CSU: Generalsekretärin Haderthauer:Strahlefrau im Altherren-Klub

CSU-Chef Huber machte gegen parteiinterne Widerstände Christine Haderthauer zur Generalsekretärin. Die 44-Jährige hat Charme und Selbstbewusstsein - aber kaum politisches Profil.

Stefan Mayr

Manchmal trägt Christine Haderthauer sechskantige Silber-Ohrringe. Die wirken, als hätte sie in die Schraubenmutter-Box einer Fahrradwerkstatt gegriffen und nicht in das Schmuckkästchen. Meistens zieht die neue CSU-Generalsekretärin Hosenanzüge an, und auch ohne Absatzschuhe überragt sie ihren Parteichef Erwin Huber um eine halbe Kopflänge.

Die 44-jährige Anwältin mit dem stets strahlenden Lächeln gilt schon seit längerem als Hoffnungsträgerin der CSU - was aber nicht unbedingt mit ihrem politischen Profil als vielmehr mit ihrem Image zu tun hat. Haderthauer gilt als jung, attraktiv und vor allem selbstbewusst.

Ihren Parteikollegen demonstrierte sie dies gleich an ihrem ersten Arbeitstag im Münchner Maximilianeum. "Als qualifizierte Frau macht es für mich keinen Sinn, mich als achtes Mitglied im Sozialausschuss anzustellen", sagte sie 2003 als Neuling im bayerischen Landtag; damals ging es um die Besetzung der Ausschüsse. Der forsche Auftritt wirkte - die Anwältin bekam einen der begehrten Sitze im Wirtschaftsausschuss.

"Ich würde mich durchaus als unerschrocken bezeichnen", sagte Haderthauer am Dienstag. "Was Männer können, können Frauen auch, das werden Sie erleben!" An diesem Montag wird der CSU-Vorstand Hubers Wunschkandidatin absegnen - und damit geht Christine Haderthauer gleich in dreierlei Hinsicht in die Parteigeschichte ein: Noch nie zuvor gab es einen weiblichen Wadlbeißer, noch nie war dieser in Norddeutschland geboren worden und noch nie hatte er bei Amtsantritt so wenig Erfahrung und Profil wie die Ingolstädterin, die erst seit 2002 in der Politik tätig ist.

Nach einer JU-freien Kindheit und Jugend in Neumünster (Schleswig-Holstein) kam sie als Studentin nach Bayern. Im Alter von 22 Jahren trat sie der CSU bei - gemeinsam mit dem heutigen Ingolstädter Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer, den sie ein Jahr später heiratete. Danach widmete sie sich ihren zwei Kindern und dem Beruf.

Erst nachdem sie 2002 als Fachanwältin für Arbeitsrecht ihre eigene Kanzlei eröffnet hatte, trat sie politisch ernsthaft in Erscheinung. 2002 wurde Haderthauer in den Stadtrat gewählt, 2003 zog sie mit dem Direktmandat des Stimmkreises Ingolstadt-Neuburg in den Landtag ein. Heute sitzt sie im Landesvorstand der Frauen-Union und im Bezirksvorstand der CSU Oberbayern, seit 2006 ist die Juristin Vorsitzende des Fernsehausschusses des Medienrats. All dies erreichte sie durch Ausstrahlung und soziale Kompetenz.

Im Gespräch hört Haderthauer zu und geht auf ihr Gegenüber ein, ihre Reden hält sie ohne Denkpausen und Versprecher. Was ihr allerdings fehlt, ist die politische Erfahrung, ganz zu schweigen von einem Profil. Im Stadtrat Ingolstadt fällt sie nur dadurch auf, dass sie mehrmals pro Sitzung mit ihrem Handy am Ohr aus dem Saal eilt. Ihre seltenen Wortmeldungen sind nicht gerade das, was man als wegweisende Diskussionsbeiträge bezeichnen müsste.

Im Maximilianeum gilt sie sogar zuvorderst als Mitglied der geschwätzigen Störerbande von den Hinterbänken des Plenarsaals.

Mit politischen Inhalten trat Haderthauer bislang nur 2006 in Erscheinung - indem sie als Mitglied der CSU-Grundsatzkommission ihr Thesenpapier "Ohne Kinder keine Zukunft!" vorlegte. Dieses habe nach Auskunft Haderthauers das neue Grundsatzprogramm der Partei durchaus mitgeprägt. "Wir müssen die Kindererziehung vermännlichen", forderte sie, "Erziehung erhält erst dann die nötige Anerkennung, wenn sich auch die männliche Hälfte der Bevölkerung daran beteiligt." Seitdem gilt sie als große Modernisiererin.

"Die CSU muss weiblicher werden", lautet seit Jahresbeginn Haderthauers nicht ganz uneigennütziges Motto: "Die Kommunikation in der Politik ist sehr männlich ausgerichtet." Als künftige Chef-Lautsprecherin soll und will sie das Image der CSU als Altherren-Klub aufbrechen und junge Frauen an die Urnen locken - "bei den Frauen unter 40 haben wir laut Umfragen unsere größten Defizite".

Eloquente Senkrechtstarterin

Ansonsten erregte Haderthauer außerhalb der Region Ingolstadt politisch keinerlei Aufmerksamkeit. Deshalb rieten offenbar viele CSU-Kollegen von einer Nominierung Haderthauers ab, doch der neue Parteichef Huber hielt an der eloquenten Senkrechtstarterin fest.

Die Berliner CSU-Landesgruppe favorisierte die Bundestagsabgeordnete Ilse Aigner, doch Huber wollte eine Frau, die an der bayerischen Basis präsent ist und ankommt. Was vordergründig als riskant erscheint, könnte sich als cleverer Schachzug herausstellen - falls es Haderthauer wirklich schafft, als stets sympathische Strahlefrau die Wähler zu mobilisieren und mit ihrem ausgeprägten Charme das Charisma-Defizit des Parteichefs zu kompensieren.

Huber wiederum steuert dafür die Detailkompetenz bei. Vorsichtshalber hat er ihr bereits auf den Weg gegeben, sie möge sich auf Landesthemen beschränken, Bundespolitik soll Chefsache bleiben.

Bis zur Landtagswahl im Herbst 2008 hat Haderthauer zwei Möglichkeiten: Entweder sie überzeugt die Skeptiker, indem sie sich mit ihrem ausgeprägten Ehrgeiz schnell das fehlende Profil erarbeitet. Oder sie bleibt ihrer selbstbewussten und inhaltsarmen Linie treu - und lässt sich damit auf ein riskantes Experiment ein.

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