CSU-Klausur:"Was man in zehn Jahren nicht schafft, ist auch später nicht mehr möglich"

Fortsetzung Winterklausur CSU-Landtagsfraktion

Diese Winterklausur der CSU wird wohl die letzte von Markus Söder als Finanzminister sein.

(Foto: picture alliance / Nicolas Armer)
  • Bayern steuert auf eine Amtszeitbegrenzung für Ministerpräsidenten auf maximal zehn Jahre zu - die dann auch schon für Markus Söder gelten würde.
  • Er soll voraussichtlich im April Horst Seehofer im Amt ablösen.
  • Bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Bad Staffelstein stellt Söder in dieser Woche sein Programm für die Landtagswahl im Herbst vor.

Von Wolfgang Wittl, Bad Staffelstein

Das erlebt man auch in der Politik nicht alle Tage: Da hat der Mann, der bald das schönste Amt nach dem des Papstes ausüben soll (also den Freistaat Bayern regieren), seinen neuen Posten noch gar nicht angetreten - und seine Partei jubelt ihm zu, weil er schon wieder vom Abschied spricht. Auf zehn Jahre oder zwei Legislaturen wolle er die Amtszeit des Ministerpräsidenten beschränken lassen, kündigt der designierte Regierungschef Markus Söder an. Begründung: "Was man in zehn Jahren nicht schafft, ist auch später nicht mehr möglich."

Um Punkt zwölf Uhr trifft Söder am Dienstag zur Klausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz ein, zum Glockenschlag am Mittag. Die CSU-Abgeordneten sprechen lieber von einem "Hammerschlag", den der neue Spitzenmann mit seinem Versprechen da rausgehauen habe. Ausgerechnet Söder, der ehrgeizigste aller CSU-Kronprinzen, dem nachgesagt wurde, alle Interessen seinen eigenen unterzuordnen, rückt quasi als erste Amtshandlung den Verzicht in den Mittelpunkt seines Tuns.

Die Reaktionen fallen aus, wie er es erhofft haben dürfte: "Sehr positiv, die Leute sehen es als Demut an." Ein neues demokratisches Kapitel wolle er aufschlagen, sagt Söder, es gehe weniger um Personen als vielmehr um Ämter. Und dass er ein Signal für Bayern und nach Deutschland senden wolle. Was jetzt aber nicht bedeuten solle, Angela Merkel müsse nach zwölf Amtsjahren aufhören. "Ich rede über Bayern." Aber auch das: Der Wechsel gehöre nun einmal zur Demokratie.

Die nötige Verfassungsänderung muss von einer Zweidrittelmehrheit des Landtags und in einem Volksentscheid beschlossen werden. An der Opposition, die Söders Amtszeit ohnehin gerne auf die wenigen Monate bis zur Landtagswahl im Oktober beschränkt wissen würde, wird es wohl nicht scheitern. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte, auch er sei dafür, dass Ministerpräsidenten "nicht ewig" im Amt seien.

Im Fraktionsvorstand am Montagabend, wo Söder seinen Vorschlag erstmals einem CSU-Gremium vorstellt, bekommt er großen Beifall. Mit so einer Regelung hätte sich die CSU in der Schlussphase von Edmund Stoiber und auch nun bei Horst Seehofer einiges ersparen können, sagt einer. Andere fragen sich, was Söder in zehn Jahren sage, sollte ein umtriebiger Nachfolger wie er vorzeitig seinen Rückzug fordern, um mit dem Amtsbonus zu starten.

Für Söder ist das alles Theorie: "Erst muss man zwei Wahlen bestehen." Die größten Gegner sieht er in den Parteien, die der CSU bei der Bundestagswahl die meisten Stimmen abgenommen haben. Die FDP könne nicht glaubwürdig in Bayern regieren, wenn sie sich gleichzeitig in Berlin nicht traue. Mit Sätzen wie diesen will die CSU den einstigen Koalitionspartner gar nicht erst in den Landtag zurückkehren lassen. Und die AfD sei "für bürgerliche Wähler keine bürgerliche Partei, das muss man benennen", sagt Söder.

