CSU gründet Arbeitsgruppe:Scharnagl soll mehr Freiheit für Bayern erkämpfen

Wilfried Scharnagl wird Chef der neuen Arbeitsgruppe "Bayern zuerst". Der Mann aus dem Gestern der CSU soll mehr Rechte für den Freistaat herausschlagen und der Partei den Weg in die Zukunft weisen. Ist der Modernisierungsversuch des Ministerpräsidenten damit beendet?

Mike Szymanski

Wilfried Scharnagl präsentiert Buch "Bayern kann es auch allein" in München, 2012

Erst vor kurzem hat Wilfried Scharnagl sein Buch "Bayern kann es auch allein" präsentiert. Jetzt soll er die neue CSU-Arbeitsgruppe "Bayern zuerst" leiten.

(Foto: Johannes Simon)

CSU-Chef Horst Seehofer lässt das gute, alte Bayernbild seiner Partei restaurieren: ein schwerer Schinken, der zuletzt irgendwo im Keller der CSU-Landesleitung verstaubt ist. Einen ausgesprochenen Fachmann hat Seehofer für diese anspruchsvolle Aufgabe jetzt gefunden: Der langjährige Bayernkurier-Chefredakteur und Strauß-Intimus Wilfried Scharnagl, ("Scharnagl schreibt, was Strauß denkt, und Strauß denkt, was Scharnagl schreibt") soll sich mit nichts Geringerem als dem "Bayernbild schlechthin" befassen, verkündete Seehofer am Montag überraschend im Parteivorstand.

Ein großer Mann aus dem Gestern der CSU soll Seehofer nun den Weg in die Zukunft weisen. Hat Seehofer den Modernisierungsprozess seiner Partei etwa schon wieder beendet? Gehören Ausflüge seiner CSU zur Facebook-Party der Vergangenheit an, und gehört Scharnagl jetzt die Zukunft?

Gerade erst hat der 73-Jährige mit seinem Buch "Bayern kann es auch allein" ein flammendes Plädoyer für die Unabhängigkeit des Freistaats abgeliefert. In der CSU fühlen sich viele von Scharnagl in einen wunderschönen Traum mitgenommen: ein reiches Bayern, das nichts mehr abgeben muss von seinem Reichtum an arme Bundesländer. Ein stolzes Bayern, das sich aus Brüssel nichts mehr vorschreiben lassen muss. Und klar: ein schwarzes Bayern, das der CSU gehört. Bayern = CSU, wie sehr wünschen sie sich in der Partei, dass diese Formel vielleicht einmal wieder aufgeht.

Entflammt und voller Tatendrang

Auch Seehofer muss so verzückt von Scharnagls Buch gewesen sein, dass er ihm gleich eine eigene Arbeitsgruppe gezimmert hat. "Bayern zuerst" heißt sie und sie soll ausloten, an welchen Stellen sich der Freistaat, wenn auch nicht gleich die Unabhängigkeit, vielleicht aber ein paar Rechte oder Euro zurückholen kann. Scharnagl jedenfalls brennt für seine neue Aufgabe und will sich gleich die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vornehmen.

Erste Mitstreiter hat Scharnagl bereits. Der Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler soll der Arbeitsgruppe auch angehören. Gauweiler spricht gerne von "Bavarität" - dem kühlen, ungemütlichen Haus Europa setzt er sein gemütliches Bayern als "die beste Provinz der ganzen Welt" entgegen. Jetzt haben beide einen gemeinsamen Gesprächskreis.

Das ist auch schön für Seehofer - beim Parteitag vor einem Jahr, als der eigenwillige, aber im Parteivolk populäre Gauweiler mit seiner Kandidatur um einen der vier CSU-Stellvertreterposten scheiterte, versprach Seehofer, ihn stärker in der Partei einzubinden. Endlich weiß er, wie.

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