weber ab, er erhält als einziger mehr als 90 Prozent (90,8). Aber auch alle anderen Wunschkandidaten Seehofers werden gewählt: Landtagspräsidentin Barbara Stamm (85,3) , Bundesagrarminister Christian Schmidt (83,1), Angelika Niebler (80,4) und der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (79,3).

Diese Beschlüsse wurden auf dem Parteitag gefällt

  • Im Mittelpunkt stand der Leitantrag zum Thema "Migration, Leitkultur, Integration". Bayern trage die Hauptlast der Flüchtlingskrise, heißt es in dem Antrag, der auf eine Obergrenze der Flüchtlingskontingente abzielt. "Deutschland muss jetzt ein Signal aussenden, dass unsere Kapazitätsgrenzen bereits erreicht sind." Der Antrag wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen.
  • Die Vollverschleierung von Frauen durch Burka und Niqab soll in Deutschland verboten werden. Der Parteitag forderte die Landesgruppe im Bundestag auf, darauf hinzuwirken.
  • Der Terror von Paris wurde in einer Resolution verurteilt. Die Gewalttat sei "ein Angriff auf unsere Freiheit, auf unserer Werte".
  • Cannabis soll verboten bleiben. Ein entsprechender Antrag wurde beschlossen. Demnach solle "jeder Legalisierung (mit Ausnahme der Verwendung in der Medizin) strikt" entgegengetreten werden.
  • Die CSU lehnt ein bargeldloses Finanzsystem ab. Bargeld soll nicht abgeschafft werden.
  • In Sachen Bildung will die CSU keine Entscheidungsgewalt abgeben. Die Staatsregierung solle sich "gegen jegliche weitere Kompetenzabgabe (...) an den Bund" einsetzen.

Mit Material aus den Agenturen

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