"Covid Kids Bavaria":Studie soll Corona-Risiken bei Kindern klären

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Kinder einer Krippen-Gruppe spielen auf dem Spielplatz einer Kita in Hessen. Wie groß das Ansteckungsrisiko ist, soll nun erforscht werden. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Sechs Unikliniken untersuchen bis zum Jahresende 138 Tagesstätten, Kindergärten und Grundschulen in ganz Bayern. Unter anderem wollen die Mediziner klären, wie sich Isolation und Ängste der Erwachsenen auf ihren Nachwuchs auswirken.

Von Anna Günther, München

Forscher in aller Welt sammeln Erkenntnisse über das neuartige Coronavirus Sars-Cov-2, aber über Ansteckung und Verlauf einer Covid-19-Erkrankung bei Kindern ist noch immer wenig bekannt. Beobachtet wurde bisher, dass Kinder seltener erkranken und oft schwächere Symptome haben als Erwachsene. Aber weil die meisten Kitas und Schulen aufgrund von Corona geschlossen waren, als diese Untersuchungen liefen, sind diese Ergebnisse laut Robert-Koch-Institut "nicht auf Alltagssituationen übertragbar".

Trotzdem wurden Kitas und Schulen in allen Bundesländern wieder geöffnet - zunächst mit Abstands- und Hygieneregeln. Wie sich die Infektionen im Regelbetrieb an Schulen und in Kitas entwickeln, ist nicht bekannt. Eine neue Studie der sechs bayerischen Unikliniken soll nun Erkenntnisse dazu liefern. Außerdem wollen die Mediziner um den Onkologen Christoph Klein und den Infektiologen Johannes Hübner vom Hauner'schen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität in München feststellen, wie die Corona-Folgen, also auch Isolation und Ängste der Erwachsenen, insgesamt auf die Kinder wirken.

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Im Rahmen von "Covid Kids Bavaria" werden die Forscher der Unikliniken in München, Erlangen, Würzburg, Augsburg und Regensburg die vollständige Öffnung der Kindertagesstätten und Schulen im Freistaat wissenschaftlich begleiten. Für diese Langzeitstudie werden Mediziner bis zum Jahresende mehrmals 138 Kindertagesstätten, Kindergärten und Grundschulen in ganz Bayern befragen und dort systematisch Kinder, Erzieher und Lehrer auf Sars-Cov-2 testen. Neben vier Coronatests pro Studienteilnehmer ist auch ein Antikörpertest geplant. Insgesamt 140 000 Fragebögen und 12 000 Abstriche werden die Forscher analysieren. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Schulen werden laut Klein zufällig ausgewählt, sollen sich aber gleichmäßig auf Bayern verteilen. Die Forscher arbeiten mit dem Landesamt für Gesundheit zusammen und wollen so auch spontan auf Hotspots reagieren.

Grundschulkinder bekommen einen eigenen, kindgerechten Fragebogen, um selbst ihre Erlebnisse und Gefühle in Corona-Zeiten zu schildern. Denn auch wenn sie offenbar nicht so schnell und weniger schwer an Covid-19 erkranken, leiden Kinder aus Sicht des Onkologen Klein in dieser Corona-Epidemie besonders: "Wir berauben sie ihres natürlichen Umfeldes und schränken ihre Kinderrechte ein." Das seelische Gleichgewicht der Kinder müsse in der Medizin immer mitgedacht werden. Die Öffnung von Schulen und Kitas hält Klein für richtig. "Wir vermuten, dass Kinder nicht die Hotspots der Verbreitung sind, aber wir wissen es nicht." Die Studie soll Fakten liefern, mit denen "besser Entscheidungen getroffen werden können".

Die Staatsregierung investiert eine Million Euro in die Studie, die Ergebnisse sollen im März kommenden Jahres vorliegen. Wissenschaftsminister Bernd Sibler erhofft sich davon ein weiteres "großes Puzzlestück im Covid-19-Bild". Für Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) soll die Untersuchung gleich mehrfach Gewinn bringen: Als Basis für seine Entscheidungen, zur Beruhigung der Bürger und für die Rückkehr in die Normalität. Außerdem soll die Studie einen Beitrag leisten zu wissenschaftlichen Erkenntnissen in Deutschland. Davon verspricht Söder sich einen Pandemie-Plan für die Zukunft. Künftig könne niemand mehr sagen, "wir haben es nicht vorhergesehen", sagte er.

Dass Corona überstanden ist und ein einmaliges Ereignis war, glaubt Söder nicht. Wieder warnte er vor der zweiten Welle und nannte jene "naiv", die glauben, Corona spiele keine Rolle mehr. Die große Frage sei auch, "wie wir alle aus dem Urlaub kommen". Flächendeckende Tests für Lehrer und Erzieher sowie regionale, schnelle Reaktion auf Infektionen sind für ihn der Weg zum Regelbetrieb. Dieser sei "natürlich das Ziel". Tests und Studie sollen so alle beruhigen, die sich Sorgen machen, weil sie oder Angehörige zu Risikogruppen zählen. Die Kitas sind seit 1. Juli wieder im Vollbetrieb, die Schulen sollen nach den Sommerferien folgen.

© SZ vom 07.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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