Corona-Krise:Söder für "mehr generelle Guidance vom Bund"

Coronavirus - Bayern Kabinettssitzung: Dieses Mal lässt sich Markus Söder beim Verkünden von den Ministern Hubert Aiwanger (links) und Bernd Sibler (rechts) flankieren.

Dieses Mal lässt sich Markus Söder beim Verkünden von den Ministern Hubert Aiwanger (links) und Bernd Sibler (rechts) flankieren.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Bayerns Ministerpräsident empfiehlt eine kürzere Leine für Thüringen und kündigt für Bayern weitere Lockerungen an. Bei der Pressekonferenz dazu fällt ein für Söder außergewöhnlicher Satz.

Von Andreas Glas

Er sei ja "ein echter, überzeugter Föderalist", sagt der Ministerpräsident, als er am Dienstag im Prinz-Carl-Palais hinter dem Rednerpult steht. So weit, so normal. Aber dann fällt ein Satz, der einen doch kurz aufblicken lässt, ob der Mann hinter dem Mikro wirklich Markus Söder (CSU) ist. "Ehrlicherweise", sagt Söder, wäre "mehr generelle Guidance vom Bund" hilfreich. Ein bayerischer Ministerpräsident, der Berlin bittet, ihn an der kurzen Leine führen?

Natürlich nicht, jedenfalls nicht generell. Söder geht es allein um das Infektionsschutzgesetz, auf dessen Basis die Bundesländer recht eigenständig entscheiden dürfen, wie eng sie die Leine bei den Corona-Einschränkungen bei sich zuhause festziehen. Und weil die relativ strenge Leinenführung, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorschlägt, ja auch Söders Linie ist, hat er sich neulich sehr geärgert. Abstandsregeln aufheben, Mundschutz abschaffen - was Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für sein Land angedacht habe, sei "ein fatales Signal", sagt Söder. Er spricht von "Hopplahopp-Orgien" und davon, dass er nicht bereit sei, "diese Gefährdung mitzugehen". Nun sei Ramelow "zurückgerudert", sagt Söder, aber um den "Wettlauf" der Länder bei den Lockerungen zu bremsen, "wäre es besser, wenn der Bund da mehr verbindliche rechtsnormative Kraft hätte".

Nach Ramelows Vorstoß hatte Söder Gegenmaßnahmen angekündigt, sollte Thüringen wirklich alle allgemeinen Coronabeschränkungen aufheben. Aber wie sollte das gehen? Er kann ja die Grenze zu Bayerns Nachbarland nicht einfach schließen. Was zunächst nach einer Drohung klang, hört sich an diesem Dienstag dann auch zurückhaltender an. Sollte Thüringen den Lockdown doch beenden und sollten die Infektionszahlen in manchen grenznahen Thüringer Kommunen hoch bleiben, werde Bayern diese Landkreise "nicht im Stich lassen" und ihnen mit Personal und Testkapazitäten helfen, die Infektionen einzudämmen. Sei das kein Affront, wenn Bayern in Thüringens Politik eingreife, will eine Reporterin wissen? Nein, sagt Söder, "gezielte Hilfe".

Worum es bei der Pressekonferenz am Dienstag vor allem geht, sind aber nicht die möglichen Lockerungen in Thüringen, sondern die Maßnahmen, die das bayerische Kabinett getroffen hat, um wieder mehr in die Normalität zurückzukehren. "Schritt für Schritt", sagt Söder, und Schritt für Schritt zählt der Ministerpräsident dann auch auf, was sich alles ändern wird. Dass bis zum 1. Juli alle Kinder in ihre Kitas zurückkehren sollen, dass bis dahin "alle Kinder einmal in der Schule" gewesen sein sollen, hatte Söder ja bereits angekündigt. Nun geht sein Blick noch weiter nach vorne. Er sagt: "Wir können uns vorstellen, dass nach den Sommerferien der ganz normale Regelbetrieb wieder aufgenommen werden kann" - vorausgesetzt, es gebe bis dahin keine zweite Infektionswelle.

Dann sagt Söder, dass Theater, Konzerthäuser und Kinos von 15. Juni an wieder öffnen dürfen - unter Auflagen, für bis zu 50 Gäste im Innenbereich und maximal 100 Gäste bei Freiluftveranstaltungen. "Wenn es pandemisch besser wird", präzisiert Kunstminister Bernd Sibler (CSU), könne man die Beschränkungen weiter lockern, auf 350 Gäste in geschlossenen Räumen und 500 im Freien. Neben Freibädern dürfen am 8. Juni auch Fitnessstudios, Tanzschulen und Kletterhallen wieder öffnen, sofern Hygienevorschriften eingehalten werden. Auch Mannschaftssportarten sind dann unter bestimmten Bedingungen wieder möglich. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kündigt außerdem an, dass die Gastronomie in der kommenden Woche nicht mehr nur im Innenbereich bis 22 Uhr öffnen darf, sondern auch draußen, auf Terrassen und in Biergärten. Reisebusse dürfen dann auch wieder fahren, "es darf jeder Sitz besetzt sein, aber eben mit Maske und Lüftungskonzept", sagt Aiwanger.

Eine Perspektive gibt es nun auch für die Volkshochschulen. Sie dürfen ebenfalls am 30. Mai wieder aufsperren. Um den Einrichtungen und ihren Dozenten finanziell zu helfen, hat die Staatsregierung einen Rettungsschirm beschlossen, der mit 30 Millionen Euro ausgestattet ist. Ein Konzept, wie diese Hilfen im Detail aussehen, soll Kultusminister Michael Piazolo (FW) bis zur kommenden Woche erarbeiten.

Schließlich kündigt Söder noch an, einen Grundstock für Schutzmaterial anzulegen, etwa 250 Millionen Masken oder 500 Millionen Handschuhe, die über sechs Monate hinweg ständig verfügbar sein sollen. Zudem sollen freiwillige Coronatests für Mitarbeiter, Patienten und Bewohner in Kliniken, Pflege- und Altenheimen massiv ausgeweitet werden. Wer Symptome zeigt, soll binnen 24 Stunden getestet werden und weitere 24 Stunden später ein Ergebnis bekommen. Wer keine Symptome zeigt, könne sich innerhalb von 48 Stunden testen lassen. Auch für das Personal in Kindergärten und Schulen soll es mehr Testangebote geben. Er hoffe, dass der Bund ein entsprechendes Konzept "so schnell wie möglich" umsetze. Zusammen mit den Krankenkassen soll der Bund nach Söders Vorstellung auch für die Tests zahlen. Sollte das Geld nicht reichen, werde Bayern "einspringen".

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