CSU-Generalsekretär Scheuer:Wohltäter mit fragwürdigen Absichten

Andreas Scheuer

"Jeder kann etwas tun": CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat mittlerweile seinen eigenen Spendenverein "Herzpartie".

(Foto: AFP)

"Jeder kann etwas tun", ist sein Motto: Andreas Scheuer spendet für die Kinderklinik, die Armenspeisung oder den Behindertensport. Wie und auf wessen Kosten sich der CSU-Generalsekretär als großzügiger Mensch einen Namen gemacht hat.

Von Mike Szymanski

Die Leute in Passau haben es gut. In der Adventszeit etwa kommt bei ihnen nicht nur der Nikolaus. Manchmal steht auch Andreas Scheuer von der CSU vor der Tür. Mal bekommt die Kinderklinik Geld von ihm, mal hat er einen Scheck für die Armenspeisung dabei. Und ein Herz hat Scheuer auch für Behindertensportgruppen. "Jeder kann etwas tun", sagt er.

Der 39-Jährige ist seit ein paar Wochen Generalsekretär der CSU. Er hat Karriere gemacht. Erst einfacher Abgeordneter, dann Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. In Passau kennen sie ihren "Andi" auch noch von einer anderen Seite. Als großzügigen Menschen. Er hat einen Spendenverein gegründet: "Herzpartie" heißt der. Und bei einer anderen Passauer Spendenorganisation, der "Euro-V.I.P-Initiative", ist er Mitglied. Für die hat er Geld aufgetrieben. Ausgerechnet bei einer Firma, mit der er in seiner Zeit als Verkehrsstaatssekretär beruflich zu tun hatte: dem Raststättenbetreiber Tank & Rast.

Scheuer und die gute Sache. Die Frage ist: Wer tut hier eigentlich wem alles einen großen Gefallen?

Burkhard Wilke, Geschäftsführer beim Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) in Berlin und Experte fürs Spendenwesen, hat sich Scheuers Engagement genauer angeschaut. Und er hat den Eindruck, dass sich "Andreas Scheuer und einige seiner Mitstreiter hier vielmehr als Botschafter in eigener Sache" engagieren. Die Zusammenarbeit mit Tank & Rast hält er für "problematisch".

Der größte Teil der Raststätten an den Autobahnen ist in der Hand des Unternehmens, das früher einmal dem Staat gehörte. Tank & Rast tritt als Verpächter auf. Allein über die Toiletten-Coupons an den Raststätten werden Millionen erlöst. Für manche Autofahrer sind die Pinkelpausen zum Aufreger geworden. 2012 wurde das ein Thema für Staatssekretär Scheuer. Er wurde vom Fernsehen um eine Stellungnahme gebeten. An Tank & Rast hatte er damals nichts auszusetzen. Im Gegenteil: "Ich bin froh, dass es dieses System gibt."

Ein problematischer Interessenkonflikt?

Zu diesem Zeitpunkt hatte Tank & Rast regelmäßig an die Euro-V.I.P-Initiative gespendet. Nach Auskunft des Unternehmens floss vier Mal Geld. Die Zahlungen beginnen im Jahr 2009, in dem Scheuer Staatssekretär wird - es sind 1000 Euro für Rollstühle. 2010 sollen 2500 Euro über den Verein an die "Passauer Tafel" gehen, 2011 gibt es einen Scheck für die Leukämie-Hilfe. 2012 unterstützt das Unternehmen abermals den Kauf von Rollstühlen. Auf seiner Internetseite stellt sich Scheuer als Geldbote da. "Den Kontakt hat der Andreas hergestellt", sagt der "Euro-V.I.P"-Vorsitzende Horst Frickinger.

Wilke sagt: "Sowohl die Zeitenfolge der offenbar geleisteten Spenden an den Verein, in dem Herr Scheuer damals engagiert war, als auch sein öffentliches Auftreten bei der Übergabe einer Tank und Rast-Spende im Jahr 2012, deuten meines Erachtens auf einen problematischen Interessenkonflikt hin, wenn Herr Scheuer zur gleichen Zeit als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium die Aufgabe hatte, die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen von Tank und Rast durchzusetzen." Ein Interessenkonflikt?

