Brauchtum in Bayern:Ein Mai ohne Baum

Brauchtum in Bayern: Eine Tradition, die coronabedingt dieses Jahr ausfällt: das Maibaumaufstellen.

Eine Tradition, die coronabedingt dieses Jahr ausfällt: das Maibaumaufstellen.

(Foto: Toni Heigl)

Gemeinsam anpacken, gemeinsam verteidigen, gemeinsam zurückerobern, gemeinsam feiern - so ist das beim Maibaumaufstellen üblich. Doch in diesem Jahr ist alles anders.

Kolumne von Matthias Köpf

Ob das Maibaumaufstellen jetzt eine Großveranstaltung im Sinne des coronabedingten Großveranstaltungsverbots bis Ende August ist, haben die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten neulich wohl nicht diskutiert. Wahrscheinlich schon deswegen nicht, weil sonst der bayerische Ministerpräsident doch bloß wieder schneller hätte sein wollen als die anderen, oder diesmal vielleicht langsamer, je nachdem. Andererseits dürfen die Bayern ihren Maibaum sowieso als eine Art Alleinstellungsmerkmal betrachten. Und er ist ja auch eine große Sache, schon höhenmäßig.

Beim Aufstellen heißt es eng zusammenarbeiten. Was da das Abstandsgebot betrifft, so gibt es in Bayern - und nur in Bayern - die 10-H-Regel: Ein Maibaum darf ausschließlich dann aufgestellt werden, wenn er mindestens das Zehnfache seiner Höhe vom nächsten Maibaum entfernt ist. Ansonsten käme es zur gefürchteten "Verspargelung" ganzer Großgemeinden, außerdem wäre kein Platz mehr für neue Windräder. Auf lokaler Ebene gilt ein strenger Turnus: Im einen Jahr stellen die einen auf, im nächsten Jahr die nächsten, im übernächsten die übernächsten, und irgendwann sind wieder die einen dran.

Denn die zuständigen Burschen- und Trachtenvereine im jeweiligen Ortsteil bringen alleine vielleicht noch genügend Helfer zum Aufstellen zusammen, doch die Umsatzerwartungen für die zugehörigen Maifeste lassen sich nur mit den Einwohnern eines einzigen Dorfes kaum erfüllen, da müssen auch die Leute aus dem Nachbarort Zeit haben.

Also wohl doch Großveranstaltung, aber abgesagt wurde jetzt ja sowieso überall. Ein einheitlicher Mundschutz zur lokalen Trachtenuniform hätte sich wohl schnell schneidern lassen, aber dieses andere Abstandsgebot mit den eineinhalb Metern spricht klar gegen das Ereignis, und mit einem einzigen externen Helfer hätte auch ein noch so großer Haushalt den Baum schwerlich in die Höhe gewuchtet. Das biergestützte Bewachen des liegenden Baums hätte sich wohl ebenso wenig machen lassen wie das Stehlen des Baums aus der Nachbargemeinde. Glück haben die Vereine, die heuer nicht dran sind. Manche anderen haben ihren alten Baum erst mal stehen lassen. Wo nicht, da wird es kaum einen Septemberbaum geben. Dort gilt: Achtung, Baum fehlt!

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