Regieren im Freistaat:Bayern verdient die Erb-Demokratie

Regieren im Freistaat: Eine Regierung ohne CSU? Daran können sich in Bayern nur noch wenige erinnern.

Eine Regierung ohne CSU? Daran können sich in Bayern nur noch wenige erinnern.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

So langsam sterben die Letzten aus, die noch eine Regierung im Freistaat kannten, an der die CSU nicht beteiligt war. Deshalb hier eine Alternative zum neuen Wahlrecht: die Erb-Demokratie.

Glosse von Franz Kotteder

Je älter man wird, desto mehr schätzt man eine lebhafte Demokratie. Gut: vielleicht nicht, wenn man zum ersten Mal die Wahlbenachrichtigung für den Seniorenbeirat bekommt, schließlich war man erst gestern noch 35. Aber so generell. Und speziell in Bayern hat man ohnehin einen festen Anker gegen all die Unwägbarkeiten, die andere Landstriche heimsuchen: die CSU. Es sterben jetzt so langsam die Letzten aus, die noch eine Regierung kannten in diesem Land, an der die CSU nicht beteiligt war.

Sie können eines bestätigen: Im Grunde ändert sich nichts. Es teilt sich halt nur alles ein bisschen anders auf, im Laufe der Jahrzehnte. Was der CSU heute an Prozenten fehlt, steuert inzwischen eine Neben-CSU bei, die sich Freie Wähler nennt. Die wählt ihren Vorsitzenden so stramm einstimmig, wie es das selbst in der CSU noch nie gab.

Und er gibt sich Mühe, die erwünschten Ergebnisse zu liefern. Die sind: Der Maschinen-Ring muss funktionieren, und einer muss "den gselchten Affen" (Lion Feuchtwanger) und den anderen linksgrünen Spinnern sagen, was man wirklich von ihnen hält. Die eigentliche CSU kriegt das ja nicht mehr so hin. Außer vielleicht in Bamberg, wo ein CSU-Ortsverband gerade gegen ein neues Einwanderungsrecht, Transsexuelle und Frauen in der Politik stänkert, weil das "begründete Sorgen aus unserer Mitte" ausdrücke. Da sagt halt einer, was die Leute so denken.

Wobei "denken" der falsche Begriff ist, "dumpf vor sich hinfühlen" wäre wohl der richtige. Kann es übrigens auch sein, dass "die Leute" manchmal bloß ein furchtbares Gesindel sind? Und will man überhaupt, dass die irgendjemand vertritt?

Mit der CSU wird das schwierig, so scheint's. Jedenfalls hat man dort nicht mal mehr "begründete Sorgen" gegen schwule Abgeordnete in den eigenen Reihen. Vielleicht hat man auch bei der Aufstellungsversammlung einfach nichts geahnt. Und jetzt ist's halt einmal schon so. Desto wichtiger ist es, an anderen Errungenschaften festzuhalten.

Zwei Beispiele: Wer unter 40 ist, soll nicht Ministerpräsidentin werden, sondern sich schämen, dass sie so jung ist, und eine Fünf-Prozent-Hürde für den Bund hat in Bayern nichts verloren. Noch besser wäre übrigens eine Art Erb-Demokratie: Die Partei, die schon immer gewählt wurde, soll auch in Zukunft direkt in den Bundestag einziehen. Ein paar Hundert Stimmen hin oder her sind nicht so wichtig. Denn das lehrt die Erfahrung: In Bayern bleibt eh alles wie immer.

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