CSU: Michael Glos:Rückzug eines Ironikers

Seine Sätze zünden spät, aber heftig. Als Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin hatte Michael Glos damit Erfolg, als Wirtschaftsminister blieb er glücklos, auch weil er das Amt nie haben wollte. Jetzt zieht er sich als CSU-Chef von Unterfranken zurück.

Olaf Przybilla

Er ist nun wieder der Alte. Michael Glos hat Zahnschmerzen in diesen Tagen, diverse Implantate machen ihm zu schaffen. Hindern aber wird ihn das nicht, am heutigen Samstag vor die Presse zu treten und seinen Rückzug vom CSU-Vorsitz in Unterfranken zu erklären. Und erst recht nicht hindert ihn das, mit Michael-Glos-Lächeln solche unterfränkisch intonierten Sätze zu sagen wie diesen: "Irgendwann muss gestorben werden. Mit Parteiämtern ist es genauso."

Glos präsentiert Jahreswirtschaftsbericht

Michael Glos: "Irgendwann muss gestorben werden. Mit Parteiämtern ist es genauso."

(Foto: dpa)

Glos sagt "Baddeiämder" und womöglich war das auch einer der Gründe, warum er Zeiten durchleben musste, in denen das Lächeln des fränkischen Humortalents Glos immer häufiger einzufrieren drohte. In seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister war das so, ein Posten, den Glos nie haben wollte, den er sich aber von Edmund Stoiber aufdrängen ließ, weil der plötzlich nicht mehr nach Berlin wollte.

Für Glos war das der Gau, hatte er doch über seine Kabinettsambitionen zuvor Sätze in Umlauf gebracht wie diesen: "Ich hoffe, dass es meinem Land nie so dreckig geht, dass es auf Leute wie mich zurückgreifen muss." Das Land musste es dann auch nicht, aber Stoiber musste es. Keine besonders gute Zeit, diese Jahre als Bundeswirtschaftsminister, sagt Glos heute. Aber andererseits: "Ich musste damals nicht wegen eines Skandals gehen, auch nicht wegen Unterschleifs, ich habe nur ab und zu etwas unglücklich in die Kameras geschaut."

Das kann Glos wie kaum ein anderer: Nebensätze sagen, deren Wirkkraft sich erst nach ein paar Augenblicken entfaltet: "Auch nicht wegen Unterschleifs." Karl-Theodor zu Guttenberg? Natürlich hat Glos gelitten, als plötzlich ein smarter Freiherr kam, ausgerechnet aus dem benachbarten fränkischen Bezirk, und auf einmal überall zu lesen stand: Das Bundeswirtschaftsministerium sei nun personell wieder besetzt. Glos hatte sich zuvor öffentlich darüber beklagt, die Kanzlerin habe ihn in der Finanzkrise zu wenig in ihre Arbeit einbezogen.

Ein Minister, der gefragt werden will, um etwas sagen zu dürfen? Ebenso gut hätte Glos damals um seine Demission bitten können. War er neidisch auf Guttenberg? "Überhaupt nicht. Als der in den Bundestag kam, war er doch einer meiner Ziehsöhne", antwortet Glos. Die Bemerkung mit dem "Unterschleif" kommt dann erst später, so hat Glos das immer gemacht.

Glos: "Ich lass' mich doch nicht beleidigen"

Wer ihn fragt, wer nun der begnadetere Lästerer sei, Horst Seehofer oder er, Glos, dem antwortet Glos: "Ich lass' mich doch nicht beleidigen" - um dann auszuführen, dass Seehofer und er nur eine verwandte Form des "Demontage-Humors" pflegten: "Einer von uns beiden allerdings eher von oben herab." Mit Seehofer verbindet Glos eine sehr spezielle Parteifreundschaft, seit im Donaukurier - Seehofers Heimatblatt - über einen Nachfolger für Glos spekuliert worden war, der angeblich schon bereitstehe. Als Rache schickte Glos damals sein berühmt gewordenes Rücktritts-Fax, zu dem Zeitpunkt, als Seehofer an einer Sicherheitskonferenz teilnahm. Als Seehofer vor die Mikrofone trat, wussten die Reporter bereits von Glos' Rückzug. Seehofer nicht.

Horst Seehofer, Michael Glos

Michael Glos (rechts) gibt den CSU-Vorsitz in Unterfranken ab.

(Foto: AP)

Ein kleiner Triumph des einen Ironikers über den anderen. Das letzte Mal haben sich Glos und Seehofer dann bei der Winterklausur in Kreuth getroffen. Glos sagte zu Seehofer: "Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr. " Pause. "Und Horst, diesmal kannst Du davon ausgehen, dass ich das ernst meine." Jetzt hört Glos auf als CSU-Vorsitzender von Unterfranken. Und Seehofer dürfte zu jenen gehören, deren Bedauern sich in Grenzen hält. Im Oktober 2009 hatte Seehofer jenen Mann demontiert, den Glos für einen geeigneten Nachfolger im Amt als unterfränkischer CSU-Chef gehalten hätte: den Staatssekretär Bernd Weiß. Der war nach einem Zwist mit Seehofer zurückgetreten.

Und Glos hatte Seehofer daraufhin öffentlich mitgeteilt: Er habe Verständnis dafür, dass Weiß sich nicht zurückpfeifen lasse wie ein "Schulbub, der sich aus Versehen auf die Mädchentoilette verirrt hat". Es folgte noch einer jener Glos-Sätze, die spät zünden, aber heftig: "Seehofer muss nun aufpassen, dass die Zahl derer nicht zunimmt, die an seinen außerirdischen Fähigkeiten zweifeln."

Geht es nach Glos, dann soll demnächst Gerhard Eck, Staatssekretär, als sein Nachfolger in Unterfranken gewählt werden. Der Mann aus dem Kreis Schweinfurt ist ein Gefolgsmann von Glos. In München dürfte das nicht jeden freuen.

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