Süddeutsche Zeitung

CSU, FDP und die Energiewende:Die Basis muss entscheiden

Bayerns Regierungskoalition will raus aus der Atomkraft. Aber wie soll die Energiewende konkret aussehen? CSU und FDP suchen nun den Rückhalt der Basis.

Annette Ramelsberger und Mike Szymanski

Die Regierungsparteien CSU und FDP wollen ihre Mitglieder auf die Energiewende einschwören. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will die FDP auf dem Landesparteitag an diesem Wochenende in Amberg die Delegierten über Grundzüge der Energiewende abstimmen lassen.

Auch in der CSU gibt es Bestrebungen, sich Rückhalt für den Kurswechsel in der Atompolitik an der Basis zu holen. Manfred Weber, Europaabgeordneter und Chef der Grundsatzkommission, plant eine Mitgliederbefragung zum geplanten Atomausstieg. Unterdessen musste sich die Staatsregierung zum Auftakt der Haushaltsberatungen im Landtag bei der Generaldebatte mangelnde Glaubwürdigkeit und fehlende Verlässlichkeit vorwerfen lassen.

Die Bayern-FDP will bereits an diesem Wochenende Abschied von der alten Atompolitik nehmen. In einem Leitantrag zur Energiewende, der der SZ vorliegt, und über den die Delegierten entscheiden sollen, wird gefordert, den Altmeiler Isar 1 bei Landshut für immer vom Netz zu nehmen. "Isar 1 soll endgültig abgeschaltet bleiben", heißt es im Antrag. "Der Bundesgesetzgeber wird aufgefordert, dafür notfalls die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen."

Deutlich distanzieren sich die Liberalen von der bisherigen Energiepolitik. Insgesamt seien im "Lichte der schrecklichen Ereignisse im Kernkraftwerk Fukushima die Risiken der Kernkraft neu zu bewerten". Der Ausstieg aus der Kernenergie "muss gegenüber den im geltenden Atomgesetz festgelegten Laufzeiten erheblich beschleunigt werden", fordern die Liberalen. Ein konkretes Datum liefern sie aber nicht.

Um zum Beispiel die Klimaschutzziele zu erreichen und der Wirtschaft günstigen Strom zu garantieren, würden die Atomkraftwerke "noch für eine bestimmte Zeit" gebraucht. Den Anteil vom Ökostrom will die FDP aber bis zum Jahr 2025 von jetzt 26 Prozent auf über 40 Prozent steigern.

Konkret wird die FDP bei der Sicherheit der Atomkraftwerke. Militärflüge über atomare Anlagen will sie verbieten. "Atomkraftwerke und Zwischenlager dürfen nicht im Korridor militärischer Übungsflüge sein", fordert sie. Erst im Dezember hatten Übungsflüge von US-Kampfjets in unmittelbarer Nähe des unterfränkischen Atomkraftwerks Grafenrheinfeld die Bevölkerung in Angst versetzt.

Bayerns FDP-Generalsekretärin, Miriam Gruß, sagte der SZ: "Im Gegensatz zu manchem medialen Schnellschuss von Umweltminister Markus Söder beraten wir am Wochenende nachhaltige und konkrete Maßnahmen." Die FDP wolle "vor allem die notwendigen Netze und Stromspeicher ausbauen, um die erneuerbaren Energien dann auch wirklich besser nutzen zu können", wie sie erklärte. "Wir nutzen den Parteitag, um mit den Mitgliedern darüber zu diskutieren."

Auch in der CSU soll diskutiert werden - und zwar nicht nur im Parteivorstand, der sich am 21. Mai in Andechs mit Kanzlerin Angela Merkel zum Energiegipfel trifft. Sondern vor allem an der Basis. Der Chef der CSU-Grundsatzkommission, Manfred Weber, sagte der SZ, ein Mitgliederentscheid könne der Atomwende in der CSU mehr Rückhalt geben. Er sei für einen breiten Dialog in der Partei, der durch solch einen Mitgliederentscheid dann im Konsens beendet werden könnte.

Sowohl der CSU-Parteivorstand als auch andere CSU-Verbände könnten ihre Vorschläge für die Energiepolitik der Partei den Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen. "Ein solches Votum könnte auch die Haltung des Parteivorstands untermauern und zeigen, dass die CSU glaubhaft zur Energiewende steht", sagt Weber.

Denn immerhin würde eine solche Entscheidung zum Ausstieg aus der Atomkraft auch eine Änderung des CSU-Grundsatzprogramms notwendig machen, in der das Bekenntnis zur Atomkraft bisher festgeschrieben ist. Nach Webers Vorstellung könnte der Entscheid bereits im Juni erfolgen.

Bei der Generaldebatte im Landtag warf SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher der Regierung Orientierungslosigkeit und blanken Populismus vor. "Sie, Herr Seehofer, Sie ganz persönlich waren eine treibende Kraft für die Verlängerung der Atomlaufzeiten."

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SZ vom 06.04.2011/tob
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