CSU:Guttenberg macht einen heißen Tag noch heißer

Er orderte kühles Bier, krempelte die Ärmel hoch und predigte Optimismus: CSU-Superstar Guttenberg brachte den Löwenbräukeller zum Kochen.

Birgit Kruse

An den Münchner Löwenbräukeller hat Karl-Theodor zu Guttenberg nur schlechte Erinnerungen. Seine Tanzkurs-Abschlussfeier musste er einst im großen Saal absolvieren - und seinen Eltern demonstrieren, was er alles gelernt hatte. Oder besser: Was er alles hätte lernen können. Viel erlebt habe er in der Zeit schon, erinnert sich der Bundeswirtschaftsminister, "aber keine einzige Stunde Tanzkurs". Versagensängste müssen den 37-Jährigen an diesem Abend indes nicht quälen.

CSU: Erst einmal ein kühles Bier: Karl Theodor zu Guttenberg im Löwnbräukeller

Erst einmal ein kühles Bier: Karl Theodor zu Guttenberg im Löwnbräukeller

(Foto: Foto: ddp)

Mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen wird er empfangen. Auf der Straße hat es selbst am Abend noch fast 30 Grad. Es ist der heißeste Tag des Jahres. Doch in den Gängen und auf dem Balkon des Festsaals drängeln sich die Besucher. 1500 Sitzplätze gibt es, weit mehr als 2000 Menschen sind gekommen - alle wollen ihn einmal nur live sehen, den Shootingstar der CSU.

Kaum auf der Bühne - korrekt gekleidet im Anzug, mit Krawatte und langärmeligem Hemd - hat er die Lacher auf seiner Seite: Das bereitgestellte Wasser will er nicht. Stattdessen ordert Guttenberg erst einmal ein kühles Bier und freut sich, nach einer Wahlkampftour "endlich wieder bayerischen Boden unter den Füßen zu haben." Diese Sprüche sind zwar schon mindestens so alt wie die CSU. Doch beim Publikum kommen sie noch immer an.

Ebenso wie die Verbalattacken auf die politischen Gegner. Auch wenn Guttenberg das "Dreschen" nicht schätzt - er verzichtet nicht darauf. Als erstes muss Frank-Walter Steinmeier für seinen "Deutschland-Plan" einen Seitenhieb einstecken - auch wenn der Name des SPD-Spitzenkandidaten den ganzen Abend nicht fallen wird. In der Politik werde Guttenberg "das Herz sprechen lassen" - auf "vorgestanzte Meinungen" und "70 Seiten aus dem Ministerium" könne er verzichten.

Den Alt-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bezeichnet er - ebenfalls, ohne dessen Namen zu nennen - als "Gazprom-Diplomaten", bei dem es heute schwierig sei zu sagen, für die Interessen welchen Landes er stehe.

Doch Guttenberg will seinem Publikum mehr bieten als platte Wahlkampfsprüche. Er hat eine Botschaft fürs Wahlvolk: "Nicht nur vom Aufschwung träumen, sondern den Aufbruch leben." Mit "visionärem Geblubber" allein werde man das nicht erreichen. Dazu seien harte Arbeit und die Anerkennung von Leistung in der Gesellschaft nötig. Das Publikum johlt. Ein Löwe im Löwenbräukeller, endlich.

Guttenberg sei so "jung und unverbraucht", sagt eine Frau, die sich selbst zur "Generation der Politikverdrossenen" zählt. Eine andere sagt, sie wolle "am Anfang einer großen Karriere" dabei sein. Das klingt so, als erwarte sie, dass Angela Merkel in einigen Jahren an den studierten Juristen mit der Gelfrisur übergeben werde.

Der Siegeszug des Franken hat längst begonnen. Aus dem Büro des CSU-Generalsekretärs ist er nach nur 100 Tagen ins Wirtschaftsministerium nach Berlin umgezogen - als Nachfolger des glücklosen Michael Glos. Und es ging immer weiter nach oben auf der Beliebtheitsskala. Selbst sein "Nein" zur Opel-Rettung hat ihm nicht geschadet, sondern genutzt.

Innerhalb weniger Monaten ist Freiherr Guttenberg zum beliebtesten Politiker der Republik avanciert, der selbst die Kanzlerin in den Umfragen auf die Plätze verweist. Jetzt stellt sich die Frage, wie es für ihn nach der Bundestagswahl weitergeht. Doch davon will der jugendliche CSU-Held nichts hören. Wenn er über den 27. September hinausdenke, dann nur in fachlichen Fragen, nicht jedoch, was persönliche Ambitionen betreffe.

Das Jackett hat Guttenberg längst ausgezogen. Das Hemd ist durchgeschwitzt, Schweißperlen lassen seine Stirn glänzen. Er ist in seinem Element, der Applaus der Besucher treibt ihn an. Er spricht von der "Talsohle", die erreicht sei und aus der heraus es noch ein "langer, langer Weg" sei. Und er warnt vor den "Rattenfängern", die die soziale Marktwirtschaft "beerdigen" wollen.

Er spricht von "Optimismus und Zuversicht" und von "Patriotismus", all dies dürfe man sich auch in Krisenzeiten leisten. Ihm fehle "jegliches Verständnis" für Personen, die in der Krise möglichst schlechte Nachrichten verbreiten, weil sie sich davon Wahlerfolge versprechen. "Deutschland sucht den Superpessimisten brauchen wir wirklich nicht", ruft er in die Menge.

Der Mutmacher und selbsternannte Ludwig-Erhard-Erbe geißelt die "Maßlosigkeit, Zügellosigkeit und Zockerei", die vielfach noch mit hohen Boni belohnt werde. Er verteidigt sei Veto bei Opel und seine Skepsis bei der Quelle-Rettung. "Der Staat rettet kein Unternehmen. Retten muss es sich selbst", ruft er. Das wird für diesem Abend sein bester Spruch sein.

Im Saal scheint sich niemand daran zu stören, dass auch Guttenberg die ersten Schmisse wegstecken muss. Seit zwei Wochen steht er in der Kritik. Da wurde bekannt, dass er einen kompletten Gesetzentwurf von einer externen Kanzlei hatte erarbeiten lassen und den Anwälten offenbar auch noch einen weiteren Auftrag erteilt hat. Nächste Woche muss der Minister dem Haushaltsausschuss des Bundestages Rede und Antwort stehen. Doch jetzt genießt er erst einmal den Applaus, die Rufe, das Blitzlichtgewitter der Fotografen. 2000 Leute jubeln, als habe der Star des Abends eine Goldmedaille gewonnen.

Nach einer Stunde hat Guttenberg die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt und holt immer wieder tief Luft. Von seinem Bier hat er jedoch nur einen Schluck genommen - einen kräftigen. Zum Abschied.

Dann muss Bayerns politischer Exportschlager weiter, die deutsche Marktwirtschaft retten.

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