CSU-Chef Seehofer im Gespräch:"Nach Japan kann es kein 'Weiter so' geben"

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Der Kurs ist klar, es geht nur noch ums Tempo: CSU-Chef Horst Seehofer über die neue Anti-Atompolitik seiner Partei, über die Grünen als Koalitionspartner und seine Meinung über Philipp Rösler.

Annette Ramelsberger und Mike Szymanski

SZ: Herr Seehofer, im Streit um die Gesundheitsreform vor einem Jahr haben Sie Philipp Rösler erst in München antanzen und ihn dann abblitzen lassen. Jetzt wird er FDP-Vorsitzender. Ist Ihr Verhältnis nicht von Anfang an gestört?

CSU-Vorstandssitzung

CSU-Chef Horst Seehofer über die Liberalen: "Er braucht ein schlagkräftiges Team, authentische Personen. Das ist mit schmerzhaften Entscheidungen verbunden."

(Foto: dpa)

Horst Seehofer: Keineswegs. Er wollte eine Kopfpauschale von 30 Euro. Die kam zum Glück nicht, sonst hätten wir noch ganz andere Probleme. Aus einer fachlichen Differenz kann man doch nicht schließen, wir hätten ein belastetes Verhältnis.

SZ: Es war eine Demütigung.

Seehofer: Überhaupt nicht. Ich bin wegen der Kopfpauschale schon mal zurückgetreten. Philipp Rösler hat mir seine Pläne vorgestellt, und wir haben sie sorgfältig geprüft.

SZ: Es sah nicht so aus, als nähmen Sie ihn ernst.

Seehofer: Doch, ich respektiere seine Positionen, ich muss sie aber nicht übernehmen. Er ist ein intelligenter Mensch und in seinem Aufgabenfeld, der Gesundheit, kennt er sich aus. Wir werden sehr vernünftig zusammenarbeiten.

SZ: Sie haben 2008 selbst die kränkelnde CSU übernommen. Was kann Rösler tun, um die Liberalen aufzurichten?

Seehofer: Er braucht ein schlagkräftiges Team, authentische Personen. Das ist mit schmerzhaften Entscheidungen verbunden, aber unvermeidlich für den Erfolg. Inhaltlich muss er die Partei erneuern. Der Liberalismus der Zukunft muss sich an den Sorgen der Menschen ausrichten. Und er muss die Partei führen, wenn die nicht weiß, was sie will. Wenn er all das hinbekommt, kann er eine aufgewühlte Partei stabilisieren.

SZ: Als Sie Ministerpräsident wurden, haben Sie die über 60-Jährigen aus dem bayerischen Kabinett entfernt. Rainer Brüderle bleibt Minister. Ein Fehler?

Seehofer: Mir ging es damals nicht ums Lebensalter, sondern ums Dienstalter. Außerdem war ich in einer anderen Situation. Ich konnte selbständig handeln, weil ich bereits als Parteivorsitzender gewählt war und die Autorität des Wahlergebnisses im Rücken hatte. Rösler muss sich diese Autorität erst noch durch die Wahl abholen.

SZ: Rösler soll eine Partei kurieren, die am Boden liegt. Haben Sie Mitleid?

Seehofer: Nein, warum? Er ist Mediziner, er kennt sich aus mit lebensrettenden Therapien. Ich traue ihm den Parteivorsitz zu. Aber eines muss klar sein: Die Probleme in der FDP sind Sache der FDP. Die Handlungsfähigkeit der Koalition in Berlin darf darunter nicht leiden.

SZ: Könnte die Schwäche der FDP die Union infizieren?

Seehofer: Genau das muss vermieden werden. Im Moment habe ich diese Befürchtung nicht. Aber es wäre ein schwieriger Moment, wenn eine Infektionsgefahr auftreten würde. Das wäre ein Punkt, an dem man schon nachdenken müsste.

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