CSU-Fraktion in Banz:Angst vor dem Schwarzen Peter

Die CSU-Fraktion ist sich einig: Es muss dringend gespart werden. Vorschläge sollen aber lieber die Minister machen.

Katja Auer

Die jungen Bläser vom Nordbayerischen Musikbund mühen sich redlich. Mindestens dreimal haben sie jetzt schon "Freude schöner Götterfunken" vor der großen Freitreppe von Kloster Banz gespielt, das Repertoire ist noch nicht so umfangreich, und die Abgeordneten klatschen freundlich. Gerade ist der Ministerpräsident dazugekommen, da spielen sie Beethovens Ode an die Freude halt noch mal.

CSU-Fraktion - Herbstklausur

Die CSU-Landtagsfraktion bei der Herbstklausur: Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (Mitte) berät in Kloster Banz  mit dem Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid (links) und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Karl Freller (rechts) über Sparpläne.

(Foto: dpa)

Der Würzburger Abgeordnete Manfred Ländner hat die Musiker eingeladen, er ist deren Präsident. "Wir machen einen Positiv-Demo, damit wir nächstes Jahr wieder unsere Zuschüsse kriegen", sagt er. Nein, nein, nur ein Scherz, er will zeigen, was die Musikförderung bewirkt. Schon nach einem Jahr üben. Aber trotzdem: "Ich gehe davon aus, dass wir bei Jugend und Musik nicht sparen", sagt Ländner.

Ein Paradebeispiel. Es soll eine Sparklausur werden, das erste Treffen der Parlamentarier nach der langen Sommerpause. Aber weh tun soll es nicht.

Der Haushalt steht auf dem Programm, und Ministerpräsident Horst Seehofer hat längst die Losung ausgegeben, dass eine Neuverschuldung nicht infrage kommt. Er hat es ein wenig so aussehen lassen, als habe er die FDP auf die richtige Spur gesetzt - obwohl die Liberalen selbst schon ihre Sparvorschläge unterbreitet hatten. Seine "sehr persönliche Sache" sei das, sagte Seehofer, und dafür werde er kämpfen wie ein Löwe. Richtig so, meint Wilfried Scharnagl, der alte Strauß-Vertraute. "Politik ist Führung und Richtungserklärung", sagt der frühere Bayernkurier-Chef.

Aber ganz einmütig geht die Sparerei doch nicht vonstatten. Der Fraktionsvorstand unterstützt zwar Seehofers Sparpläne, am Montagabend wurde ein offizieller Beschluss gefasst. Mit zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Dabei ging es den Gegnern gar nicht darum, neue Schulden zu machen. Vielmehr geht es ums Verfahren. Es ist die Angst vor dem Schwarzen Peter.

"Es geht nicht ohne sparen"

Warum sollte die Fraktion jetzt beschließen, einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen, wenn doch zunächst die Minister ihre Sparvorschläge machen müssten, lautet das Argument der Kritiker. Die sind jetzt gefordert. Die Fraktion will ein Sparkonzept. "Die Aufgabe trifft jedes Ressort", sagt Fraktionschef Georg Schmid.

Aber die Minister streiten so lange wie möglich um jeden Cent. Kürzlich ließen sie Finanzminister Georg Fahrenschon abblitzen, als der um Sparvorschläge bat. Ganz normal sei das, erklärt Seehofer, das habe er als Bundesminister auch immer so gemacht. Als er am Dienstag nach der Kabinettsitzung wieder in Banz ankommt, ist er dennoch zuversichtlich, dass die Minister seinen Sparwünschen folgen werden.

"Es geht nicht ohne sparen", sagt er, und Finanzminister Fahrenschon spricht von einer besonderen Verantwortung. Um im laufenden Jahr noch ein bisschen Geld rauszuholen, plant er, die Haushaltssperren zu erhöhen. Das bedeutet: Geld, das bereits eingeplant ist, darf nicht ausgegeben werden.

Erinnerung an sparsame Zeiten

Die Kabinettskollegen lassen wissen, dass man erstmal diskutieren werde. Drei Prozent sollen quer durch die Ressorts eingespart werden, 1,3 Milliarden Euro insgesamt. Dazu ein "Block im Personalbereich", wie es Fahrenschon nennt, von weiteren 500 Millionen Euro war dabei schon die Rede.

Kultusstaatssekretär Marcel Huber erklärt, um den Etat seines Hauses kämpfen zu wollen. Und Sozialministerin Christine Haderthauer wird sarkastisch. Bei ihr im Hause rauchten schon die Köpfe, wie man die mutigen Abgeordneten unterstützen könne bei ihren Sparplänen. Und die seien dann hoffentlich genauso mutig, wenn sie ihre Einsparungen draußen bei den Leuten verteidigen müssten. "Das haben wir alles schon mal gehabt", sagt sie.

Daran, an die sparsamen Zeiten unter Edmund Stoiber erinnern sich viele Abgeordnete. Deswegen wollen zwar die meisten Parlamentarier den Haushalt ohne neue Schulden. Aber wenn es konkret wird, beginnt der Widerstand. Genug Geld für Musik und Jugend, fordert Ländner mit seiner Positiv-Demo. Das garantiert Fraktionschef Schmid gleich mal, der erklärt, gar keine freiwilligen Leistungen streichen zu wollen. "Das bringe ich nicht übers Herz", sagt er.

Keinesfalls Abstriche bei Städtebauförderung und Dorferneuerung, sagt der Bayreuther Walter Nadler. Und genügend Geld für die Bildung, fordern sie fast alle. "Nicht den Rotstift um des Rotstift willens", erklärt Ländner seine Haltung. Gerade am Kleinkram dürfe man nicht sparen, da rege man nur die Leute auf.

"Intelligent sparen"

Für andere ist der ausgeglichene Haushalt die Grundlage allen politischen Handelns. "Intelligent sparen", heißt die Zauberformel. Haushälterin Gertraud Goderbauer ist "restlos überzeugt", dass sich das machen lässt. Immerhin hat der bayerische Etat 2010 ein Rekordvolumen von 42,3 Milliarden Euro, und es müsse doch möglich sein, die Ausgaben auf diesem Niveau einzufrieren. In den vergangenen Jahren seien viele Baumaßnahmen angestoßen worden, sagt Goderbauer, außerdem sei die Wirtschaft in der Krise unterstützt worden. "Jetzt müssen wir eben eine Pause machen."

Eine grundsätzliche Debatte darüber, was der Staat tun muss und was nicht, wünscht sich Fraktionsvize Alexander König. Viele freiwillige Ausgaben der vergangenen guten Jahre könne man sich eben nicht mehr leisten, wenn die Pflichtaufgaben darunter litten. Bildungsexperte Bernd Sibler wünscht sich Symbolpolitik. Prioritäten setzen. Ruhig mal den Neujahrsempfang ausfallen lassen, schlägt er vor.

Die jungen Musiker spielen noch. Das passt zur Stimmung, wie der strahlend blaue Himmel über Oberfranken. Nach dem Urlaub sind die Abgeordneten guter Dinge. Trotz Sparkurs. Trotz schlechter Umfragen. Gerhard Wägemann auch. "Jetzt hoffe ich bloß, dass bei uns auch mal wieder die Musik spielt", sagt er.

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