Süddeutsche Zeitung

CSU-Basis über Guttenberg:"Wir stehen alle hinter ihm"

Für viele CSUler spielt keine Rolle, ob Karl-Theodor zu Guttenberg als Akademiker geschludert oder geschummelt hat. Er gilt weiterhin als Hoffnungsträger - und ein bayerischer Bürgermeister meint: Der Wähler werde das alles schon bald verdaut haben.

Die Dissertation des CSU-Bundesministers Karl-Theodor zu Guttenberg ist derzeit sogar Gesprächsstoff in des Politischen eher unverdächtigen Sendungen wie Deutschland sucht den Superstar. Kein Wunder, dass sich gerade die CSU-Basis mit dem Thema befasst. Einige Stimmen:

Oliver Junk, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayreuther Stadtrat:

"Ob künftiger CSU-Chef, Ministerpräsident oder Bundeskanzler: Guttenberg stehen nach seinem Eingeständnis am Montagabend auch weiterhin sämtliche Optionen offen, das gilt nach wie vor uneingeschränkt. Das ist nicht meine private Meinung, so sieht das meiner Wahrnehmung nach die gesamte Basis der Bayreuther CSU. Guttenberg ist natürlich die politische Schlüsselfigur hier in Oberfranken, aber man darf auch nicht vergessen, wie sehr er die gesamte CSU nach vorne gebracht hat. Unsere einzige Sorge war: Schmeißt er jetzt hin oder schmeißt er nicht hin? Seit seiner Erklärung sind wir ganz entspannt und übrigens sicher, dass er nicht hinschmeißen wird. Das sorgt an der Basis für große Erleichterung."

Reinhold Bocklet, CSU-Abgeordneter und Vizepräsident des Bayerischen Landtags:

"Die Hatz ist beendet. Mögen die Herrschaften das bitte zur Kenntnis nehmen."

Rudolf Handwerker, CSU-Landrat im unterfränkischen Kreis Haßberge:

"Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Affäre von vorne bis hinten lächerlich finde. So etwas Aufgebauschtes, befürchte ich, gibt es tatsächlich nur in der Bundesrepublik Deutschland. Ich bin selbst Jurist, zur abgeschlossenen Doktorarbeit ist es wegen steigender Arbeitsbelastung nicht mehr gekommen. Ich benutze dauernd Informationen, die mir zugeliefert werden, für Vorträge und Reden. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, jedes Mal zu sagen, woher ich das gerade habe. Guttenberg ist und bleibt einer der ganz seltenen Hoffnungsträger, die wir in der CSU haben. Ich habe ihn hier im Kreis als völlig unarroganten und bodenständigen Politiker erlebt, der auch unpopuläre Dinge - die Reform der Bundeswehr - in den Regionen anpackt und vertritt. Natürlich ist er auch nach dieser Affäre befähigt, höhere Ämter zu bekleiden. Alles andere empfände ich als lächerlich."

Martin Sailer, CSU-Landrat von Augsburg:

"Guttenberg hat konsequent für Klarheit gesorgt. Das verdient Anerkennung. Die richtige Entscheidung, um den Kopf frei zu bekommen für seine schwierige und wichtige Aufgabe als Verteidigungsminister. Seine Art und sein Führungsstil verdienen Respekt. Er steht zu seinen Fehlern, und das macht ihn menschlich. Er machte schon als Wirtschaftsminister und jetzt auch als Verteidigungsminister glänzende Arbeit. Es gibt die Stellen, die Guttenberg abgekupfert hat - daran besteht kein Zweifel. Doch man muss die Leute an ihren Aufgabe messen. An der gibt es bei Guttenberg überhaupt nichts zu zweifeln. Wir stehen alle hinter ihm."

Georg Schmid, Fraktionsvorsitzender der CSU im Landtag:

"Es ist ausgestanden. Guttenberg hat unsere volle Unterstützung."

Stefan Baisch, Fraktionsgeschäftsführer der CSU im Stadtrat Günzburg:

"Mir persönlich ist es nach wie vor ein Rätsel, wie die Arbeit an der Uni Bayreuth so durchgehen konnte. Ich finde es richtig, dass Guttenberg jetzt auf den Titel verzichtet. Ob sein Verhalten einwandfrei war, ist ganz schwer zusagen. Man wird nie dahinterkommen, wie es wirklich ablief. Der Verzicht ist ein sauberer Schnitt. Man hätte es aber sicher früher machen müssen. Ein guter Verteidigungsminister bleibt er auch ohne Doktor. Die Doktorarbeit fällt meiner Meinung unter Guttenbergs Privatinteresse, sie hat nichts mit seiner politischen Leistung zu tun. Die Bundeswehrreform ist sein großes Meisterstück. Niemand hat sich getraut, das Thema so offensiv anzugreifen - und das, obwohl er noch so jung war. Selbst wenn er verkünden muss, dass Soldaten in Afghanistan gefallen sind, lässt er ein erstaunliche Souveränität erkennen."

