CSU in Oberbayern:Herzkammer-Flimmern

Oberbayern ist nicht mehr sichere CSU-Bank. Die Stoiber-Anhänger haben der CSU den Sturz ihres Idols nicht verziehen.

Heiner Effern

Eine der traditionellen Konstanten für einen sicheren Wahlsieg der CSU gibt es nicht mehr. Nach Auszählung der Hälfte der Stimmkreise verlor die CSU in ihrem einst mächtigen Vorzeigebezirk Oberbayern 22 Prozentpunkte. Der Bezirksvorsitzende Siegfried Schneider nannte das Ergebnis "schrecklich".

CSU in Oberbayern: Edmund Stoiber hat wohl nicht zum Absturz der CSU beigetragen.

Edmund Stoiber hat wohl nicht zum Absturz der CSU beigetragen.

(Foto: Foto: AP)

Der Bezirk Oberbayern liege aber im allgemeinen Trend und sei deshalb nicht der Alleinschuldige an der Niederlage. Man habe in Oberbayern im Gegensatz zu früher eben keinen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden mehr. "Damit ist das Plus weg." Einziger Trost für Schneider: Bis auf den Stimmkreis von Franz Maget in München-Milbertshofen wurden alle Direktmandate geholt.

Mit diesen historischen Verlusten gewinnt ein Erosionsprozess dramatisch an Fahrt, der schon unter Edmund Stoiber begonnen hat. Denn erstmals lag der Bezirk bereits 2003 mit 60,2 Prozent unter dem Landesdurchschnitt der CSU, trotz der starken Mobilisierung nach der knappen Niederlage Stoibers bei der Bundestagswahl.

Vom Sieggaranten zum Problemfall

Nach dessen Sturz entwickelte sich der Bezirk vom Sieggaranten zum Problemfall. Weite Teile des Oberlandes zwischen München und den Alpen haben der Partei den Sturz von Stoiber nie verziehen. Zumal der protestantische Ministerpräsident Günther Beckstein und der niederbayerische CSU-Chef Erwin Huber in den Augen der Stoiber-Anhänger fortwährend demonstrierten, wie überflüssig der Wechsel an Bayerns Spitze eigentlich war.

Bei der Kommunalwahl dieses Jahres kam es in Oberbayern zu teils katastrophalen Einbrüchen mit einem Minus von mehr als zehn Prozent, die nicht nur, aber auch der Landespolitik geschuldet waren. Schon vor dem 28. September war klar: Ergebnisse wie in Stoibers Stimmkreis Bad Tölz-Wolfratshausen mit 72 Prozent für die CSU wird es nicht mehr geben. Doch mit einem Minus von 25 Prozent in diesem Kreis hatte auch niemand gerechnet.

Dazu kommt ein sich verschärfendes Problem für die CSU: Der boomende Wirtschaftsraum München kostet sie eher Stimmen, als dass er zusätzlich welche bringt. Zum einen zieht er Neubürger an, die nicht schon als CSU-Wähler zur Welt gekommen sind, zum anderen rufen Großprojekte in der Infrastruktur immer auch Widerstand hervor. Wie groß die Wut im Raum Freising über die geplante dritte Startbahn am Münchner Flughafen ist, bekam Beckstein zu spüren, als er dort bei einem Auftritt zwei Stunden lang ausgepfiffen wurde.

Region ist noch immer interessant

Doch schon vor der Landtagswahl blickten CSU-Chef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein mit großer Sorge in die oft "Herzkammer der CSU" genannte Region. Dass die Oberbayern nicht mehr als Wahlsieg-Garanten taugen wie noch vor fünf Jahren, macht ein Blick auf die Kandidatenliste klar. Wo 2003 noch Edmund Stoiber, Alois Glück, Otto Wiesheu oder Kurt Faltlhauser standen, sind nun neben dem Listenführer, Kultusminister Schneider, Namen wie Christa Stewens, Thomas Goppel oder Monika Hohlmeier die Attraktionen.

Warum diese Region trotzdem für die Gesamt-CSU so interessant ist, zeigt die Statistik. Etwa ein Drittel der 9,3 Millionen bayerischen Wähler wohnt in Oberbayern. Das gleiche Zahlenverhältnis gilt für die Partei: Etwa 50.000 der 150.000 CSU-Mitglieder kommen aus München und Oberbayern.

Die sollte der 2007 neu gewählte Bezirkschef Siegfried Schneider zu einem engagierten Wahlkampf bewegen. Das gelang ihm offenbar so dürftig, dass bei führenden CSU-lern kurz vor der Wahl Überlegungen über ein Notprogramm aufkamen, um die Wähler dort zu mobilisieren. Nachdem das Ergebnis noch um zehn Prozent schlechter ausfällt als bei den Kommunalwahlen, wird sich auch Bezirkschef Schneider in Frage stellen lassen müssen. Denn obwohl bisher niemand öffentlich darüber spricht und sich personelle Alternativen kaum aufdrängen, dürfte nach zwei Niederlagen im erfolgsverwöhnten CSU-Bezirk die Machtfrage anstehen.

Doch zwei Politiker, die den Niedergang des einst mächtigen Bezirks verhindern sollten, stehen vor einem Karriereknick: Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon und die frühere Kultusministerin Monika Hohlmeier haben den Einzug in den Landtag über die Bezirksliste wegen des katastrophalen Gesamtergebnisseswohl nicht geschafft.

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