Junge Union in Bayern:In einer Reihe mit Waigel, Müller und Söder

Junge Union in Bayern: Der Junge und der Jüngere: Hans Reichhart (li.) will den JU-Vorsitz an Christian Doleschal abgeben.

Der Junge und der Jüngere: Hans Reichhart (li.) will den JU-Vorsitz an Christian Doleschal abgeben.

(Foto: SZ)

Christian Doleschal soll am Wochenende zum 17. Chef der bayerischen JU gewählt werden - diesmal ohne internen Streit. Für die CSU-Parteispitze war der 31-Jährige auch schon unbequem.

Von Wolfgang Wittl

Richtig, die Gäste, da war doch noch was. Also: Am Freitag kommt Markus Söder, der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende, und mit ihm "gefühlt das halbe Kabinett". Am Samstag sprechen CSU-Vize Manfred Weber und der Berliner Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, am Sonntag gibt sich Bayerns Finanzminister Albert Füracker die Ehre. "Noch was?", fragt Christian Doleschal. "Ich mach' das ja zum ersten Mal." Der Mann neben ihm, der ihm die Erinnerung an die Gästeliste eingeflüstert hatte, nickt beifällig. Jetzt passt alles, findet Hans Reichhart.

Das Bild, das die beiden Männer da vorne abgeben, sieht man nicht allzu oft in der CSU. Am Freitag wird Reichhart, 37, als Landesvorsitzender der bayerischen Jungen Union abtreten; sein Wunschnachfolger Doleschal, 31, soll übernehmen. Es wird ja oft von Eintracht und Wunschlösung geheuchelt, wenn in einer Partei Ämter neu besetzt werden. In diesem Fall trifft es ausnahmsweise zu. Einstimmig wurde Doleschal vom JU-Landesvorstand und den Bezirksvorsitzenden nominiert. Wenn nicht noch ein mittelgroßer Meteorit einschlägt, wird Doleschal zum 17. JU-Chef gewählt. Er steht dann in einer Reihe mit ein paar Großen der CSU: Max Streibl und Theo Waigel, Otto Wiesheu und Gerd Müller, und nicht zuletzt dem derzeitigen Spitzenduo Söder und Weber.

Mit gut 22 000 Mitgliedern ist die JU die stärkste Bastion im CSU-Reich. Ihr Einsatz entscheidet nicht unerheblich über den Erfolg der Mutterpartei bei Wahlen. "Wir sind die Wahlkampforganisation Nummer eins in der CSU", sagt Reichhart. "Wenn anderen die Luft ausgeht, haben wir noch welche." Am meisten komme es aber seit jeher darauf an, die Interessen der jungen Generation zu vertreten, sagt Doleschal. "Unser Motto ist, Politik enkelfähig zu gestalten." Und wenn es nötig ist, unbequem sein. Für die eigene Partei. Und für den Chef.

Wie sich das anfühlt, hat Doleschal bereits erfahren. Als sich abzeichnet, dass Söder das selbst gesteckte Ziel vom schuldenfreien Bayern bis 2030 aufzugeben bereit ist, platzierte der designierte JU-Chef einen gewagten Zwischenruf. Die Regierung Söder dürfe "nicht dem Gift der billigen Kredite erliegen", warnte Doleschal. Wer Söder kennt, ahnt, dass er dem aufmüpfigen Jungspund seine Sicht der Dinge danach, nun ja, intensiv darlegte. Doleschal bleibt am Mittwoch dabei. Die JU werde bei künftigen Ausgaben genau darauf achten, wohin das Geld im Sinne der Generationengerechtigkeit fließe. Stabile Finanzen gehörten zum "Markenkern der Union".

Dass die Union in den vergangen Jahren einige Fehler gemacht habe, gestehen Doleschal und Reichhart offen ein. Der Asylstreit habe viel Sympathie gekostet. JU-Wahlkämpfer mussten nicht erst Klinken putzen, um wie Doleschal zu erfahren: "Das Image der CSU war schon besser." Auch die Politik von Kanzlerin Angela Merkel - Stichwort: asymmetrische Demobilisierung - habe zu einem Vakuum geführt. Das Image verbessere sich aber wieder, auch dank Söders Kurs für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die CSU habe sich im Bund "vom Sorgenkind zum Stabilitätsanker" entwickelt, findet Doleschal.

Der Riss, der die Partei durchzog, war auch in der JU zu beobachten

"Zukunft gestalten - Schöpfung erhalten", heißt der Leitantrag für die dreitägige Landesversammlung im oberpfälzischen Freystadt. Mehr Forschung für das Speichern von CO₂ wünscht sich die JU, mehr Anreize statt Verbote. Ob es auch eine Freystädter Erklärung mit Forderungen zur Parteireform geben wird, ist noch offen.

Die Aufmerksamkeit der Erlanger Erklärung dürfte ohnehin auf ewige Zeit unerreichbar bleiben. Die JU-Versammlung vor zwei Jahren war der Schlüsselmoment im Kampf um die Macht zwischen Horst Seehofer und Markus Söder. Seehofer verhandelte in Berlin über die Bildung einer Bundesregierung. Auch aus Zorn, weil er dem JU-Pflichttermin in Erlangen ferngeblieben war, fügte der Parteinachwuchs noch handschriftlich eine Ergänzung in seine Erklärung ein: Es brauche einen "glaubwürdigen personellen Neuanfang", Seehofer müsse bei allen Verdiensten "jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregierung".

Derjenige, für den der Weg gebahnt werden sollte, ließ sich am Delegiertenabend erstaunlich offensiv von vielen Jungunionisten feiern: Söder. Der Riss, der die Partei durchzog, war auch in der JU zu beobachten: Oberbayern gegen Franken - und mittendrin: JU-Landeschef Reichhart, der mit dem Moderieren fast nicht mehr hinterherkam. Seehofer hatte ihn früh in sein Strategieteam berufen, Söder holte ihn als Minister für Wohnen, Bau und Verkehr in sein Kabinett. Beide sehen in ihm eines der größeren Talente in der Partei. Dass es gelungen sei, die JU im Streit zwischen CDU und CSU im Bund zusammenzuhalten, wertet Reichhart als großen Erfolg seiner Amtszeit. "Kein Polterer, ausgleichend, effizient und höchst verlässlich" - so beschreibt Doleschal seinen Noch-Chef.

Und umgekehrt? Doleschal stelle seine Interessen nicht über andere, lasse sich weder in Schubladen stecken noch vereinnahmen, sagt Reichhart. Als 14-Jähriger trat Doleschal in die JU ein, mit 19 wurde er Gemeinderat in seinem Heimatort Brand in der nördlichen Oberpfalz, im Mai zog der Rechtsanwalt ins EU-Parlament ein. Reichhart wurde vor sechs Jahren zum JU-Chef gewählt, weil seine Vorgängerin Katrin Albsteiger nach internem Druck nicht mehr angetreten war. So eine freundschaftliche Übergabe wie jetzt, sagt Doleschal, mache eindeutig mehr Spaß.

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