Dr. Thomas Goppel, CSU-Landtagsabgeordneter und ehemaliger Wissenschaftsminister:

"Ich habe in dem Fall eine ganz differenzierte Meinung. Inhaltlich ist die Kritik an der Arbeit richtig, die Aufarbeitung durch die Öffentlichkeit ist jedoch formal und im Stil zu verurteilen: Da soll zu Guttenberg madig gemacht werden, richtig fertiggemacht werden. Bei Licht betrachtet ging es um eine konzertierte Aktion der Medien gegen die Bild-Zeitung, die an der Seite von zu Guttenberg steht. Damit ist moralisch die Folge nicht recht viel anders als die Tat selbst. Wobei das verpufft: Guttenberg verliert nicht an Strahlkraft. Inhaltlich bin ich ganz auf der Seite der Aufklärer und sage, dass so eine Arbeit in der Regel Konsequenzen haben wird. Offenbar hat der zuständige Professor nicht genau drübergeschaut, war sehr locker, wenn er trotz der Fehler ein summa cum laude erteilte. Das entschuldigt Guttenberg nicht, aber nimmt doch einen Teil der Last von ihm weg. Als Folge wird die Hochschullandschaft über Anforderungen, Maßstäbe und Überprüfungsmöglichkeiten neu nachdenken müssen."

Hannelore Langwieser, CSU-Ortsvorsitzende aus Mainburg (Landkreis Kelheim) und Zweite Bürgermeisterin:

"Wenn man der evangelischen Bischöfin Käßmann ein mea culpa zugesteht und sie danach sogar beinahe zur Heiligen erhebt, dann muss man einem Bundesverteidigungsminister auch eine Entschuldigung erlauben. Für mich ist der Mann gut, und ich finde ihn ehrlich - ja, obwohl ihm manche jetzt Schummelei unterstellen. Man kann ihn in der Faschingszeit und bei Starkbierfesten durch den Kakao ziehen, und damit ist er bestraft genug. Wieso ist er eigentlich so unter Beobachtung? Wenn man will, findet man bei jeder Klosterschwester was."

Dr. Christian Moser, Dritter Bürgermeister in Deggendorf und CSU-Ortsvorsitzender:

"Herr zu Guttenberg steht als Verteidigungsminister und in unserer Partei trotz dieser Diskussion gut da. Die öffentliche Meinung und die sogenannte veröffentlichte Meinung, also die Kommentierung durch die Medien, geht in diesem Fall offensichtlich deutlich auseinander. Ich jedenfalls zolle ihm allen Respekt für seinen Schritt am Montagabend. Zu Guttenberg ist ein Mann, der Entscheidungen trifft und zu ihnen steht, auch wenn sie falsch waren - und deswegen glaube ich ihm weiterhin."

Josef Höß, Bürgermeister in Holzkirchen, Landkreis Miesbach:

"Jeder Mensch macht Fehler. Und es ist nicht einfach, so einen schwerwiegenden einzugestehen. Er geht beschädigt raus, wird aber auf seinem Posten bleiben können. So viele Politiker von der Qualität haben wir nicht, ich stelle da seine Arbeit über diesen blöden Fehler. Für die höchsten Ämter ist er nach einer Auszeit geeignet. Gegner werden ihm das immer wieder an den Kopf schmeißen, wenn eine Wahl ansteht. Nach einer Zeit haben die Wähler das aber so weit verdaut, dass er wieder in den Vordergrund treten kann."

Marian Offman, CSU-Stadtrat in München:

"Es war eine Erleichterung, die honorige Entscheidung am Montagabend zu hören. Der Verzicht auf den Titel ist angesichts der Situation gut für ihn und auch die CSU. Bei der Erklärung konnte man ein klein wenig Demut heraushören, das ist mir wichtig, das bringt ihn wohl auch näher zu den Menschen. Die Wissenschaftsgemeinde hat berechtigt diskutiert, wie es ihre Aufgabe ist. Karl-Theodor zu Guttenberg hat die höchstmögliche Konsequenz daraus gezogen. Mehr kann man von ihm jetzt nicht mehr verlangen. Ich hoffe, dass er jetzt mit seiner politischen Arbeit weitermachen kann, vor der ich hohen Respekt habe."

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Quelle:
SZ vom 23.02.2011/hm, heff, marm, msz, prz
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