Scheuer erklärt: "Ich kenne die Firma von Anbeginn meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter aufgrund der fachlichen Diskussionen über verkehrspolitische Themen. Dabei hat es aber auch sein Bewenden." Tank & Rast teilt mit: " Dabei ging es ausschließlich um die Unterstützung der Euro-V.I.P.-Initiative e.V. und zu keiner Zeit um eine Zusammenarbeit mit Herrn Scheuer." Mit Scheuer pflege man einen "allgemein üblichen Arbeitskontakt".

"Botschafter Ihres Mitgefühls"

Inzwischen ist es ruhig um die die Euro-V.I.P-Initiative geworden. Mit dem Verein "Herzpartie" macht Scheuer seit Ende 2011 sein eigenes Ding und sammelt Geld ein. Als "Botschafter Ihres Mitgefühls" stellt sich der Verein im Internet vor. Für eine Kinderklinik in Passau hat er einen Scheck in Höhe von 4000 Euro dabei. Für die Armenspeisung im Kloster Niedernburg spendiert er 2000 Euro. Schwester Sidonia erinnert sich noch gut an die Begegnung mit dem Wohltäter, ein freundlicher Mann stand damals in ihrer Küche. "Das Geld war für Lebensmittel bestimmt", erzählt sie.

Und auch im Förderverein der Kinderklinik hörte man nur Gutes über Scheuer und seine soziale Ader. Nur wo das Geld genau herkommt, dass wissen beide nicht. Mal ist bei den Terminen "von einem großzügigen Spender aus Bayern, der ungenannt bleiben möchte" die Rede. Mal habe man das Geld einem "erfolgreichen Unternehmer in den etwas höheren Jahren" zu verdanken. Mehr erfährt man von Scheuer nicht.

Als Mitbegründer und Schatzmeister für seinen Herzpartie-Verein hat Scheuer den Unternehmer und früheren Rallyesportler Christian Geistdörfer gewonnen. Scheuer und Geistdörfer teilen eine Leidenschaft: Motorsport. Sie fahren zusammen Oldtimer-Rallyes. Geistdörfer sagt, er engagiere sich gerne für andere. Wie viel Geld er in den Verein einbringt, möchte er nicht sagen.

Scheuer kann Wünsche erfüllen

Die Zusammenarbeit mit Scheuer könnte auch aus einem anderen Grund eine gute Sache für ihn gewesen sein: Er wünschte sich leichtere Zulassungsregeln für Rallyeautos im Straßenverkehr. Auch solche Wünsche kann Scheuer offenbar erfüllen. "Auf Initiative von Christian Geistdörfer" habe es in seinem Ministerium eine Besprechung gegeben, ist auf Scheuers Homepage nachzulesen. Wenig später, Ende Oktober 2012, gilt eine neue Richtlinie. Sie fiel in Scheuers Zuständigkeitsbereich, bestätigt eine Ministeriumssprecherin.

Wieder verschwimmen Grenzen. Scheuer geht auf solche Nachfragen nicht ein. Geistdörfer erklärt, man möge seine Rolle nicht "überschätzen", er habe seinen Sachverstand als Praktiker eingebracht.

Wer sich anschaut, wer sonst noch hinter "Herzpartie" steckt, stößt auf ein Netzwerk an CSU-Politikern und deren Ehefrauen. Bei der Vereinsgründung am 10. Januar 2012 im Münchner Gasthof "Der Hufnagel" fungiert der Münchner CSU-Landtagsabgeordnete Markus Blume als Wahlleiter. Mitglied wurde er nicht, dafür aber seine Frau. Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn gehört mittlerweile dem Verein an. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl feierte er sich zweimal auf der Herzpartie-Seite als einen großzügigen Spendenüberbringer. Scheuers Verein geht auch auf Parteifreunde zu und fragt, wer in den Genuss von Spenden kommen sollte. So kommt das Kinderhospiz in Bad Grönenbach zu 2000 Euro - und der damalige Lokalpolitiker Klaus Holetschek (CSU) zum Fototermin mit Scheckübergabe.

Scheuer sucht gerade wieder Unterstützer für Herzpartie.

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