CSU-Generalsekretär Scheuer:"Show ist ihm das Wichtigste"

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer.

(Foto: dpa)

Seine Dissertation ist nach einer ersten Prüfung der Uni Prag kein Plagiat. Die unangenehmen Fragen hören für CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer trotzdem nicht auf. Nun geht es um seinen Lebenslauf. Ein Parteigenosse spricht gar von hochstaplerischen Tendenzen.

Von Frank Müller und Wolfgang Wittl

In den Umfragen zu den angesehensten Berufen rangieren Politiker für gewöhnlich am unteren Ende der Skala und Mediziner weit oben. Letzteres hat auch damit zu tun, dass Ärzte in aller Regel über einen Doktortitel verfügen. Ein Doktor genießt Vertrauen. Und "Vertrauen bestimmt Richtung". So zumindest lautet der aktuelle Slogan von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. In welche Richtung es für ihn geht, ist im Moment weiterhin offen.

Ein klares Aufwärtssignal kam am Dienstag zumindest von der Prager Karls-Universität, an der Scheuer seine Dissertation verfasst hatte. Eine erste elektronische Prüfung habe "keine Anzeichen eines Plagiats oder einer Übereinstimmung mit Internet-Quellen nachgewiesen", erklärte die Uni.

Um weitere Zweifel auszuräumen, werde die Universität aber noch die Zusammenarbeit mit dem Ombudsmann der deutschen Wissenschaft suchen, dem Bonner Juraprofessor Wolfgang Löwer. Scheuers Doktorvater Rudolf Kucera sagte dem ARD-Hörfunkstudio Prag, er habe inzwischen den Eindruck, es gehe nicht um eine sachliche Auseinandersetzung, "sondern um eine politische Kampagne".

Die setzten die Grünen am Dienstag fort. Sie verlangten eine Korrektur der "Lex Scheuer", also der Regelung, die es Scheuer erlaubt, seinen Prager Doktortitel in Bayern zu führen, weil er vor dem Jahr 2007 erworben wurde. Gegen den "Promotionstourismus von CSU-Emporkömmlingen" müsse etwas getan werden, sagte Fraktionschefin Margarete Bause.

Scheuer hatte 2004 mit einer Arbeit über "Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns" den sogenannten kleinen Doktorgrad erlangt. Die bereits vor Jahren geführte Diskussion, ob er sich auch im Rest Deutschlands zurecht als "Dr." ausgab, dürfte nach allgemeiner Einschätzung keine Auswirkungen auf seine politische Zukunft haben.

Sollte sich aber doch noch herausstellen, dass er Teile seiner Arbeit abgeschrieben hat, könnte es allerdings eng werden für den Generalsekretär, wie selbst enge Parteifreunde sagen. Dann hänge alles von Horst Seehofer ab. Der stärkt ihm bislang den Rücken, aber er sagt auch Sätze, mit denen er aus dem Schneider wäre, falls noch weitere Vorwürfe kommen: "Ich hab' jetzt für Spekulationen nach dem, was ich persönlich weiß, keinen Anlass." Der Satz ist ein Notausgang für den Fall des Falles.

Vergangenheit, Charakter und Ambitionen

In der Partei wird sehr viel geredet über den 39-Jährigen, über Vergangenheit, Charakter und Ambitionen. Mehr sein zu wollen, als man wirklich ist - diese Einschätzung kommt häufig. "Show ist ihm das Wichtigste", sagt einer mit viel Einfluss, der ihn seit langem aus der Nähe kennt. Viele Wegbegleiter bescheinigen Scheuer nicht nur politisches Talent, sondern auch die Fähigkeit, sich in Szene zu setzen.

Wenig angenehm ist es für den Generalsekretär, dass nun auch sein Lebenslauf genauer angesehen wird. So hat sich Scheuer nach seinem Studium etwa als "selbständiger Unternehmer" bezeichnet. Auch in seiner Heimat Passau rätselten die Menschen, worin diese Tätigkeit eigentlich bestanden habe.

Am Dienstagnachmittag stellte Scheuer dann auf eine Anfrage der SZ klar, es habe sich um "eine Firma für Politik- und Wahlkampfberatung sowie für Seminare, Schulungen und Tagungen" gehandelt. Die habe er im Jahr 2001 gegründet, inzwischen sei sie nicht mehr aktiv. Scheuer hatte damals auch ein Gewerbe als Hausmeister-Service und Immobilienabrechnung angemeldet, dieses aber laut eigener Auskunft nicht ausgeübt.

Bislang hatte Scheuer solche Fragen eher mürrisch abgewehrt. Diese seien schon "bemerkenswert", sagte Scheuer am Montag vor der Sitzung des CSU-Vorstands. "Ich glaube, es gibt auch nur einen Berufsstand, der sich als Existenzgründer dann später nach zehn Jahren rechtfertigen muss - der des Politikers."

Manchmal fast sogar "hochstaplerisch"

In seiner Stellungnahme gibt Scheuer nun auch erstmals Auskunft über Details seiner im Lebenslauf ebenfalls angeführten Tätigkeit als "Mitarbeiter von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber" in den Jahren 1998 und 1999. "Zu meinem Aufgabenbereich gehörte die Terminvorbereitung, die Termindurchführung und die persönliche Terminbegleitung der Wahlkampfauftritte von Edmund Stoiber sowie die Kampagnenplanung in der CSU-Landesleitung", schreibt Scheuer.

Stoibers Büro bestätigte dies. Scheuer sei in den damaligen Wahlkämpfen für ihn in der CSU-Landesleitung tätig gewesen und habe die Touren mit dem Wahlkampfbus organisiert. Ganz anders redet Scheuers Vorgänger als Bundestagsabgeordneter, Klaus Rose, über ihn: Er wisse nur von einem Praktikum bei Stoiber.

Anders als Stoiber, für den Scheuer einst sogar auf der Zugspitze demonstrierte, ist Rose nicht gut auf Scheuer zu sprechen. Er hatte ihm in einer Kampfabstimmung einst die Direktkandidatur abgenommen. "Selbstbewusst war er schon immer", sagt Rose, manchmal fast sogar "hochstaplerisch".

Bei seinen niederbayerischen Parteifreunden ist Scheuer unangefochten. In einer Vorstandssitzung sei der Fall kein Thema gewesen, berichtet ein Teilnehmer. Nicht einmal in den Pausen sei getuschelt worden. Doch auch seine Freunde wissen: Scheuers Zukunft entscheidet sich nicht in Passau, sondern in München. Oder Prag.

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