Söder soll "lieber früher als später" übernehmen

Die Zufriedenheit der Fraktion mit ihrem Spitzenkandidaten ist groß, Söder habe seit seiner Nominierung einen fehlerfreien Auftritt hingelegt, lobt ein führender CSU-Mann. Nur einer schweigt - aus voller Überzeugung. Er werde weder zur Begrenzung des Amtszeit des Ministerpräsidenten noch zu sonstigen landespolitischen Vorschlägen seines Nachfolgers etwas sagen, teilt Horst Seehofer mit. Jede Zeit habe ihre Themen und Akzente; auch er habe es als angenehm empfunden, dass sich seine Vorgänger mit Kommentierungen zurückhielten. Das sei eine Grundsatzentscheidung, betont Seehofer, daraus dürfe man keine falschen Schlüsse ziehen.

Wobei: Falsche Schlüsse sollen ja vorkommen. Die Fraktion war jedenfalls nicht gut zu sprechen auf Seehofer, nachdem er am Montag im Parteivorstand den Fahrplan zur Amtsübergabe an Söder dargelegt hatte. Teilnehmer wollten gehört haben, Seehofer werde die Staatskanzlei nun erst im April räumen - nicht wie vereinbart im ersten Quartal. Der Widerspruch im Fraktionsvorstand kam sofort, selbst Seehofer-Getreue sagten hinter vorgehaltener Hand, der Chef täte sich keinen Gefallen, die Sache in die Länge zu ziehen.

Mehrere Redner beharrten auf dem Wechsel, darunter offenbar auch Fraktionschef Thomas Kreuzer. Es gebe eine "klare Beschlusslage", wurde Kreuzer zitiert, dabei müsse es bleiben. "Lieber früher als später" solle Söder übernehmen, um die Wahlchancen zu erhöhen. Die Aufregung legte sich erst, als Seehofer am Dienstag klarstellte: "Wir haben an unserer Terminplanung nichts verändert", es sei ihm "schleierhaft", wie Parteifreunde auf so etwas kämen. Die wiederum rätselten, wie sie Seehofer angeblich derart missinterpretieren konnten.

Vor den Abgeordneten sagte Seehofer, es grenze an "Böswilligkeit", seine Sätze so weiterzugeben. Es wird wohl eines der letzten Missverständnisse im nicht immer spannungsarmen Verhältnis zwischen Seehofer und der Landtagsfraktion bleiben. Und trotzdem: Zum Abschluss seines Rechenschaftsberichtes erhoben sich die Abgeordneten zum langen Applaus, "wie bei einer Verabschiedung", fand einer. Das Haus sei bestellt, die Erbschaft habe einen hohen Wert, schloss Seehofer seinen Bericht - und fuhr noch am späten Nachmittag zurück in die Staatskanzlei.

Die neue Bühne gehört Söder. Ein inhaltliches Signal müsse von der Klausur ausgehen, sagte der Noch-Finanzminister. Das erste folgte prompt mit der Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge, wonach Grundstücksbesitzer zur Zahlung von Ausbauarbeiten herangezogen werden. "Die CSU-Landtagsfraktion strebt eine nachhaltige Befriedung der mittlerweile hoch emotionalen Diskussion um die Erhebung von Eigentümerbeiträgen beim Ausbau von kommunalen Straßen an", heißt es in einer Resolution, die an diesem Mittwoch verabschiedet werden soll. "Einen Systemwechsel" plane die Fraktion. Grundstückseigentümer sollen demnach nicht mehr zur Kasse gebeten werden, stattdessen soll sich der Freistaat finanziell beteiligen. Nach Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden will die Fraktion einen Gesetzesentwurf vorlegen.

Die CSU kontert damit ein mögliches Volksbegehren der Freien Wähler, kein Wähler soll vergrault werden. Dass sich die Fraktion auf dem richtigen Weg befinde, sieht ihr Chef Kreuzer durch eine Studie bestätigt. 98 Prozent der Bayern leben demnach gerne im Freistaat, wohl auch dank der CSU. Das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl habe seine Ursache "einzig in Berlin".

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