Maskenaffäre:Corona-Deals von Sauter & Co: Es hätte noch mehr Geld fließen sollen

Maskenaffäre: Die Sauter- und Nüßlein-Masken mit FFP2-Standard sollen nicht so teuer gewesen sein wie bei anderen Lieferungen im vergangenen Jahr.

Die Sauter- und Nüßlein-Masken mit FFP2-Standard sollen nicht so teuer gewesen sein wie bei anderen Lieferungen im vergangenen Jahr.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Bei den Geschäften mit den Schutzmasken sollten für fünf Vermittler insgesamt fünf bis sechs Millionen Euro an Provisionen herausspringen. Allerdings dürfte noch einiges Geld in Liechtenstein liegen.

Von Andreas Glas und Klaus Ott

Von Geschäften, die vermeintlich hohe Profite versprechen, sollte man lieber die Finger lassen. Nicht ohne Grund warnt das Bundeskriminalamt die Bürgerinnen und Bürger: "Seien Sie misstrauisch bei Angeboten, die eine sichere Anlage, eine garantierte Rendite, dazu hohe Gewinne oder ein nur sehr geringes Risiko versprechen!" Doch für die beiden CSU-Politiker Georg Nüßlein und Alfred Sauter und deren drei Partner, die sich im vergangenen Jahr zu einem sehr speziellen Geschäft zusammengetan hatten, hätte sich das Risiko beinahe mehr als gelohnt. Bei den Deals mit Corona-Schutzmasken aus China für mehrere Ministerien in Deutschland sollten nach Informationen von SZ, NDR und WDR am Ende insgesamt zwischen fünf und sechs Millionen Euro Provision fließen. Also weit mehr als das, was in der Maskenaffäre um Nüßlein und Sauter bislang bekannt ist.

Fünf bis sechs Millionen Euro Provision für die Maskendeals, das entspricht in etwa den Jahreseinkommen von 100 bis 120 Beschäftigten in Bayern. Recht aussagekräftig ist auch ein anderer Vergleich. Mit diesem Geld ließe sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dessen Bezüge sich auf rund 250 000 Euro im Jahr summieren, 20 Jahre oder noch ein paar Jahre mehr bezahlen. Jedenfalls deutlich länger, als Söder - wie er selbst angekündigt hat - im Amt bleiben will. In einem Amt, das mehr als ein Vollzeitjob ist. Was Nüßlein, Sauter und deren drei Partner gemacht haben, war jedoch eher ein Geschäft nebenbei. Und nichts, was sie ein ganzes Jahr in Anspruch genommen hätte. Die Profiteure der Pandemie hätten gut verdient, wären die Deals nicht wegen einer misstrauisch gewordenen Bank in Liechtenstein und durch die anschließenden Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München aufgeflogen.

Bekannt ist bislang, dass eine Firma von Sauters Kindern 1,2 Millionen Euro bekommen hat und dass Sauters langjähriger CSU-Parteifreund Nüßlein ebenfalls 1,2 Millionen kassieren sollte. Jetzt zeigt sich: Auch die drei weiteren Beteiligten an den Maskendeals sollten in etwa in dieser Größenordnung profitieren. Das wurde der SZ von mehreren Insidern bestätigt, die Einblick in das Ermittlungsverfahren und in diese Geschäfte haben. Weil am Ende die Bank und die Ermittler dazwischen funkten, sei jedoch nur ein Teil der fünf bis sechs Millionen ausbezahlt worden.

Bei den drei Partnern der beiden CSU-Politiker Nüßlein und Sauter handelt es sich um einen ehemaligen Industriemanager, einen früheren CSU-Nachwuchsmann und einen Anwalt. Der Ex-Manager und der frühere CSU-Nachwuchsmann sind alte Bekannte von Sauter, der solche Kontakte hegt und pflegt. Die insgesamt fünf Vermittler halfen einem hessischen Unternehmen, chinesische Masken an mehrere Ministerien zu verkaufen; darunter das Gesundheitsministerium in Bayern. Als das Geschäft gelaufen war, sollte für alle etwas abfallen.

Das hessische Unternehmen überwies einen Millionenbetrag an eine Firma des Ex-Industriemanagers. Eine Firma, die auf einer Insel in der Karibik ansässig ist und Bankverbindungen nach Liechtenstein hat. Die Karibik gilt nicht nur als Urlaubs-, sondern auch als Steuerparadies. Ob das in diesem Fall eine Rolle spielt, ist unklar. Ebenfalls nicht so ganz klar sind die Rollen der fünf Mittelsleute. Im Kreise der Beteiligten ist die Rede davon, dass man die Ware habe beschaffen und prüfen müssen. Dass man eine "Struktur" für die Geschäfte geschaffen habe. Dass die Abnehmer gefunden werden und dann Verträge aufgesetzt werden mussten. Steuerfragen seien auch zu klären gewesen. Klingt nach einer ziemlich überschaubaren Arbeit. Würde jeder in Bayern für diesen Aufwand so viel Geld bekommen, dann wäre der Freistaat ein Land der Millionäre.

Und Sauters Rolle? Der frühere Justizminister, der inzwischen aus der CSU-Landtagsfraktion ausgetreten ist, soll im vergangenen Jahr im bayerischen Gesundheitsministerium angerufen und gefragt haben, ob dort Interesse an Corona-Schutzmasken für den Freistaat bestehe. Die Antwort habe gelautet: Ja, man möge doch einen Vertrag schicken. Das war dann Sauters Job, schließlich ist er nicht nur Abgeordneter, sondern auch Anwalt. Mit zwei gut gehenden Kanzleien in München.

Daneben gibt es noch die Firma Pecom im Schwäbischen, wo Sauter zu Hause ist. Die Pecom gehört Sauters Kindern und hat die 1,2 Millionen Euro bekommen. Als die Sache politisch heiß wurde, überwies die Pecom 470 000 Euro an die gemeinnützige Bürgerstiftung in Günzburg; der Rest soll dem Fiskus zustehen. Etwas anders sieht die Sache beim Bundestagsabgeordneten Nüßlein aus, der inzwischen aus der CSU ausgetreten ist (aber ebenso wie Sauter sein Mandat behält). Nüßlein hat über eine Firma, die ihm gehört, 660 000 Euro bekommen. Die zweite Tranche in Höhe von 540 000 Euro wurde von der Bank in Liechtenstein gestoppt.

Andere Vermittler von teureren Schutzmasken müssen noch sehr viel mehr Millionen Euro kassiert haben

Von den anderen drei Beteiligten ist der Ex-Industriemanager finanziell am besten dran. Seine Karibik-Firma bekam ja das Geld zum Verteilen. Und mit dem Verteilen der Provisionen soll es eben nicht mehr so richtiggeklappt haben. Es dürfte also noch einiges an Geld in der Karibik beziehungsweise in Liechtenstein liegen. Besser hat es mit dem Verteilen der Masken durch die Ministerien geklappt, ein Teil des Materials ging an die Bundespolizei. Die Sauter- und Nüßlein-Masken mit FFP2-Standard sollen nicht so teuer gewesen sein wie bei anderen Lieferungen im vergangenen Jahr, als Schutzkleidung noch knapp war. Zwischen 3,50 und vier Euro habe das Stück gekostet, sagt ein Kenner des Falles.

Das wiederum führt zu der Schlussfolgerung, dass andere Vermittler von deutlich teureren Schutzmasken noch sehr viel mehr Millionen Euro kassiert haben müssen, als es bei Sauter, Nüßlein & Co. vorgesehen war beziehungsweise zum Teil auch gelaufen ist. Es gibt noch viel Aufklärungsbedarf.

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