CSU gegen FDP:Szenen einer Wunschkoalition

Querschießen oder kooperieren: Die CSU streitet über den Umgang mit der FDP - Innenminister Herrmann warnt gar vor einem "Dauerkrieg".

Christian Sebald und Mike Szymanski

Vor dem Hintergrund rapide fallender Umfragewerte für die Union ist in der CSU ein Streit über den künftigen Umgang mit dem Koalitionspartner FDP entbrannt. CSU-Präsidiumsmitglied und Innenminister Joachim Herrmann forderte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung seine Partei dazu auf, die ständigen Angriffe auf den Koalitionspartner in Berlin und München einzustellen. "Ein Dauerkrieg mit der FDP führt offensichtlich nicht zum Erfolg", sagte Herrmann. "Es macht keinen Sinn, wenn der Ton gegen den Koalitionspartner teilweise härter und rauer ist als der gegenüber der Linkspartei."

CSU gegen FDP: "Überhaupt nicht schön" - so beschreibt Parteichef Seehofer die derzeitigen Umfragewerte. Sein Koalitionspartner Martin Zeil von der FDP würde mit seiner Partei glatt den Einzug ins Parlament verpassen.

"Überhaupt nicht schön" - so beschreibt Parteichef Seehofer die derzeitigen Umfragewerte. Sein Koalitionspartner Martin Zeil von der FDP würde mit seiner Partei glatt den Einzug ins Parlament verpassen.

(Foto: dpa)

Dagegen argumentiert der Europaabgeordnete Markus Ferber, der ebenfalls dem Präsidium angehört: "Profillosigkeit ist kein Markenzeichen der CSU." Er hält es für richtig, dass die CSU auch weiterhin gegen die FDP Stellung bezieht, wenn es darum geht, bayerische Interessen zu vertreten. Das ist die Position, die auch Horst Seehofer vertritt. "Wir wollen Wähler, die wir in der Vergangenheit an die FDP verloren haben, zurückgewinnen", sagte Ferber weiter. Maßgeblich für die CSU seien keine Stimmungsbilder aus dem Jahr 2010, sondern die Landtags- und Bundestagswahlen im Jahr 2013. Man verfolge einen Ansatz, "der langen Atem verlangt", sagte Ferber. Für beide Positionen finden sich Unterstützer in der Parteispitze.

Ausgelöst hat die Diskussion eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, wonach die Union bundesweit nur noch auf 30 Prozent käme und die FDP den Einzug ins Parlament mit vier Prozent verpassen würde. Bei diesen schlechten Werten haben die Christsozialen, die erfahrungsgemäß besser abschneiden als die Union im Bund, Zweifel, ob sie derzeit überhaupt die Marke von 40 Prozent in Bayern erreichen würden. Auch Parteichef Seehofer teilt diese Sorge. "Wir müssen deutlich zulegen", sagte er am Donnerstag. Die Situation sei "überhaupt nicht schön". An einer Ursachenforschung, die in der Vergangenheit ausgiebig betrieben worden sei, wolle er sich aber nicht beteiligen.

Für die Liberalen steht fest, wer Schuld an dem Ansehensverlust der schwarz-gelben Koalition in der Bevölkerung hat. Seehofer und seine CSU. Zuletzt hatte die CSU die Liberalen wiederholt provoziert und etwa in Bayern die Hausärzte gegen FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler aufgebracht. Bayerns FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der SZ, die Umfrageergebnisse sollten alle Regierungspartner nachdenklich machen. Sie appellierte an die CSU, die "Sommerpause zu nutzen, um ihre Strategie zu überdenken".

Zumindest davon war am Donnerstag noch nichts zu spüren. Als Gastredner beim Städtetag in Straubing setzte sich Seehofer für den Erhalt der Gewerbesteuer als Einnahmequelle für die Kommunen ein und verärgerte damit die FDP. Die Liberalen stellten umgehend klar, dass Seehofer nicht im Alleingang die Haltung des Freistaats zur Gewerbesteuer bestimmen könne.

Für weiteren Streit sorgte Justizministerin Beate Merk. Nach dem Missbrauchsskandal auf der Insel Ameland hat die CSU-Politikerin ihrer Berliner Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger Untätigkeit vorgeworfen. "Wenn man sich ansieht, welche Folgen der Konsum von schädlichen Videos haben kann, ist die Laissez-faire-Politik der FDP bei Kinderpornos im Netz grob fahrlässig", sagte die stellvertretende CSU-Vorsitzende. Leutheusser-Schnarrenberger nannte die Kritik "wenig hilfreich".

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