Süddeutsche Zeitung

CSU-Chef Seehofer zu Kritik an seinem Führungsstil:"Erwin Huber wollte mich nie"

Feige CSU, überdominanter Seehofer: Nach der Niederlage bei der Europawahl kritisiert der ehemalige Parteichef Erwin Huber den bayerischen Ministerpräsidenten mit deutlichen Worten. Und Horst Seehofer? Der gibt sich stur.

Von Mike Szymanski

Nach der desaströsen Niederlage bei der Europawahl hat der frühere CSU-Vorsitzende Erwin Huber die Debatte über die Nachfolge des jetzigen Parteichefs Horst Seehofer neu entfacht. Im Interview mit dem Magazin Der Spiegel warf Huber Seehofer vor, die Partei im "Stil des 19. Jahrhunderts" zu führen - einem Stil, der auf "Befehl und Gehorsam" basiere. Huber verstärkte den Druck auf Seehofer, seine Nachfolge früher als vorgesehen zu regeln. Die CSU müsse die "Weichen stellen für die Zeit nach Seehofer", erklärte Huber. Seehofer habe diese Übergangsphase zu gestalten, "aber nicht allein nach seiner persönlichen Lebensplanung". Spätestens zur Bundestagswahl 2017 müsse "die neue Mannschaft stehen". Seehofer will sich durch die Kritik von Huber nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er sagte am Sonntag der Süddeutschen Zeitung: "Der Erwin Huber wollte mich nie. Er will mich nicht."

Das Verhältnis zwischen Seehofer und Huber gilt seit langer Zeit als zerrüttet. Im Machtkampf um den Parteivorsitz nach dem Stoiber-Sturz war Seehofer Huber noch unterlegen. Ein Jahr später, bei der Landtagswahl 2008, hatte Huber den Verlust der Alleinregierung zu verantworten. Seehofer blieb auf Distanz zu dem Wahlverlierer. Jetzt, nach der Schlappe bei der Europawahl, als die CSU nur noch auf 40,5 Prozent der Stimmen kam, ist Huber der erste Spitzenpolitiker in der Partei, der offen Kritik an Horst Seehofer übt und seine Ablösung befeuert.

Seehofer erklärte, für ihn komme die Kritik von Huber "erwartungsgemäß". Mehr wolle er dazu nicht sagen. Huber dagegen schilderte ausführlich, was ihm an Seehofer nicht passt. "Wir müssen die Partei inhaltlich weiterentwickeln. Geradlinigkeit und Verlässlichkeit müssen zurückkehren", erklärte Huber. Anstatt Teamgeist zu pflegen, würde man sich "dem Diktat von oben unterwerfen". Seehofer sei "sein Leben lang ein Einzelkämpfer" gewesen. Nach dessen Politikstil gefragt, antwortete Huber: "Er will bewundert werden." Die CSU müsse aber eine Politik verfolgen, die sich nicht danach ausrichte, was "Beifall bringt". "Die CSU sehnt sich nach Klarheit, Weitsicht und Standfestigkeit."

Huber sieht eine Mitschuld bei sich und seine Parteikollegen, dass Seehofer überhaupt so mächtig in der Partei werden konnte. "Es ist die Feigheit von vielen, die Seehofer so überdominant werden ließ." Aus Sicht von Huber, der dem Parteivorstand angehört, dürften die Erfolge bei der Landtags- und Bundestagswahl nicht darüber hinwegtäuschen, dass "die Bindungskraft der CSU in zehn Jahren dramatisch abgenommen" habe.

In der Nachfolgedebatte spricht sich Huber deutlich für eine Doppelspitze aus: "Wir haben fast sechs Jahre die Macht in einer Hand konzentriert, da ist überlegenswert, die Spitzenämter wieder auf zwei Leute zu verteilen." So könne auch die "Bandbreite einer modernen Volkspartei" besser abgebildet werden. Seehofer lehnt das strikt ab. Ginge es nach Huber, könnte die CSU vor der Bundestagswahl 2017 bereits einen neuen Parteichef wählen und vor der Landtagswahl 2018 bestimmen, wer für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert.

Auf Personen wollte er sich nicht festlegen. Finanzminister Markus Söder sieht er noch in einer "Bewährungsphase". Dessen Rivalin Ilse Aigner, die nach dem Wechsel in die Landespolitik einen Holperstart hingelegt hatte, hat er noch nicht abgeschrieben. "Heute ist nichts entschieden", sagte Huber dem Spiegel. Falls es keine Einigung geben sollte, könnte die Partei auch per "Mitgliederentscheid" eingebunden werden.

Diese Idee hatte Seehofer selbst schon vorgetragen. Seehofer erklärte hierzu, er bleibe dabei, "auf absehbare Zeit zur Nachfolge-Diskussion nichts mehr zur sagen". Am Montag vor einer Woche hatte Seehofer bekräftigt, bis 2018 als Ministerpräsident im Amt zu bleiben. Die Berliner Landesgruppenchefin der CSU, Gerda Hasselfeldt, lehnt es ab, jetzt Personaldiskussionen zu führen. " Die inhaltliche Kursbestimmung muss jetzt im Fokus stehen", sagte sie der SZ. Das Ergebnis der Europawahl "schmerzt sehr".

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