Süddeutsche Zeitung

CSU-Parteitag zur Frauenquote:Söders erste schwere Schlappe als Parteichef

  • Jünger, digitaler und weiblicher wollte Parteichef Markus Söder seine CSU auf dem Parteitag machen.
  • In der Debatte in der Münchner Olympiahalle lehnen aber viele Delegierte eine verpflichtende Ausweitung der Frauenquote ab.
  • Im letztendlich beschlossenen Kompromiss sind die Frauenquoten nur noch in Soll-Formulierungen vorhanden.

Von Wolfgang Wittl

Es ist fünf vor Zwölf, als Markus Söder am Samstag auf die Bühne stürmt. Er hat schon einige Zeit genervt mit den Händen gefuchtelt, bis ihn die Sitzungsleitung wahrgenommen hat. Jetzt also ist Söder endlich an der Reihe. Doch auch er kann nicht mehr retten, was nicht zu retten ist. Es ist seine erste schwere Niederlage als Parteichef.

Jünger, digitaler und weiblicher sollte seine CSU nach diesem Parteitag werden, monatelang hatte eine Reformkommission erbittert um einen Kompromiss gerungen. Doch der fliegt Söder und dem gesamten Parteivorstand gerade um die Ohren. Ausgerechnet am Punkt "weiblicher" scheitert dieser Leitantrag.

Gute zwei Stunden debattiert der Parteitag über die Frauenquote, dann zieht Söder die Notbremse. Erst am Montag hatte der Parteivorstand einstimmig beschlossen, dass die Frauenquote ausgeweitet werden soll. Die Delegierten lassen sich davon nicht beeindrucken. Nach und nach stehen sie auf und sprechen dagegen. Nicht nur Männer, auch Frauen.

Die Gegner lehnen die Quoten aus mehreren Gründen ab: Den Frauen stünden in der CSU auch so alle Türen offen. Eine Quote sei undemokratisch. Andere Geschlechter würden durch eine Frauenquote diskriminiert. Nur wenn die Besten - egal ob Mann oder Frau - an der Spitze stünden, habe die CSU auch eine Chance bei den Wählern.

Söder wirft seine größten Kaliber in die Schlacht

Söder schickt im Gegenzug seine engsten Vertrauten und die größten Kaliber der Partei in die Redeschlacht. Finanzminister Albert Füracker, Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Staatskanzleichef Florian Herrmann. Vize-Generalsekretär Florian Hahn, die frühere Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Parteivize Manfred Weber und sogar Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die eigentlich selbst eine Quoten-Skeptikerin ist. Auch sie können nicht verhindern, dass die Stimmung kippt. "Wir führen eine mega-gute Debatte", ruft ein Kritiker: "Ich finde es einen Wahnsinn, dass jetzt die Hälfte des Parteivorstands eingreift. Lasst euch nicht beeinflussen, stimmt nach eurem Gewissen."

Zu diesem Zeitpunkt steckt Söder bereits die Köpfe mit seinem Führungsstab zusammen. Es wird der Kompromiss des Kompromisses vorbereitet, den Ulrike Scharf, die Vorsitzende der Frauen-Union, vortragen darf. Auf 40 Prozent sollte die Quote in Kreisvorständen ausgeweitet werden, für den engeren Vorstand sogar auf 50 Prozent. Bislang zählte die 40-Prozent-Quote nur auf Landes- und Bezirksebene. Nun, so schlägt Scharf vor, sollen die Änderungen nicht mehr verpflichtend vorgeschrieben, sondern durch eine Soll-Formulierung ersetzt werden. Die geplante Doppelmitgliedschaft für Frauen in CSU und Frauen-Union soll sogar um zwei Jahre verschoben werden. "Es geht uns um den Gesamterfolg der Partei", sagt Scharf. Auch die Junge Union - ohnehin quotenkritisch - trägt die Neuerung mit, wie ihr Chef Christian Doleschal erklärt. Die JU-Stellvertreterposten in Bezirks- und Kreisvorständen unterliegen nun ebenfalls einer "Soll-Bestimmung".

Söder warnt vor einem Akzeptanzverlust

Söder dankt Scharf für ihre Kompromissbereitschaft, nicht ohne die Gegner zu attackieren. Man könne schon, drei, vier Jahre so weitermachen. "Aber dann werdet ihr erleben, dass uns die Akzeptanz fehlt." Es brauche dann niemand zum Parteivorstand zu kommen und sich zu beschweren, dass man keine Wahlen gewinne. "Würden wir einen Schritt zurückgehen", wie es mancher fordert, "dann wäre das ein Schlag ins Gesicht vieler Frauen", ruft Söder. "Das wirft uns um Jahre zurück!" Deshalb müsse man die Brechstange einpacken und Brücken bauen.

Der neue Kompromiss wird mit großer Mehrheit angenommen. "Damit haben wir schweres Stück Arbeit doch noch zu einem guten Ende gebracht. Vielen Dank dafür", sagt Generalsekretär Markus Blume. Es ist jetzt halb eins. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wartet bereits seit einer Stunde auf ihren Auftritt.

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