Süddeutsche Zeitung

Bauministerium:Opposition fordert Aufklärung über Blitzkarriere von Sauter-Tochter

Der CSU-Abgeordnete Alfred Sauter steht unter Korruptionsverdacht. Grüne und FDP wollen nun wissen, warum seine Tochter im bayerischen Bauministerium so schnell aufsteigen konnte.

Von Lisa Schnell

In Beamtenkreisen sorgte sie schon länger für Verwunderung: Die Blitzkarriere im bayerischen Sozial- und Bauministerium der Tochter von Alfred Sauter (CSU), dem Mann, der bis vor kurzem als sehr einflussreich galt in der CSU und der nun im Zentrum der Maskenaffäre steht. Anfragen der Grünen- und FDP-Fraktion an die Staatsregierung zeigen, wie außergewöhnlich dieser Aufstieg im Vergleich zu anderen Karrieren im Ministerium ist. Florian Siekmann, stellvertretender Fraktionschef der Grünen, spricht von einem "Gschmäckle". "Sehr ungewöhnlich, wie hier die Tochter eines ehemaligen Staatsministers Karriere macht", findet Sebastian Körber, Sprecher der FDP-Fraktion für Wohnen und Bau.

Sauters Tochter wurde im Juni 2018 unter der damaligen Ministerin Kerstin Schreyer (CSU) im Sozialministerium verbeamtet, im März 2021 holte sie Schreyer mit ins Bauministerium, wo sie laut einem Organigramm, das der SZ vorliegt, Referatsleiterin wurde. In weniger als drei Jahren schaffte sie es von der Verbeamtung bis zur Referatsleitung. Andere brauchen für diesen Karriereschritt sehr viel länger. Für die Jahre 2018 bis 2020 gibt das Bauministerium einen durchschnittlichen Zeitraum von über zwölf bis siebzehn Jahre an. Die Durchschnittszeit im Sozialministerium für einen solchen Aufstieg liegt zwischen knapp viereinhalb Jahren (2018) und zehn Jahren (2020). Die Karriere der Sauter-Tochter ist also eine Ausnahme. Zudem gab es im Bauministerium von 2018 bis 2020 keine Referatsleitung, die eine so niedrige Besoldungsstufe hatte, A13, wie sie. 2021 waren es von 83 Referatsleitungen drei.

"Es stellt sich die Frage, wie so eine Blitzkarriere zustande kam", sagt Siekmann von den Grünen. "Zeit ist kein Leistungskriterium", stellt das Bauministerium fest. Verwandtschaftsverhältnisse spielten "bei Einstellungen und Beförderungen keine Rolle". Es zähle alleine der Grundsatz der Bestenauslese. Die Staatsregierung habe bei der Einstellung "keine rechtlichen Bedenken" geäußert.

Sebastian Körber von der FDP dagegen erscheint nach den neuesten Erkenntnissen im Sauter-Fall die herausgehobene Stellung von dessen Tochter im Bauministerium besonders diffizil. In seiner Tätigkeit als Anwalt ist Sauter auf Immobiliengeschäfte spezialisiert, gerade erst kam heraus, dass er 2020/21 einen Deal für das Bauministerium vermitteln wollte, das teilweise nach Augsburg verlagert werden soll. Interessant findet Körber auch, auf welche Fragen das Ministerium nicht antwortete. Die Tochter von Sauter hat Journalismus und Soziologie studiert, ein für eine Beamtenlaufbahn im Bauministerium ungewöhnliches Studium, und ihren Abschluss in Australien gemacht, der deshalb erst noch anerkannt werden musste. Laut Informanten aus Ministerialkreisen ein Aufwand, der bei der großen Mehrheit nicht betrieben werde. Bei wie vielen Beamten dies der Fall war, beantwortet das Bauministerium nicht, weil es "keine gesonderte Übersicht" gebe.

Über das Unternehmen der Tochter soll Sauter 1,2 Millionen Euro für Maskendeals kassiert haben

Bemerkenswert ist auch die Antwort auf die Frage nach der "Löschaktion", von der ein Informant der SZ berichtete. Nachdem die Maskenaffäre publik wurde, ging Sauters Tochter kurze Zeit, nachdem sie ihre neue Stelle angetreten hatte, in Elternzeit. Der SZ liegen zwei Organigramme vor, die exakt das gleiche Datum tragen, einmal mit und einmal ohne die neue Referatsleiterin. Es ist also nicht nachvollziehbar, dass sie jemals da war. Der SZ antwortete das Bauministerium, dass bei Inkrafttreten einer organisatorischen Änderung das Organigramm eigentlich mit neuem Datum veröffentlicht wird. Nun heißt es, bei organisatorischen Änderungen ja, personelle aber würden "regelmäßig fortlaufend eingepflegt". Zwischen dem vorläufigen Weggang der Tochter und dem Maskenskandal um den Vater bestehe "kein Zusammenhang".

Sauters Tochter war Gesellschafterin des Unternehmens, über das Sauter für Maskendeals 1,2 Millionen Euro als Provision und Honorar bekommen haben soll. Ja, dies müsse als Nebentätigkeit genehmigt werden, meint das Sozialministerium, das Bauministerium sagt dagegen, dies müsse im Einzelfall geprüft werden. "Erstaunlich", findet das Siekmann von den Grünen und stellt fest, dass das Sozialministerium unter neuer Leitung "glasklar" antworte, die ehemalige Sozialministerin und jetzige Bauministerin Kerstin Schreyer aber ausweichend. Siekmann fordert, die Staatsregierung müsse dringend überprüfen, "wie beamtenrechtliche Vorschriften in der Praxis angewendet werden und dafür Sorge tragen, dass es einheitlich und rechtmäßig passiert"

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SZ vom 25.05.2021/van
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