CSU-Minister Markus Söder:Der Meister der Selbstvermarktung will nicht nach Berlin

Markus Söder

Als Finanzminister könnte Markus Söder im Bund fortsetzen, was er in Bayern begonnen hat.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Sicherheit, Asylgesetze, Europa - es gibt kaum ein Thema, für das sich Bayerns Finanzminister Söder nicht zuständig fühlt. Trotzdem spielt Berlin in seinem Karriereplan keine Rolle. Söder hat nur ein Ziel.

Kommentar von Wolfgang Wittl

Markus Söder als CSU-Frontmann in Berlin - das ist eine Schreckensvision für so ziemlich alle Beteiligten: für Angela Merkel, weil es in Bayern kaum einen härteren Kritiker gibt als den Finanzminister; für die Berliner Parteien, die einen derart ungenierten Typ Politiker selten erlebt haben dürften; und nicht zuletzt für Söder selbst, der gar nicht daran denkt, seinen Weg an die Spitze der bayerischen Staatskanzlei für einen unkalkulierbaren Zwischenstopp in der Bundeshauptstadt zu unterbrechen. Nur Horst Seehofer würde sich freuen. Der CSU-Vorsitzende hätte damit elegant seinen größten Widersacher weggelobt - und ihn nebenbei als konservative Waffe gegen Merkels CDU und die am rechten CSU-Rand wildernde AfD in Stellung gebracht.

Für Söders Karrierepläne beginnt sich gerade eine hochgefährliche Diskussion zu verselbstständigen. Denn die Frage, ob ein Wechsel nach Berlin der CSU nicht nützte, ist durchaus berechtigt. Als Innenminister könnte er die sicherheitspolitische Flanke schließen, die Merkel aus Sicht der CSU unnötig aufgemacht hat. Als Finanzminister könnte er im Bund fortsetzen, was er in Bayern begonnen hat. Die CSU könnte mit Söder wieder ein großes Ministerium für sich beanspruchen. Und öffentliche Wahrnehmung wäre mit ihm als Meister der Selbstvermarktung ohnehin garantiert. Warum also nicht?

Weil Söder für sich eine andere Zukunft entworfen hat. Er umschmeichelt lieber CSU-Landtagsabgeordnete, er umgarnt Bürgermeister und Landräte - alles nur mit einem Ziel: Ministerpräsident zu werden. Er weiß, dass sein Politikstil in Bayern erfolgreich sein kann. Berlin hingegen bedeutet für ihn unsicheres Terrain. Wenn ihn Parteifreunde, die Söder gerne loswerden wollen, nun mahnend an die Verantwortung für die CSU erinnern, entsteht daher eine brisante Lage für ihn.

Darf sich ein Spitzenpolitiker der Verantwortung entziehen? Söder verweist auf die Liebe zu Bayern und noch mehr zu seiner Familie. Im normalen Leben wäre das einfach; kein Chef sollte einen Mitarbeiter gegen dessen Willen an einen anderen Arbeitsort zwingen. Für Söder gilt das nicht: Er sagt, er fahre nicht gerne nach Berlin, dennoch knüpft er dort fleißig Kontakte. Den Wirkungskreis eines Landesfinanzministers hat er längst gesprengt. Ob innere Sicherheit, Asylgesetze, Europa: Es gibt kaum ein Thema, für das sich Söder nicht zuständig wähnt. Ein Mann mit diesem Sendungsbewusstsein läuft Gefahr, sich in die Pflicht nehmen lassen zu müssen.

Seehofer hat diese Debatte genüsslich befeuert. Er wird sie aber nicht auf die Spitze treiben, sonst könnte auch er Schaden nehmen. Treibt er Söder noch mehr in die Enge, könnte der fordern, alle offenen Personalfragen auf einmal zu klären, bis hin zum Ministerpräsidenten. Dann wäre es um die Einheit der Partei geschehen. Zwei Probleme aber werden bleiben: ein paar Schrammen in Söders Lack, weil er sich der Verantwortung erst gar nicht stellen wollte. Und die Mühe der CSU, eine prominente Nummer eins für Berlin zu finden.

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