CSU nach der Stoiber-Ära:Unsicherheitsfaktor aus dem Süden

Nach dem Abschied von Edmund Stoiber gibt es in der CSU noch keine klaren Machtstrukturen. Das wirkt sich auch auf die Arbeit der Großen Koalition aus.

Peter Fahrenholz

In den vergangen Jahren hat es in der CSU eine einfache Regel gegeben: Gemacht wurde, was Edmund Stoiber wollte. Es war dabei egal, ob das nun allen in der CSU passte oder nicht - am Schluss fügten sich auch die Kritiker, weil sie einen Aufstand gegen Stoiber nicht im Kreuz hatten.

Beckstein, Huber, CSU, Bayern, dpa

Günther Beckstein und Erwin Huber: In der Nach-Stoiber-Ära muss sich ein neues Machtgefüge in der CSU erst noch entwickeln.

(Foto: Foto: dpa)

Aus Berliner Sicht war das einigermaßen praktisch. Zwar galt Stoiber in seiner Endphase als politisches Irrlicht, bei dem man nie sicher sein konnte, ob er seine Meinung im letzten Moment nicht noch einmal ändern würde. Andererseits konnten sich alle in der Koalition darauf verlassen: Wenn Stoiber eingebunden war, galt das auch für die CSU insgesamt.

Diese Sicherheit gibt es nach Stoibers Abschied nicht mehr. Im Moment hat niemand die Prokura, in wichtigen politischen Fragen für die gesamte CSU zu sprechen. Bei den Christsozialen, die sich sonst immer ihrer Geschlossenheit rühmen, herrscht eine ungewohnte Unübersichtlichkeit; am Beginn der Post-Stoiber-Ära fehlen klare Machtstrukturen.

Dabei verlaufen die Bruchlinien nicht entlang der klassischen Interessenkonflikte zwischen der Münchner Landtagsfraktion und der Berliner Landesgruppe, sondern entlang sachlicher Differenzen. Hinzu kommt, dass sich unter den neuen Herren erst eine neue Hackordnung herausbilden muss.

So hat sich Ministerpräsident Günther Beckstein, der mit vielen Vorschusslorbeeren gestartet war, unerwartet eine schmerzhafte Niederlage eingehandelt. Ausgerechnet beim symbolträchtigen Thema Rauchverbot ist ihm die eigene Fraktion in den Rücken gefallen und hat eine scharfe Regelung beschlossen, die Beckstein gerne vermieden hätte.

Beigebracht hat ihm diese Schlappe ausgerechnet der neue CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Der "Schüttelschorsch", wie er wegen seiner Neigung genannt wird, auch Hände zu ergreifen, die ihm gar nicht entgegengestreckt werden, stand bislang im Verdacht, ein willfähriger Beckstein-Satellit zu sein. Plötzlich wird er als starker Mann gefeiert, der im richtigen Moment Führungswillen demonstriert hat.

Auch im Streit um das Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer gibt es unterschiedliche Signale. Offiziell ist die CSU zwar gesprächsbereit, das ist offenbar aber nur ein Formelkompromiss, um die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Partei zu kaschieren. CSU-Chef Erwin Huber hat jedenfalls am Wochenende nochmals deutlich erkennen lassen, dass er von der Sache nichts hält.

Und dann gibt es noch die neue Generalsekretärin Christine Haderthauer. Die musste bei Amtsantritt gleich dementieren, dass sie beim Betreuungsgeld, einem anderen wichtigen Streitthema, mit ihrer Auffassung nicht auf Parteilinie liegt.

Die Arbeit der Großen Koalition wird damit ein ganzes Stück weniger kalkulierbar. Die Partner müssen warten, bis sich in der CSU eine eindeutige Hierarchie herausgemendelt hat. Und das dürfte noch eine Weile dauern.

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