Corona-Krise:Landkreise kritisieren KVB

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Die Versorgung der Corona-Patienten sorgt für Streit zwischen KVB und bayerischen Landkreisen.

(Foto: dpa)

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) komme ihren Aufgaben nur unzureichend nach, kritisiert der Bayerische Landkreistag. Der KVB-Vorstand wiederum übt Kritik an der Politik.

Von Dietrich Mittler und Lisa Schnell

Die ungeheuren Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie auf die Verantwortlichen im Gesundheitswesen hereingebrochen sind, zeigen Spuren - die Nerven liegen blank. So auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). "Wir werden in Sachen Schutzausrüstung jetzt seit Wochen hingehalten und vertröstet", erklärte die dreiköpfige KVB-Vorstandsrunde am Freitag einhellig.

Doch auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wird die Kritik schärfer. Insbesondere Bayerns Landräte nehmen kein Blatt vor den Mund. Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags, kritisiert: "Die bayerischen Landkreise mussten seit Beginn der Krise immer wieder Aufgaben der KVB übernehmen, damit überhaupt etwas funktioniert."

Laut Bernreiter (CSU) sei die Nummer 116 117 "tagelang nicht erreichbar" gewesen. Auch habe die KVB selbst bei der Verteilung von Schutzausrüstung versagt: "Unsere niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte warten verzweifelt auf die von der Kassenärztlichen Vereinigung zugesagten Masken." KVB-Chef Wolfgang Krombholz weist das zurück: "Wir haben von Beginn an viele Aufgaben übernommen, die eigentlich Sache des öffentlichen Gesundheitsdienstes gewesen wären."

Zwar sei es richtig, dass die 116 117 angesichts des Ansturms in den ersten Tagen überlastet gewesen sei, inzwischen aber liege die Wartezeit im Schnitt bei vier bis fünf Minuten - auch dank des massiv aufgestockten Personals. Und was die fehlenden Schutzmasken betreffe: Entgegen Bernreiters Behauptung habe die KVB nie zugesagt, die Praxen mit den Masken zu versorgen.

Bernreiter hält es indessen für den "einzig richtigen Weg", dass die Staatsregierung nun mit den sogenannten Versorgungsärzten eine Institution geschaffen habe, die nun über weitreichende Kompetenzen verfügt. Dazu zählt auch, bei der Einrichtung von Schwerpunkt-Praxen für Covid-19-Patienten auf die Ressourcen der KVB zurückgreifen zu können: sowohl personell als auch bezüglich der Praxisausstattung. Die Versorgungsärzte sind den Landräten und Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte untergeordnet. Zur ihren Aufgaben gehört auch, die Einrichtung und den Betrieb von örtlichen Corona-Testzentren zu unterstützen - dort, wo aus Sicht der politisch Verantwortlichen die Tests bislang nicht zufriedenstellend ablaufen.

"Etliche haben da auf ihr Testergebnis gewartet und nie mehr was gehört"

Tamara Bischof (Freie Wähler), Landrätin im Kreis Kitzingen, hat genau das umgesetzt. Sie verweist auf die vielen Beschwerden, die sie über das Bürgertelefon erreicht hätten. "Da hatten viele Bürgerinnen und Bürger angerufen, die von der KVB erst nach sehr langer Verzögerung einen Test bekommen haben", sagt sie. Und: "Etliche haben da auf ihr Testergebnis gewartet und nie mehr was gehört." Den Gesundheitsämtern müsse die KVB zwar mitteilen, wenn eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt worden sei, doch die Menschen wollten doch auf jeden Fall wissen, was nun mit ihnen los ist. "Die hingen in der Luft und waren teilweise sehr verärgert", sagt Bischof.

Auf der Basis der neuen Regelungen hat sie in Kitzingen in einer Turnhalle eine eigene Corona-Teststrecke aufbauen lassen. "Innerhalb von drei, vier Tagen haben wir jetzt sowohl die positiven als auch die negativen Ergebnisse vorliegen, sodass wir die betroffenen Bürger in jedem Fall sofort informieren können", sagt sie. Aber nicht alle Politiker wollen sich mit der KVB öffentlich anlegen, und das gilt auch für sehr prominente. Hinter vorgehaltener Hand heißt es da etwa: Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns habe es - das Banner der freien Arztwahl hochhaltend - versäumt, für die Altenheime verantwortliche Ärzte zu bestimmen. "Das hätte man längst tun müssen", hieß es. KVB-Chef Krombholz besteht indes auch weiterhin auf die freie Arztwahl der Heimbewohner. Daran sei nicht zu rütteln.

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Die Staatsregierung setzt unterdessen auf die Situation in Alten- und Pflegeheimen derzeit einen "absoluten Schwerpunkt", wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag betonte. Zum Schutz von Alten und Kranken sollen deshalb keine neuen Bewohner mehr aufgenommen werden. Bei Bedarf sollen Reha-Kliniken genutzt werden, wo es noch ausreichend Plätze gebe.

Zudem kündigte Söder für Heime "Schnelltests für alle Mitarbeiter" an. Auch werde für ausreichend Schutzkleidung gesorgt. Doch auch hier hapert es bislang, wie aus einem Briefwechsel zwischen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit dem Innenministerium hervorgeht. "Halten Sie mich für blöd? Hier vor Ort geht es um Leben und Tod", schreibt da ein verantwortlicher AWO-Funktionär, nachdem er mit seiner Materialbitte vom Ministerium an das zuständige Kreisverwaltungsreferat verwiesen worden war.

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