CSU:Der ewige Kultusminister

85. Geburtstag von Hans Maier

Hans Maier ist einer der letzten großen Liberalen in der CSU. Er legt sich auch mit Horst Seehofer an.

(Foto: dpa)

Hans Maier feiert seinen 85. Geburtstag

Von Wolfgang Wittl

In den vergangenen Tagen war fast wieder alles wie in alten Zeiten, sogar die Wortwahl erinnerte an früher. Hans Maier hat es ja mal gewagt, den CSU-Übervater Franz Josef Strauß als hochbegabten Menschen zu loben, dem jedoch die Selbstbeherrschung gefehlt habe. Daher habe Strauß nie eine Chance gehabt, Bundeskanzler zu werden. Jetzt würdigte Maier auch Edmund Stoiber als hochbegabten Mann, der aber manchmal so unkontrolliert sei, dass er ihn an Strauß erinnere. "Wer im Alter schon nicht weise wird, sollte wenigstens ruhiger werden", mahnt Maier. Auch wenn Stoiber seine Allmacht in der CSU längst verloren hat: So über den Ehrenvorsitzenden zu sprechen, das trauen sich nicht viele.

Hans Maier äußert sich nur noch selten zur Politik. Wenn er es aber macht, wie vor seinem 85. Geburtstag, den er an diesem Samstag mit seiner Familie feiert, hören die Menschen immer noch hin. Die Erinnerungen an ihn sind dann vermutlich sehr unterschiedlich. Die einen hören den früheren Politiker sprechen, der 16 Jahre bayerischer Kultusminister war. Andere den gelehrten Wissenschaftler und Publizisten, der zahlreiche kluge Schriften veröffentlichte. Die nächsten den gläubigen Christen, der zwölf Jahre als Präsident an der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken stand. Und wieder andere hörten ihn vielleicht am liebsten, wenn er als Kirchenmusiker virtuos die Orgel spielte.

Die größte Aufmerksamkeit freilich erwarb sich Maier als Politiker. 1970 trat er als Kultusminister in das Kabinett von Alfons Goppel ein, obwohl er der CSU noch gar nicht angehörte. Sein Staunen wich schnell der Erkenntnis, dass sein Job in der Partei nicht sehr gefragt war. Das Kultusministerium galt als Himmelfahrtskommando, der unabhängige Kopf Maier aber machte etwas daraus. Auch heute wünsche er sich in der CSU mehr Quereinsteiger, sagt der gebürtige Freiburger, zu viel Konformität schade der Partei.

Als Strauß 1978 als Ministerpräsident nach Bayern heimkehrte, bot Maier ihm als einer von wenigen die Stirn. Gegen den Willen des CSU-Chefs setzte er etwa Michael Petzet als obersten Denkmalpfleger durch. Schon als Strauß 1976 an die Trennung von der CDU gedacht hatte, widersprach Maier energisch. Darauf sei er heute noch stolz, sagt er. Seine Arbeit als Politiker sah Maier immer zeitlich begrenzt, der feudale Stil am Hofe von Strauß blieb ihm fremd. So war er der einzige Minister, der sich bei der Hochzeit von Strauß-Tochter Monika nicht in einer Kutsche über den Marienplatz fahren ließ, obwohl der Chef das wünschte. Das Kabinett verließ Maier, weil Strauß 1986 sein Ministerium teilen ließ. Der Rücktritt war ein Ereignis: Die SZ verfasste darüber eine Seite Drei, anderen Zeitungen war er ganzseitige Umfragen wert.

Auch in der Kirche bewahrte sich der liberale Maier seine Freiheit gegenüber Autoritäten. Mit Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt, schrieb er einst Bücher, später entzweiten sich beide. Über den Glaubenspräfekten Gerhard Ludwig Müller, der Maier als Regensburger Bischof ein Auftrittsverbot in Kirchenräumen erteilte, sagt er: "Ein guter Wissenschaftler ist noch kein guter Seelsorger."

Maiers jüngster Tadel an Stoiber beruht auf "regelrechten Attacken" der CSU gegen Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik. "Übel behandelt" habe man die Kanzlerin, das habe er Parteichef Horst Seehofer in einem deutlichen Brief geschrieben. Seehofer rief ihn an, "ein längeres, sachliches Gespräch", wie Maier sagt. Dass er nachgab, sollte man nicht erwarten.

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