Süddeutsche Zeitung

Intensivversorgung:"Kliniken unternehmen immense Anstrengungen"

  • Nach Schätzung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft gibt es in Bayern etwa 4000 Intensivbetten.
  • Derzeit richten die Kliniken weitere Intensiv- und Beatmungsstationen ein.
  • Noch hält sich die Anzahl der schweren Fälle, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, in Grenzen.

Von Christian Sebald

Das Donau-Isar-Klinikum im niederbayerischen Deggendorf ist ein gutes Beispiel. Das Krankenhaus, das oben am Donau-Hochufer liegt und schon von Weitem sichtbar ist, verfügt über elf Operationssäle, 70 Intensivbetten und 32 Beatmungsplätze. Um gegen die Corona-Pandemie gerüstet zu sein, hat die Klinik acht Operationssäle stillgelegt und alle verschiebbaren Eingriffe abgesagt. "Unsere Ärzte, die Pfleger und die Klinikleitung arbeiten fieberhaft daran, die Zahl der Intensivbetten zu verdoppeln", sagt der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU). "Gott sei Dank hatten wir bislang noch keine wirklich schweren Fälle." Im Landkreis Deggendorf sind bisher 61 Corona-Infektionen bestätigt worden.

Wie in Deggendorf rüsten dieser Tage überall in Bayern die Kliniken ihre Kapazitäten auf, insbesondere die ihrer Intensiv- und Beatmungsstationen. Zwar ist die Zahl der akut Corona-Kranken, die in Kliniken behandelt werden müssen, nach wie vor vergleichsweise gering. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bezifferte sie am Mittwoch auf bayernweit 616 Patienten. Nach Angaben von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) vom Dienstag liegt etwa ein Fünftel von ihnen auf Intensivstationen. Zum Vergleich: Die Gesamtzahl der gemeldeten Corona-Infektionen in Bayern betrug am Mittwoch, 10 Uhr, laut LGL 7289. Da derzeit aber keiner weiß, welchen Verlauf die Corona-Krise nehmen wird, will die Staatsregierung die Klinik-Kapazitäten möglichst schnell ausweiten.

Nach Schätzung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) gibt es in Bayern etwa 4000 Intensivbetten. "Genauere Angaben waren bisher nicht möglich, weil es keine Vorgaben für die Ausstattung der Kliniken mit Intensivbetten gibt, sondern nur Richtgrößen", sagt BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein. "Außerdem wurden die Intensivbetten bisher nicht zentral erfasst." Mit der Corona-Krise hat sich das geändert. Seit wenigen Tagen müssen die Kapazitäten laut Hasenbein zentral gemeldet werden. Das Ergebnis ist freilich noch nicht bekannt. Zumindest ist die BKG noch nicht darüber informiert worden. Und das Haus von Ministerin Huml hat bis Mittwochnachmittag nicht auf Anfragen der Süddeutschen Zeitung reagiert.

Dafür ist das Ziel klar. Ministerpräsident Markus Söder und seine Kollegen in den anderen Bundesländern haben mit Bundeskanzlerin Angela Merkel verabredet, dass die intensivmedizinischen Kapazitäten deutschlandweit verdoppelt werden. Auf Bayern bezogen heißt das, dass möglichst rasch etwa 8000 Intensivbetten zur Verfügung stehen sollen. Zumindest was die Beatmungsgeräte anbelangt, ist offenbar ein Anfang gemacht. Wie Huml verkündete, hat der Freistaat 1200 Beatmungsgeräte bestellt. Die ersten 87 seien eingetroffen und sollen auf die Kliniken verteilt werden. Außerdem hätten Maschinenbaufirmen angeboten, ihre Produktion auf Beatmungsgeräte umzustellen. Diese sind für die Bewältigung der Corona-Krise besonders wichtig, weil das Coronavirus sehr schwere Lungenentzündungen auslösen kann, welche die Patienten nur überstehen können, wenn sie beatmet werden.

Laut BKG-Geschäftsführer Hasenbein ist es mit zusätzlichen Beatmungsgeräten alleine aber nicht getan. Für eine intensivmedizinische Betreuung von Corona-Patienten brauche man beispielsweise auch Geräte zur Blutgas-Analyse sowie Druckluft und Sauerstoff. Was Letzteres anbelangt, seien die Krankenhäuser im Freistaat allgemein gut ausgestattet. "Alle Klinken unternehmen derzeit immense Anstrengungen, um die erforderlichen Behandlungskapazitäten bereitzustellen", sagt Hasenbein, "angesichts der völlig neuen Herausforderungen sind sie sehr gut unterwegs."

Auch was die Ausrüstung von Kliniken, Ärzten und anderen Einrichtungen mit Schutzmasken, Schutzanzügen und Desinfektionsmitteln anbelangt, geht es offenbar voran. Auf Anordnung der Staatsregierung verteilt das Technische Hilfswerk (THW) die Ausrüstungsgegenstände, die der Freistaat bestellt, an die Landkreise und die kreisfreien Städte. Maßstab für die Menge des Materials, das ihnen zugeteilt wird, ist die jeweilige Einwohnerzahl. Die Landkreise und die Städte sind dann für die Ausstattung ihrer Einrichtungen zuständig. In der Landeshauptstadt München etwa übernimmt die Berufsfeuerwehr die weitere Verteilung.

Oberste Priorität dabei haben auf Anordnung der Staatsregierung Krankenhäuser sowie ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, Altenheime, Ärzte und der öffentliche Gesundheitsdienst. Zahnärzte, Hebammen, Physiotherapeuten und andere Heilmittelerbringer sowie Bestatter werden nachrangig bedacht. "Die erste Tranche Schutzausrüstung ist dieser Tage verteilt worden", sagt Hasenbein. Es handelte sich um 800 000 Schutzmasken und Desinfektionsmittel.

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SZ vom 26.03.2020/vewo
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