Süddeutsche Zeitung

Nach Ausbruch in Italien:So bereitet sich Bayern auf mögliche neue Coronavirus-Fälle vor

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Von Dietrich Mittler, München

Angesichts der sich mehrenden Infektionsfälle in Italien - verursacht durch das neue Coronavirus - hat Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montagmorgen ein Beratungsgespräch anberaumt. Das Gremium, so hieß es aus dem Ministerium, bereite "das Vorgehen der Gesundheitsbehörden für den Fall möglicher Infektionen von Reisenden vor, die aus Italien zurückkehren". Ruth Waldmann, der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, gehen diese Informationen nicht weit genug. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, der Bevölkerung umfassend mitzuteilen, "welche Pläne die Staatsregierung konkret für den Schutz der Menschen bereithält". "Die Leute müssen wissen, was nun auf sie zukommen kann, und wie sie sich angesichts der potenziellen Bedrohung konkret verhalten sollen", sagte Waldmann.

Eine der Kernfragen sei dabei, welche Maßnahmen überhaupt ergriffen werden können, um ein großflächiges unkontrolliertes Ausbreiten des Erregers in Bayern zu vermeiden. Bei den bisherigen 14 bestätigten Coronavirus-Fällen im Freistaat ließ sich die Infektionsquelle im oberbayerischen Landkreis Starnberg noch eindeutig lokalisieren. Ohne größeren Aufwand konnten somit die betroffenen Covid-19-Patienten in Kliniken isoliert werden. Dies könnte sich aber nach Waldmanns Ansicht schnell ändern, wenn Infizierte, die noch nicht einmal selbst Krankheitssymptome aufweisen, das Virus aus Italien mitbringen und übertragen.

"Wir beobachten die Entwicklung in Italien sehr genau. Dabei ist natürlich auch wichtig, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Auswärtige Amt die Lage einschätzen", betonte indessen Bayerns Gesundheitsministerin nach der Sitzung. Details, sagte Huml, würden nun "kurzfristig in enger Abstimmung mit den Ärzteverbänden festgelegt". Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit stelle ferner Informationen speziell für Italien-Reisende bereit. "Wer in Italien mit einem Coronavirus-Fall persönlichen Kontakt hatte, sollte sich umgehend an sein Gesundheitsamt wenden", hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Bayerns Hausärzte, bei denen Patienten mit Atemwegserkrankungen erfahrungsgemäß als Erstes Hilfe suchen, schätzen die Bedrohungslage im Augenblick noch als überschaubar ein. "Bislang haben die Maßnahmen, die in Bayern gegen das Coronavirus ergriffen wurden, sehr gut funktioniert", sagte Markus Beier, der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands. Die Aufregung, die das Coronavirus bei vielen Menschen verursache, hält der Verbandschef "für eine Angstverschiebung - auf etwas, was unkalkulierbar ist". Derzeit aber sei die klassische Influenza-Grippe, durch die nachweislich jedes Jahr in Deutschland viele Tausend Menschen sterben, viel gefährlicher.

Natürlich aber, so sagte Beier, müsse man das Coronavirus ernst nehmen: Wöchentlich gebe sein Verband an die gut 8000 Mitglieder Empfehlungen weiter, die die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Degam) herausgibt. So sei es zum Beispiel ratsam, Covid-19-Verdachtsfälle gar nicht erst in die Praxis lassen, "sondern mit Schutzkleidung zu ihnen rauszugehen und die Situation zu klären", sagte Beier. Erhärte sich der Verdacht auf eine Corona-Infektion, sollten die Betroffenen umgehend nach Hause geschickt werden. Zudem sollten die Hausärzte sogleich einen Test auf den Erreger einleiten.

An der Charité in Berlin hat ein Team um den Virologen Christian Drosten ein Nachweisverfahren entwickelt, das nach den Angaben einer Sprecherin der Universitätsmedizin Berlin mittlerweile in vielen Labors zum Einsatz kommt. Im Freistaat macht unter anderem das Virologische Institut der Universität Erlangen Covid-19-Tests. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums befinden sich in Bayern aktuell nur noch zwei Corona-Fälle im Münchner Klinikum Schwabing in Behandlung.

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SZ vom 25.02.2020
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